Frage an Joachim Pfeiffer von Sandra H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
ich habe im Radio gehört, dass die Bundeswehr neue Gewehre für 250 Millionen Euro bekommen soll. Ich möchte Sie als Mitglied einer christlichen Partei, die als Teil der Regierung so etwas beschließt, folgendes fragen: Wenn diese 250 Millionen Euro als Mikrokredite in beispielsweise Venezuela, Sudan und Bangladesch verteilt werden würden, wäre das dem Frieden nicht dienlicher?
Ich freue mich, wenn Sie mir meine Frage verständlich beantworten.
Freundliche Grüße aus dem Remstal
S. H.
Sehr geehrte Frau H.,
Sicherheits- und Entwicklungspolitik sind zwei Seiten einer Medaille. Beide Seiten sind gleichermaßen wichtig, jedoch ist Sicherheit die Grundvoraussetzung für jedwede Entwicklungsleistung. Das zeigt das Beispiel Afghanistan: 2001 gab es dort keinen Staat mehr, die Menschen wurden terrorisiert und lebten in bitterer Armut, es gab fast keine Schulen mehr und praktisch keine weiterführende Bildung. Gesundheitsversorgung und Infrastruktur waren (fast) nicht vorhanden. Frauen und Mädchen waren Menschen zweiter Klasse. Die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Entwicklung des Landes hat seither beeindruckende Fortschritte gemacht. Ohne den Einsatz der Bundeswehr dort im Rahmen des ISAF-Mandats wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen. Erst durch das militärische Engagement und die Bekämpfung des Terrorismus konnte der Boden für weitergehende Entwicklungshilfemaßnahmen geschaffen werden.
Die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD haben diesen Zusammenhang in ihrem Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode wie folgt in Worte gekleidet: „Wir brauchen eine entschlossene und substanzielle Außen-, Sicherheits-, Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik aus einem Guss. Wir wollen die dafür zur Verfügung stehenden Mittel deutlich stärken, um die immensen internationalen Herausforderungen zu bewältigen.“ Und weiter heißt es dort: „Die Zunahme von weltweiten Krisen stellt auch Deutschland vor enorme Herausforderungen - sowohl in der Außen- und Verteidigungspolitik wie in der Entwicklungszusammenarbeit. Unser Land wird gemeinsam mit unseren Nachbarn in Europa in Zukunft mehr eigene Verantwortung für seine Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit übernehmen müssen. Zugleich werden wir noch mehr als bisher bei gemeinsamen Initiativen in den Vereinten Nationen, in der EU oder auch im bilateralen Verhältnis zu anderen Staaten gefordert werden. Humanitäre Hilfe zu leisten bei Krieg, Bürgerkrieg, Hunger und Not gehört zu unserem politischen Selbstverständnis. Aber wir verfolgen dabei auch ein umfassendes Konzept für Sicherheit. Wir wissen, dass militärische Mittel zur Abwehr von Gewalt und Terror notwendig sein können. Zugleich wissen wir aber auch, dass für eine Befriedung von Konflikten insbesondere die nachhaltige Schaffung von Lebensperspektiven in den betroffenen Ländern von zentraler Bedeutung ist. Dies gilt insbesondere für junge Menschen. Deshalb will Deutschland die für diese Aufgaben bereitgestellten Mittel angemessen erhöhen.“
Das außen- und sicherheitspolitische Umfeld für Deutschland und Europa hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Die Bundeswehr ist fortgesetzt in internationalen Einsätzen zur Krisenbewältigung aktiv. Die Konflikte der Welt kommen in Europa an. Wir erleben das nicht zuletzt in Form von terroristischen Anschlägen, auch hier in Deutschland. Immer deutlicher wird, dass wir bereit sein müssen, dorthin zu gehen, wo die Konflikte sind – um sie vor Ort zu entschärfen. Beispielhaft ist hier die Mission der Bundeswehr in Mali zu nennen, den Einsatz der Marine im Mittelmeer zur Aufklärung von Schleppernetzwerken, oder unsere Unterstützung im Kampf gegen den Terror des sogenannten Islamischen Staates in Syrien und im Irak. Auch Russlands offensive Außenpolitik führt dazu, dass die Landes- und Bündnisverteidigung wieder einen neuen Stellenwert bekommen hat als noch vor einigen Jahren.
Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten im In- und Ausland einen anspruchsvollen Dienst und riskieren bei internationalen Einsätzen für unser Land und für die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger täglich ihr Leben. Für die Union gilt: Wir schützen die, die uns beschützen! Um jederzeit die beste Ausrüstung für unsere Soldatinnen und Soldaten sicherzustellen und damit die Bundeswehr ihren neuen Aufgaben aufgrund der veränderten Sicherheitslage gewachsen ist, haben wir daher auf Grundlage des neuen Weißbuches der Bundesregierung von 2016 eine Trendwende eingeleitet. Wie auf dem NATO-Gipfel 2014 in Wales vereinbart, wollen wir unsere Ausgaben für Verteidigung bis zum Jahre 2024 schrittweise in Richtung 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöhen.
Zudem gilt es, die Instrumente der Diplomatie, der Polizei, der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie der Entwicklungszusammenarbeit innerhalb eines vernetzten Ansatzes noch besser miteinander abzustimmen und zu koordinieren. Deshalb werden parallel zur Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auch die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit im Maßstab 1:1 erhöht, bis die ODA-Quote (Official Development Assistance) von 0,7 Prozent des BIP erreicht ist.
Es ist, sehr geehrte Frau H., in der Konsequenz dementsprechend beides wichtig: die 250 Millionen Euro für die Bundeswehr sind genauso nötig, wie die 250 Millionen Euro in Form von Mikrokrediten für Entwicklungsländer. Beides dient dem Frieden gleichermaßen. Nähere Informationen zu Deutschlands Engagement in der Entwicklungshilfe finden Sie unter https://www.bmz.de/de/ministerium/zahlen_fakten/oda/index.html
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB