Frage an Joachim Pfeiffer von Lothar B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo, Herr Volksvertreter,
vielen Dank für Ihre wortreiche Erklärung zur Diätenerhöhung. Erlauben Sie mir jedoch einige zusätzliche Fragen, da ich ihre Ausführungen offensichtlich nicht richtig verstanden habe.
Sie schreiben, dass die Erhöhung hinter der gesetzlich vorgegebenen Orientierungsgrösse zurückbleibt? Das klingt so, als wären Sie zu der Erhöhung gezwungen worden? Ich bin Rentner. Für Rentner gab es auch eine gesetzlich vorgeschriebene Orientierungsgrösse. Können Sie sich daran erinnern? Ist es richtig , dass die Rentenerhöhungen der letzten Jahre hinter dieser Orientierungsgrösse ebenfalls zurück geblieben sind? Wissen Sie, wie die Realität aussieht?
Weiter schreiben Sie, die Steigerung der Diäten betrage 330,00 € ab Januar 2008. Richtig ist doch aber, dass Sie eine Erhöhung bis Ende 2009 um 700,00 € bereits beschlossen haben, dass sind annähernd 10 %. Haben Sie das zu erwähnen vergessen?
Bezüglich der durchschnittlichen bundesdeutschen Erwerbseinkommen haben Sie einen Zeitraum herausgegriffen, welcher den Eindruck erwecken soll, dass die Abgeordneten eher bescheidene Einkommenssteigerungen erzielt haben. Vergessen haben Sie zu erwähnen, dass die Diäten schon einmal glatt verdoppelt worden sind. Betrachtet man diesen Zeitraum, findet man unsere Volksvertreter weit an der Spitze der Einkommenssteigerungen.
Hier möchte ich noch einen Ihrer Sätze zitieren:
Bereits der erste Schritt der Anpassung der Diäten zum 1. Januar 2008 geht mit einer Absenkung des Steigerungssatzes der Altersversorgung von 16 % einher.
Können Sie mir das konkret erklären? Tatsächlich ist es doch so, dass kein Abgeordneter, welcher demnächst in den Ruhestand tritt, von dieser Regelung betroffen ist. Als gutgläubiger Bürger nahm ich an, als Ausgleich für die Diätenerhöhung verzichten unsere Volksvertreter jetzt und gleich auf ein anderes Privileg. Weit gefehlt. Die neue Ruhegeldregelung ist wohl eher eine optische Verpackung?
Mit freundlichen Grüßen,
Lothar Bartz
Sehr geehrter Herr Bartz,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Thema Diätenerhöhung vom 14.03.2008.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind in ihrem Engagement für die Bevölkerung sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Sie vertreten die etwa 200.000 Einwohner ihres Wahlkreises im Bundestag, was zu einer regelmäßigen Arbeitszeit von 60 bis 70 Stunden pro Woche führt, wie Sie auch dem Terminkalender auf meiner Homepage www.joachim-pfeiffer.info entnehmen können.
Ich bin mit Leib und Seele Politiker und übernehme gerne die Verantwortung, meinen Wahlkreis Waiblingen in Berlin zu vertreten. Ich weiß aber auch, dass meine früheren Studienkollegen in der Wirtschaft mit einem ähnlichen Verantwortungsbereich ein Vielfaches mehr verdienen. Auch lerne ich immer wieder sehr fähige Persönlichkeiten kennen, die in der Politik sicherlich einiges bewegen könnten, aber offen sagen, dass sie sich diesen Stress für das Geld nicht antun möchten.
Mir ist bewusst, dass ich mit den 7.339 Euro brutto Abgeordnetenentschädigung mehr Geld erhalte, als die meisten meiner Wähler. Mit dem Geld komme ich sicherlich auch gut aus, aber jeder, der das Gehalt kritisiert, muss wissen, dass wir in der Konkurrenz zur Wirtschaft um fähige Manager kaum eine Chance haben.
Sie haben in Ihrer Anfrage angeführt, dass ich weitere Diätenerhöhungen verschwiegen hätte. Nun habe ich in meiner letzten Antwort von einer "schrittweisen" Anhebung gesprochen. Dabei habe ich mich auf die letzte Erhöhung Anfang dieses Jahres bezogen, da Ihre Anfrage sich auf die "kürzliche" Erhöhungen bezogen hatte. Wie Sie jedoch richtig festgestellt haben, und das brauche ich nicht zu verschweigen, denn öffentlich zugängliche Informationen hierüber gibt es genug, erfolgt die Diätenerhöhung in zwei Schritten. Der erste Schritt ist zum 01.01.2008 erfolgt und die zweite Erhöhung erfolgt in 2009.
Diese Erhöhung ist maßvoll, denn seit der Einführung des Diätensystems im Jahre 1977 sind die Tarifverdienste in der Gesamtwirtschaft um 157% gestiegen, die Abgeordnetenentschädigung hingegen um 83%. In den Jahren 2000 bis 2006 sind die Löhne und Gehälter durchschnittlich um 14,4 % gestiegen. Die Diäten haben sich in den letzten acht Jahren um 6,3 % erhöht, wie sie der unten stehenden Tabelle entnehmen können. Seit 2004 wurde auf Grund der schlechten gesamtwirtschaftlichen Lage und damit geringen allgemeinen Lohnsteigerungen in Deutschland auf eine Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung verzichtet.
Jahr .... Diäten Bundestag ..... Renten ..... Löhne und Gehälter
2000 ........... +0,6 % ................ +0,6 % ............. +2,4 %
2001 ........... +1,9 % .............. +1,9 % .............. +2,1 %
2002 .......... +1,9 % ............... +2,2 % .............. +2,6 %
2003 .......... +1,9 % .............. +1,0 % .............. + 2,4 %
2004 ................ 0 % .................... 0 % ............... +2,0 %
2005 ................ 0 % ..................... 0% ................ +1,6 %
2006 ................. 0 % ................... 0 % ............... + 1,3%
2007 ................. 0 % ................ + 0,5 % ............. ?
(Quellen: Deutscher Bundestag (Diäten), BfA (Renten), Hans-Böckler-Stiftung (Löhne / Gehälter. Bei Renten, Löhne und Gehälter Werte für die alten Bundesländer).
Auch die Absenkung der Altersentschädigung ist eine verantwortliche Kürzung infolge der realen Entwicklung der Renten und nicht eine „optische Verpackung“. Die Abgeordneten bekommen jährlich nur noch 2,5% der Diäten als Altersentschädigung. Entgegen Ihren Angaben ist es auch nicht so, dass die Abgeordneten, die demnächst in den Ruhestand treten, von der Kürzung der Altersentschädigung nicht betroffen sind. So heißt es in der Begründung zum Entwurf eines 27. Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes:
„Für Mitglieder des 16. Deutschen Bundestages, die beim Inkrafttreten des 27. Änderungsgesetzes noch nicht die Voraussetzungen für den Höchstanspruch auf Altersentschädigung erfüllen, berechnen sich die Anwartschaften für die nächsten Mitgliedsjahre bereits nach neuem Recht. Ihre Versorgungsansprüche berechnen sich dementsprechend auf dem auf das bisherige Recht entfallenden Versorgungsanteil sowie dem Anteil für die Jahre nach dem Inkrafttreten des 27. Änderungsgesetzes“ (Bundestagsdrucksache 16/6924, S. 13).
Die Altersversorgung wird nach der neuen Regelung von 3% jährlich auf 2,5% herabgesetzt, die Absenkung beträgt somit 16% des Steigerungssatzes der bisherigen Altersversorgung.
Ihr emotionales Unwohlsein kann ich nachvollziehen, da wir über unsere Entschädigungen gemäß unserem grundgesetzlichen Auftrag selbst bestimmen. Aber dies machen wir transparent und immer unter den strengen Augen unserer Wähler. Und jeder, der sich diesen Vorgang sachlich und objektiv ansieht, ist bei der Beurteilung wesentlich zurückhaltender oder wie es Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 6.11.2007 formuliert: „Die Diäten sind weit maßvoller als die Kritik, die an ihnen geübt wird“.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB