Frage an Joachim Pfeiffer von Hubertus E. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
mich würde interessieren, wie Sie dazu stehen, den Gasmarkt zu liberalisieren, und es mir als Endverbraucher ermöglichen, zwischen unterschiedlichen Anbietern zu wählen.
Die Argumenation, die ich zur Zeit von den Gasanbietern aus den Medien vernehme, erinnert mich leider stark an die Argumente, die ich vor Jahren von anderen Ex-Monopolisten wie z.B. der Telekom gehört habe.
Mfg
H.Emmann
Sehr geehrter Herr Emmann,
im Juli 2005 wurde das Energiewirtschaftsgesetz novelliert, das die Spielregeln des Energiemarktes festschreibt. Der Union ist es im Vermittlungsverfahren gelungen, aus dem Gesetz einen wichtigen Impuls für den Wettbewerb zu machen. In der Vergangenheit war der Ermessenspielraum der Energieunternehmen bei den Strom- und Gaspreisen und beim Netzzugang sehr hoch. Die Regeln wurden ausgehandelt zwischen den Verbänden der Versorger und den Stromkunden. Neue Anbieter scheiterten an diesen Rahmenbedingungen, die den Markt praktisch abgeschottet haben.
Neu ist nun, dass der Netzzugang reguliert wird. D.h., seit November 2005 ist die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, kurz Bundesnetzagentur (BNetzA), per Gesetz der neutrale Schiedsrichter, der die Netzentgelte vorab anhand eines präzisen Kostenkatalogs genehmigt. Dies konnte die Union in den Verhandlungen zum Energiewirtschaftsgesetz durchsetzen. Die Netzgebühren erheben die Versorger dafür, dass Firmen wie die Stadtwerke und neue Anbieter Strom und Gas durch deren Leitungen zu den Verbrauchern bringen können.
Verbraucherschützer und Netznutzer schätzen, dass die Netzentgelte aufgrund der verkrusteten Marktstruktur um drei bis fünf Milliarden Euro überhöht sind. Geld, das dem Bürger für den Konsum fehlt und dem Unternehmer für weitere Investitionen.
Bis zur Gesetzesnovelle war der Weg durch die Netze der etablierten Gasversorger für neue Anbieter verbaut. Komplizierte Vertragsregelungen hemmten die Entstehung des Wettbewerbs. Auch in diesem Bereich konnte die Union eine zentrale Verbesserung erreichen. Mit einem einfachen Zweivertragsmodell wird der Zugang für neue Anbieter erleichtert, die Liquidität am Markt erhöht und Preissenkungen ermöglicht.
Erste Ergebnisse der Novelle sind bereits sichtbar. Die bisher genehmigten Gasnetzentgelte weisen alle Kürzung zwischen 10% und 20% auf. Zwar sind die Wirkungen bei Endkunden nicht erheblich, doch für neue Anbieter steigen so die Chancen, in den Markt einzusteigen. Diese Möglichkeit wird auch in einigen Regionen bereits umgesetzt, so etwa in Berlin, Hamburg und bald auch in Stuttgart. Bis Ende des Jahres rechne ich mit einem lebhafteren Gasmarkt als wir ihn vor der Novelle kannten. Darüber hinaus haben viele Gasversorger zu Beginn des Jahres angekündigt, ihre Gastarife zu senken. Gleichzeitig hat EON den Handlungsdruck auf die Marktakteure durch seine bundesweite Vertriebsangebot „E wie einfach“ erhöht.
Mit der Liberalisierung der Energiemärkte in Europa im Jahr 1998 hat sich die Energiepolitik von staatlich kontrollierten Energiepreisen verabschiedet. Der Druck auf die Preise soll nicht durch den Staat erfolgen, sondern über neue Anbieter am Markt. Der mündige Kunde setzt durch sein Verhalten die Preisobergrenze.
Bereits seit mehreren Jahren können private Haushalte den Stromversorger wechseln. Bislang machen aber nur fünf Prozent von diesem Recht auf Wechsel Gebrauch. Zu wenig, um den Wettbewerb im Energiemarkt zu entfachen.
Viele Verbraucher scheuen den Wechsel und befürchten, dass der Strom abgeschaltet und der Gashahn zugedreht wird. Vielfach sind alternative Angebote auch nicht bekannt und so kommt es, dass die Menschen sich der Preispolitik ihres Stromlieferanten hilflos ausgeliefert fühlen.
Dabei tummeln sich im Endkundenbereich mehr als 900 Anbieter. Von einigen bundesweit aus der Fernsehwerbung bekannten Marken über Ökostromanbieter bis hin zu lokalen Versorgern, die ihr Angebot auf andere Regionen ausweiten. Auch im Gasbereich finden – wie oben erwähnt - erste neue Anbieter auf den Markt.
Die Wechselbedingungen hat die Bundesregierung erst kürzlich durch die neue Verordnung zur Grundversorgung entschieden verbessert. Bürokratische Hürden werden abgebaut und der rasche Wechsel des Anbieters erleichtert sich erheblich. Die Kündigungsfrist von bisher einem Jahr ist auf einen Monat verkürzt worden, wer umzieht, kann sogar schon nach zwei Wochen aus seinem Grundtarif aussteigen.
Indem der Verbraucher innerhalb weniger Wochen zu einem billigeren Anbieter wechselt, kann er flexibel auf die Erhöhungen von Strom- oder Gaspreisen reagieren. Einsparungen von bis zu 300 Euro im Monat sind je nach Standort möglich.
Die Politik setzt den Rahmen für einen funktionierenden Wettbewerb und stärkt so die Wahlfreiheit des Kunden. Billigvorwahlen beim Telefonieren zeigen, wie es auch beim Strom und Gas laufen kann. Das wollen wir durch die Stärkung der Verbraucherrechte erreichen, denn wir verstehen den Privatkunden als aktiven, selbstbewussten Partner auf dem Energiemarkt. Durch sein marktbewusstes Verhalten belohnt er den kostengünstigsten oder umweltfreundlichsten Anbieter und schafft so einen wichtigen Anreiz zum Wettbewerb unter den Energieversorgern.
Auf den Internetseiten www.verivox.de und www.billiger-strom.de finden Sie wertvolle Tipps und Hinweise rund um den Strom- bzw. Gasanbieterwechsel.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Joachim Pfeiffer, MdB