Frage an Joachim Pfeiffer von Heike R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
die Amerikaner und auch die Polen scheinen sich zu "sorgen", dass Deutschland durch Nordstream 2 vom russichen Gas abhängig werden könnte.
Mir ist schon klar, dass die Polen Transitgebühren abgreifen wollen und die Amis ihr teures Gas loswerden wollen. Aber für uns deutsche Verbraucher ist Gas über Nordstream doch preiswerter !!!
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer, eine klare Frage, mit der Bitte um eine ebenso eindeutige Antwort. Ich bin kein Politiker und kann nichts aus Parteijargon ableiten!
Sind die CDU und Sie der Meinung, dass es für den normalen deutschen Steuerzahler und Rentner besser ist, auf preiswertes russiches Gas zu setzen? Oder sehen Sie und die CDU Regierung es als besser an, wenn Polen weiter Transitgebühren abgreifen kann und Amis ihr teureres Frackinggas verkaufen?
Noch eine letzte, interassante Frage: Weshalb eigentlich sind wir nicht vom russichen Gas abhängig, wenn es weiter durch Polen oder der Ukraine fließt ???
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogal
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 16. Dezember.
Ich bin in der Tat der Meinung, dass Nord Stream 2 die Versorgungssicherheit ganz Europas verbessert, den Wettbewerb auf dem Energiebinnenmarkt stärkt und nicht, wie von amerikanischer Seite dargestellt, schwächt.
Grundgedanke jedes europäischen Erdgasprojekts muss es sein, die Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorgung ganz Europas zu verbessern. Daher verfolgt die EU seit Jahrzehnten richtigerweise das Ziel, ihre Gasversorgung zu diversifizieren, sowohl hinsichtlich der Quellen als auch hinsichtlich der Transportwege. Je mehr Gas auf den europäischen Markt gelangt, desto höher wird dessen Liquidität. Höhere Liquidität bedeutet mehr Wettbewerb. Mehr Wettbewerb führt zu sinkenden Preisen, von denen alle Verbraucher profitieren.
Ausgehend von dieser Grundregel zur Funktionsweise von Märkten wird deutlich, dass Nord Stream 2 nicht im Widerspruch zu den Zielen der europäischen Energieunion und des Energiebinnenmarktes steht. Im Gegenteil: Nord Stream 2 leistet einen Beitrag zur Diversifizierung der Transportrouten und erhöht damit die Liquidität, den Wettbewerb und die Versorgungssicherheit auf dem europäischen Energiemarkt.
Demensprechend ist es auch nicht die Aufgabe der EU, amerikanischen Unternehmen, die ihr (aus Fracking-Produktion stammendes) Erdgas in Europa vermarkten wollen, potentielle Wettbewerber vom Leibe zu halten. Amerikanisches Flüssiggas ist auf dem europäischen Gasmarkt willkommen, muss sich aber, wie alle anderen Energieträger auch, dem Wettbewerb stellen.
Extraterritoriale Sanktionen, wie die im Fall von Nord Stream 2 vom US-Senat und Repräsentantenhaus beschlossenen, sind inakzeptabel und anmaßend! Gleichwohl werden diese von einzelnen Staaten vermehrt auch als Instrument eingesetzt, um Investitions- und Handelsströme zum eigenen Nutzen umzulenken. Eine solche Außenwirtschaftspolitik lehne ich entschieden ab. Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Deutschland und der Europäischen Union hierauf adäquate und wirksame Antworten zu finden.
In diesem Sinne setzt sich Deutschland für offene Wirtschaftssysteme ein und bekennt sich in Freihandelsabkommen mit anderen Staaten zu den Prinzipien eines freien und regelbasierten Welthandels.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer