Frage an Joachim Pfeiffer von Jakob P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Namensvetter J. P.,
als Rentner bin ich sehr entäuscht, daß Sie solche Aussagen machen. Ich erwarte, daß meine Generation
anständig behandelt und mit der bescheidenen Rente gut leben kann.
Für die Entlastung der Doppelverbeitragung der Betriebsrentner sollten Sie sich einsetzen, denn dieser
Teil der Rentner hat mehr als genug zur Gesundung der Krankenkassen beigetragen. Das wäre gegenüber
den Politiker und Politikerinnen, welche in diesem Jahr wieder automatisch die Diätenerhöhung einstreichen mehr als gerecht.
Wo bleibt denn die Gleichbehandlung nach dem Grundgesetz, in dem ALLE Menschen gleichbehandelt werden sollen?
Geben Sie mir doch bitte eine gerechte Antwort zum Thema Entlastung mit Ihrer persönlichen Meinung.
Mit freunlichen Grüssen
J. P.
Sehr geehrter Herr P.,
alle werden anständig behandelt, nicht nur Ihre Generation. Die Rentenversicherung steht auf einer sehr soliden Basis und die Menschen im Rentenbezug profitieren von der guten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik von CDU und CSU. Auch weil die Zahl der Beitragszahler weiter zugenommen hat, können die Renten in diesem Jahr deutlich steigen – zum 1. Juli in den alten Bundesländern um 3,18 Prozent und in den neuen Bundesländern um 3,91 Prozent und damit erneut über der Inflationsrate. Auch das Rentenniveau steigt mit künftig 48,16 Prozent gegenüber dem Vorjahr sogar leicht an.
Die beste Rentenpolitik ist eine gute Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik. Altersarmut lässt sich am sinnvollsten präventiv bekämpfen. Durch sichere und ordentliche bezahlte Beschäftigung während der Erwerbsphase. Aktuell sind weniger als 2,3 Millionen Menschen arbeitslos, die Quote liegt bei 4,9% (Stand April 2019). Mit über 33 Millionen liegt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf Rekordniveau. Die Beitragseinnahmen sprudeln. Die Union will den erfolgreichen Weg der letzten Jahre weitergehen und bis spätestens 2025 Vollbeschäftigung in ganz Deutschland schaffen, wie wir sie bereits heute im Freistaat Bayern weitgehend kennen.
Wiederkehrende Versorgungsbezüge aus der betrieblichen Altersvorsorge pflichtversicherter Rentner unterliegen bereits seit 1982 der Beitragspflicht. Bei pflichtversicherten Rentnern wurde bis zum 31.12.2003 nur der halbe allgemeine Beitragssatz erhoben. Bei freiwillig versicherten Rentnern wurde seit dem 01.01.1993 der volle Beitragssatz erhoben, soweit sie nicht von einer Besitzstandsklausel profitierten, aufgrund derer nur der ermäßigte Beitragssatz erhoben wurde. Gegen diese Ungleichbehandlung bestanden von Seiten des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtliche Bedenken.
Seit dem 1. Januar 2004 wird einheitlich der volle Beitragssatz angewendet. Zudem wurde eine weitere – auch verfassungsrechtlich problematische - Ungerechtigkeit beseitigt, indem nunmehr auch auf eine einmalige Auszahlung einer Kapitalabfindung Beiträge zur Krankenversicherung erhoben werden.
Die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Betriebsrenten und Versorgungsbezüge im Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) im Jahr 2003 ist damit begründet worden, dass die eigenen Beitragszahlungen der Rentner nur noch gut 43 Prozent ihrer Leistungsausgaben in der Krankenversicherung abdeckten. Im Jahr 1973 seien die Leistungsaufwendungen der Krankenkassen für Rentner in den alten Ländern noch zu rund 72 Prozent durch die für sie gezahlten Beiträge gedeckt worden. Es war daher ein Gebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstätigen, den Anteil der Finanzierung der Leistungen durch die Erwerbstätigen nicht noch höher werden zu lassen.
Eine Expertenanhörung des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag am 27. Januar 2016 sprach für die Notwendigkeit einer Beibehaltung der jetzigen gesetzlichen Regelung: Es wurde deutlich, dass wir ein Gesundheitswesen haben, das allen Versicherten eine moderne und gute Versorgung zur Verfügung stellt. Um dies auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts zu gewährleisten, wird der heutigen Generation von Beitragszahlern aber ein größerer Solidarbeitrag für die heute älteren Versicherten abverlangt als den vorangegangen Generationen. Mit dem Blick auf die Generationengerechtigkeit könne ein noch größerer Solidarbeitrag, wie er bei einer Abschaffung der Beitragspflicht auf Betriebsrenten und Versorgungsbezüge zwangsläufig nötig wäre, nicht gerechtfertigt werden. Insbesondere nicht, da die älteren Versicherten heute aufgrund des medizinischen Fortschritts eine spürbar qualifiziertere Gesundheitsversorgung erhalten als die von ihnen mitfinanzierten vorangegangen Generationen. Und das, obwohl der Finanzierungsanteil der Rentner an den von ihnen verursachten Ausgaben - nach einem zwischenzeitlichen Anstieg – wieder auf jenes Niveau gesunken ist, aufgrund dessen die kritisierten Maßnahmen ergriffen wurden.
Die Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus der Verbeitragung von Versorgungsbezügen der versicherungspflichtigen Mitglieder betragen derzeit jährlich rund 5,7 Mrd. Euro, wobei der größte Teil hiervon auf Beiträge für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung entfällt. Vor dem Hintergrund, dass die Beiträge von Rentnerinnen und Rentnern schon heute weniger als die Hälfte der für sie entstehenden Leistungsaufwendungen decken, stellen die Beiträge aus Versorgungsbezügen einen unverzichtbaren Bestandteil für eine solidarische und nachhaltige Finanzierung der GKV und für einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Förderung der betrieblichen Altersvorsorge und der Generationengerechtigkeit der GKV dar. Eine Halbierung des Beitragssatzes auf Betriebsrenten würde zu Beitragsausfällen in der GKV in Höhe von 2,5 Mrd. Euro im Jahr führen; eine komplette Rückabwicklung des GMG würde rund 40 Mrd. Euro kosten und hätte GKV-Mindereinnahmen von knapp 3 Mrd. Euro im Jahr zur Folge. Diese Einnahmeausfälle wären durch andere Versicherte mit ggf. geringeren Einnahmen mit auszugleichen.
Da der Unmut zur Sache bei den Betroffenen verständlicherweise groß ist und bei Neurentnern immer wieder zu großer Überraschung und Empörung führt, wurde das Thema auf dem CDU-Bundesparteitag in Hamburg im vergangenen Dezember 2018 nochmals diskutiert. Dort wurde beschlossen: "Die CDU Deutschlands fordert eine Reform der Sozialabgaben, die auf Beträge zur privaten Altersvorsorge erhoben werden. Es soll künftig sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer oder Selbständige, die Entgeltumwandlung zur privaten Altersvorsorge nutzen, nicht doppelt belastet werden." In der Union wird derzeit intensiv diskutiert, ob eine finanziell verträgliche Neuregelung möglich ist und wie diese aussehen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim P. MdB