Frage an Joachim Pfeiffer von Murat A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
während zwischen den Religionsgemeinschaften und Kirchen sich ein echter und vertrauensvoller Dialog zunehmend weiter entwickelt, habe ich leider oft den Eindruck, dass die über drei Millionen Muslime, davon mehr als ein Drittel mit deutscher Staatsangehörigkeit, von der deutschen Politik immer noch weitgehend ignoriert bzw. oft für nur kurzfristige Effekte instrumentalisiert werden. Es wird viel "über" Muslime geredet, jedoch kaum "mit" uns - wie es in einer Demokratie doch sein sollte.
Ich möchte daher auf diesem Weg Ihnen als meinen Wahlkreiskandidaten drei Fragen stellen.
1. Wie stehen Sie zum Dialog der Religionen? Teilen Sie die Auffassung etwa auch von Papst Benedikt XVI., dass der interreligiöse Dialog für unsere gemeinsame Zukunft eine vitale Notwendigkeit ist, um das friedliche Zusammenleben zu gestalten, die Religionsfreiheit zu sichern und jede Form von Hass und Intoleranz gemeinsam zu überwinden?
2. Warum findet Ihres Erachtens bisher so wenig Dialog zwischen Muslimen und der Politik statt? Wann haben Sie selbst das letzte Mal eine Moschee in Ihrem Wahlkreis besucht und mit den Menschen - Ihren Bürgern und Wählern - gesprochen? Wenn noch nie - warum?
3. Sehr viele Muslime haben inzwischen das Gefühl, von der deutschen Politik unter Generalverdacht gestellt und teilweise offen diskriminiert zu werden. Können Sie diese Empfindung nachvollziehen - und wie stehen Sie dazu?
Ich freue mich auf Ihre Antwort, sage meinerseits unsere Wahlteilnahme fest zu und wünsche Ihnen auf jeden Fall Erfolg und Gottes Segen in Ihrem Wirken für die Demokratie und das Wohl unseres Landes.
Mit herzlichen Grüßen aus Korb
Murat Aslanoglu
Sehr geehrter Herr Aslanoglu,
zur Ihren Fragen zum Thema Integration folgende Antworten:
1. Dialog der Religionen
Die CDU strebt ein Europa an, das über sein gemeinsames europäisches Erbe und die gemeinsame kulturelle Tradition vereint ist. Fundament dieser Gemeinsamkeit sind das Christentum, die Antike und die Aufklärung. Freiheit, Demokratie und Achtung der Menschenrechte, der Parlamentarismus, die Tradition des dem Prinzip der Subsidiarität verpflichteten Sozialstaates sowie die Ökologische und Soziale Marktwirtschaft haben sich erfolgreich daraus entwickelt.
Wir wollen ein Europa, das zu seiner Vielfalt steht und sie als Stärke begreift. Wir wollen ein Europa, in dem wir in Freundschaft und Partnerschaft mit den anderen EU-Staaten unsere nationale Identität bewahren können und in dem wir zugleich deutsche Europäer und europäische Deutsche sind.
Die CDU stützt sich auf die grundlegenden Wertentscheidungen des christlichen Menschenbildes, ist aber gleichzeitig offen für andere Weltdeutungen und Lebensauffassungen. Die CDU ist der Wahrung der christlichen Werte und ihrem Schutz vor politischen sowie rechtlichen Einschränkungen verpflichtet. Zugleich setzt sich die CDU in unserer pluralistischen Gesellschaft für Toleranz gegenüber den anderen Religionen und Wertegemeinschaften ein, die sich zu unserer Verfassung bekennen.
2. Dialog zwischen Muslimen und Politik
Ich habe in meinem Wahlkreis Waiblingen und auch in Stuttgart schon des öfteren Moscheen besucht, zuletzt war ich im Mai diesen Jahres in verschiedenen Moscheen im Iran und habe dort viele Eindrücke gewonnen. Leider verzeichnen wir in Deutschland eine stagnierende Integration ausländischer Mitbürger in die Gesellschaft: Zunehmend entwickeln sich Parallelgesellschaften, auch ausländische Jugendliche grenzen sich bereits - freiwillig - von der deutschen Gesellschaft ab. Die Gewährung solcher Parallelgesellschaften ist in meinen Augen eine falsch verstandene Tolerenz. Die Bereitschaft zur langfristigen Integration ist die Voraussetzung für einen fruchtbaren Dialog zwischen den Kulturen. Eine erfolgreiche Integration muss dabei die Anerkennung des freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaates sowie das erkennbare Bemühen um das Erlernen der deutschen Sprache und der in diesem Land gewachsenen kulturellen Grundvorstellungen beinhalten.
3. Muslime unter Generalverdacht
Unser Ziel muss es sein, dass die Menschen in Deutschland ein Leben in Frieden und Freiheit führen können – ohne Angst. Wahrhaftigkeit und Vertrauen können nur in einer Atmosphäre der Freiheit gedeihen. Die schrecklichen Anschläge von New York, Madrid und London zeigen deutlich, dass ohne veränderte Sicherheitspolitik auch diese Freiheit in unserem Land bedroht ist. Wir werden uns daher insbesondere den völlig neuen Herausforderungen vor allem durch den internationalen Terrorismus stellen sowie den Gegnern unserer freiheitlichen Grundordnung mit effizienten Mitteln entgegentreten müssen:
CDU und CSU sind für Waffengleichheit zwischen Polizei und dem Verbrechen. Das Grundgesetz muss in seinem umfassenden Bedeutungsgehalt von allen in Deutschland lebenden Menschen, einschließlich der Muslime, vollständig und uneingeschränkt akzeptiert werden. Die Entfaltungsmöglichkeiten, die der religiöse Pluralismus den Muslimen in unserem Land einräumt, enden dort, wo deren Wirken die Anforderungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht mehr erfüllt.
Bezüglich der Vergabe von Visa ist deshalb für eine konsequente Ablehnung für politische Islamisten zu sorgen. Es ist ebenso sicherzustellen, dass religiöse Eiferer nicht als Imame von ihren Heimatstaaten für wenige Jahre nach Deutschland geschickt werden, um in den hiesigen Moscheen ihre extremistischen Predigten abzuhalten. Die im Zuwanderungsgesetz geschaffenen Möglichkeiten, sowohl gewaltbereite, als auch volksverhetzende und Hass schürende politische Islamisten auszuweisen, sind konsequent zu nutzen. Sich über Jahre hinweg ziehende Fälle wie den des Hasspredigers Metin Kaplan kann sich eine glaubwürdige Sicherheitspolitik nicht leisten.
Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und den Gesellschaftsgruppen muslimischen Glaubens zu verbessern und zu institutionalisieren.
Ich bin zuversichtlich, dass bei erkennbarem Integrationsbemühen einem friedlichen Zusammenleben der Kulturen in Deutschland nichts im Wege steht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB