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Joachim Pfeiffer
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Frage von Markus K. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Markus K. bezüglich Umwelt

Sie haben kürzlich den Klimaschutz als "eine Art Ersatzreligion" bezeichnet.

Wie erklärt sich dann das Ihre langjährige Parteivorsitzende und amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel 2015 sich im Pariser Abkommen zu dem Ziel die weltweite Erderwärmung deutlich unter 2 Grad zu begrenzen verpflichtet hat?

Die CDU ist seit rund 14 Jahren durchgehend als führende Kraft in der Bundesregierung. Dennoch werden die international zugesagten Reduktionsziele der Bunderepublik zum Jahr 2020 aller Voraussicht nach weit verfehlt. Warum können oder wollen Sie die selbst gesetzten Ziele nicht erreichen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Klimaschutz.

Mit dieser zugespitzten Formulierung möchte ich darauf hinweisen, dass die aktuelle Diskussion alarmistisch und weitestgehend an den Fakten vorbei geführt wird. Statt auf Emotionen zu setzen plädiere ich dafür, sich sachlich mit dem Thema Klimaschutz auseinander zu setzen.
Vielfach wird der Eindruck erweckt, dass bisher noch nichts erreicht wurde, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht:

Der Treibhausgasausstoß in Deutschland sinkt von 1990 bis 2020 nach Schätzungen um mehr als 30 Prozent – und das trotz Wirtschaftswachstums, steigender Bevölkerungszahlen und des Ausstiegs aus der Kernkraft. Demgegenüber sind im gleichen Zeitraum weltweit die Treibhausgasemissionen um über 60 Prozent angestiegen!
Diese Entwicklung spiegelt sich auch bei der Betrachtung des letzten Jahres wider:
Im Jahr 2018 ist der CO2-Ausstoß in Deutschland nach Berechnungen der Internationale Energieagentur IEA um 4,5 Prozent zurückgegangen, wohingegen weltweit die Emissionen um 1,7 Prozent zunahmen.
Ähnlich ist das Bild beim Energieverbrauch, der in Deutschland um 2,2 Prozent reduziert werden konnte und damit auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang der 1970er Jahre liegt, wohingegen der weltweite Energieverbrauch um 2,3 % angestiegen ist.

Diese Entwicklungen und die Tatsache, dass Deutschland etwa 2 Prozent Anteil an den weltweiten Emissionen hat, verdeutlichen, dass Klima- und Energiepolitik vor allem international gedacht werden muss.
Den Rahmen hierfür bilden die multilateralen Vereinbarungen der UN -Klimakonferenzen (insbesondere von Paris 2016) sowie das Europäische Emissionshandelssystem (ETS) und das sogenannte EU-Effort-Sharing, das die Reduktionsvorgaben für die nicht vom ETS umfassten Wirtschaftssektoren innerhalb der EU regelt. Diese multilateralen Maßnahmen sind die wirksamen Ansatzpunkte für die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen auch in Deutschland. Nationale klimapolitische Alleingänge hingegen – wie etwa ein nationaler Kohleausstieg – haben aufgrund der Einbettung Deutschlands in das o.g. multilaterale Vertragssystem nicht nur keinerlei Aussicht auf Erfolg, sondern wären im Gegenteil klimapolitisch vielfach sogar kontraproduktiv.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben sich im Prozess der Umsetzung des Paris-Abkommens verpflichtet, bis 2030 den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um mindestens 40 Prozent senken. Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050. Und war damit eines der ersten Länder, die die im Pariser Abkommen geforderte Klimaschutzlangfriststrategie erstellt und bei der UN vorgelegt haben.

Innerhalb der EU legt das ETS für die von ihm erfassten Sektoren (darunter auch die gesamte Energiewirtschaft, d.h. alle Kohle-, Gas- und sonstigen Kraftwerke) einen für alle EU-Länder verbindlichen, über die Jahre absinkenden Emissionsreduktionspfad fest. Das ETS ist ein Mengensteuerungsinstrument, das aufgrund der begrenzten Zahl der ausgegebenen Emissionszertifikate sicherstellt, dass die EU als multilateraler Staatenbund ihre international eingegangenen Klimaschutzziele erreicht. Im Bereich des ETS werden die relevanten Treibhausgas-Emissionen der EU bis 2030 um -43% reduziert (im Vergleich zum Referenzjahr 2005).
Gleichzeitig wird Deutschland im Rahmen des o.g. EU-Effort-Sharings auch für die nicht vom ETS umfassten Sektoren mit ‐38% überproportional zum EU‐Ziel von ‐30 % beitragen.

Um unsere ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen, müssen alle Sektoren ihren Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Es ist dabei nicht Aufgabe des Staates, den Unternehmen vorzuschreiben, welche Technologien sich durchzusetzen haben. Vielmehr müssen marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, unter denen sich im Wettbewerb innovative Lösungen durchsetzen und behaupten.
Dabei kann es sinnvoll sein, CO2-Emissionen in allen Sektoren einen Preis zu geben, gerade auch im Gebäude- und Verkehrssektor. Dies muss allerdings mindestens auf EU-Ebene und perspektivisch auch global erfolgen.

Der ETS ist auch deswegen das Mittel der Wahl, da er potentiell international anschlussfähig ist. Durch die Verbindung von Emissionshandelssystemen (Linking) können größere und liquidere Märkte geschaffen, Emissionsminderungsziele kosteneffizienter erreicht und Wettbewerbsverzerrungen durch einen einheitlichen CO2-Preis vermieden werden.
Innerhalb der letzten Jahren konnten hier bereits erfreuliche Entwicklungen verzeichnet werden. Bereits 2015 führte Südkorea als erstes asiatisches Land einen Emissionshandel ein, China folgte zwei Jahre später mit der Etablierung eines nationalen ETS für den Stromsektor. In Südamerika und einzelnen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten sind Pilotprojekte angelaufen. Im Jahr 2018 hat Ontario sein System mit dem gemeinsamen Kohlenstoffmarkt von Kalifornien und Québec verknüpft.
Ziel muss es sein, die Emissionshandelssysteme zu harmonisieren und perspektivisch zu verknüpfen, um auf die Schaffung eines globalen Kohlenstoffmarktes und damit die Errichtung eines level playing fields hinzuwirken. Der globalen Herausforderung des Klimawandels muss auch global begegnet werden!

Deutschland muss seinen Teil dazu beitragen, kann aber nur dann klimapolitisch Vorreiter sein, wenn es gelingt, den Umbau der Energieversorgung mit wirtschaftlichem Wachstum und einem Zuwachs an Arbeitsplätzen zu verbinden. Es gilt, zum Vorbild für andere Länder wie China oder Indien zu werden. Das wird aber nur gelingen, wenn der Umbau der Energieversorgung einhergeht mit der Stärkung des Wirtschaftsstandortes.

Dabei gilt es, nicht sklavisch auf ein einzelnes Reduktionsziel zu schielen, sondern immer auch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Klimapolitik im Blick zu behalten.

Aus diesem Grund werde ich mich auch weiterhin für einen ausgewogenen Dreiklang aus Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB