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Joachim Pfeiffer
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Frage von Katja T. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Katja T. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

in der Vergangenheit haben Sie sich mehrmals für eine Intensivierung des energiepolitischen Dialogs mit Russland eingesetzt (z.B. Reise am 9.11.15). Wie sollte sich Ihrer Meinung nach auf sicherheitspolitischer Ebene gegenüber Russland verhalten werden ? Befürworten Sie eine Verstärkung des Dialogs und die Wiederbelebung des Nato-Russland-Rates ? Geht Ihrer Meinung nach (auch aufgrund Ihres Fachwissens als Hauptmann der Reserve) von Russland eine Bedrohung von NATO-Mitgliedern aus ? Wie stehen Sie zum Thema der dauerhaften Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 2% des BIP ? Wie sollte sich Deutschland in Bezug auf die Situation in der Ukraine verhalten ? In welchem Rahmen halten Sie eine Lieferung von Waffen an die Ukraine für vertretbar ?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau T.,

wir leben in der außenpolitisch schwierigsten Situation seit Ende des Kalten Krieges. Russland versucht weiterhin, die Ukraine zu destabilisieren, hält die Krim völkerrechtswidrig besetzt und versucht mit militärischen Drohgebärden, wie einem anstehenden großen Herbstmanöver, das den Namen „Westen“ trägt, das Baltikum und Polen unter Druck zu setzen. In Syrien hat Russland das verbrecherische Assad-Regime an der Macht gehalten und auf dem Balkan und im Kaukasus versucht Putin, seine Position auszubauen. Währenddessen nimmt SPD-Mitglied und Altkanzler Schröder einen hochdotierten Job bei einem russischen Unternehmen an, das auf der Sanktionsliste der EU steht. Angela Merkel hat dagegen verhindert, dass es infolge der verdeckten Intervention Russlands in der Ostukraine zu einem offenen Krieg kam.

Es gilt, im Dialog mit Russland Maßnahmen zur militärischen Entspannung anstreben. Zuvorderst muss alles getan werden, um das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Russland und dem Westen als Folge von militärischen Missverständnissen oder eines Unfalls zu vermeiden. Ein erster wichtiger Schritt dafür ist, dass der NATO-Russland-Rat wieder tagt, dies sollte auch auf Ministerebene der Fall sein. Vor allem aber müssen dort verbindliche Absprachen getroffen werden. So muss zum einen wieder zu der Praxis zurückgekehrt werden, dass Informationen über Übungen und militärische Bewegungen ausgetauscht und Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz solcher und anderer militärischer Aktivitäten vereinbart werden. Zum anderen müssen sich beide Seiten auch auf neue Regeln zur Sicherheitsbildung verständigen. Dabei geht es beispielsweise um konkrete Richtlinien und Kodizes zur Verbesserung der Luftsicherheit im Ostseeraum, nachdem diese im letzten Jahr durch russische Militärflüge ohne Transponder erheblich gefährdet wurde.

Zudem muss versucht werden, das erhebliche gegenseitige Misstrauen abzubauen. Dafür bieten die in der NATO-Russland-Grundakte von 1997 vereinbarten politischen Grundprinzipen die Grundlage, die wieder angewendet werden müssen. Auch sollte zwischen der NATO und Russland wieder ein Dialog über Fragen der strategischen Stabilität, der Militärdoktrinen und Streitkräftestrukturen geführt werden, um Möglichkeiten zur Stärkung der gegenseitigen Sicherheit, insbesondere in Krisensituationen zu identifizieren.

Was die Frage der Bedrohung für die NATO angeht, so ist hier das entscheidende Momentum, dass sich zumindest die Nachbarn Russlands bedroht fühlen. Für die abschreckende Glaubwürdigkeit der NATO war es deshalb höchste Zeit, dass der amerikanische Präsident kürzlich auf Warschauer Boden ein klares Bekenntnis zur Beistands-Verpflichtung der USA entsprechend Artikel 5 des NATO-Vertrages abgegeben hat. Zudem unternehmen die europäischen NATO-Partner mit der Bildung der europäischen Verteidigungsunion konkrete Schritte, um ihre militärische Handlungsfähigkeit – und damit zugleich auch die der NATO insgesamt – zu stärken. Dazu gehört auch, dass sie ihre Verpflichtung bekräftigt haben, sich bis 2024 dem Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben anzunähern.

Dieses Ziel wurde auf dem NATO-Gipfel 2014 in Wales vereinbart und die Union hält entsprechend daran fest, die Ausgaben für Verteidigung bis zum Jahre 2024 schrittweise in Richtung 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Dieser Beschluss dient unserer eigenen Sicherheit vor Gefährdungen von außen. Er wurde vom Bündnis einstimmig gefasst und seinerzeit von der gesamten Bundesregierung, von CDU, CSU und SPD, mitgetragen. Seine Umsetzung ist auch eine Frage der Verlässlichkeit gegenüber unseren Bündnispartnern.

Waffenlieferungen an die Ukraine sind für Deutschland nach aktuell geltendem Recht nicht möglich, da die deutschen Rüstungsexportrichtlinien grundsätzlich keine Waffenlieferungen in Konfliktgebiete gestatten. Ich persönlich bin der Ansicht, dass dieser Grundsatz überdacht werden sollte. Rüstungsexporte sind ein legitimes und unverzichtbares Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik, das zum Beispiel auch dann eingesetzt werden sollte, wenn dies dazu beiträgt, einen Völkermord zu verhindern oder um die Voraussetzungen zu schaffen, damit in einer Region humanitäre Hilfe geleistet werden kann. Dies war etwa bei den Waffenlieferungen an die Peschmerga für den Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat im Irak und in Syrien der Fall. Insoweit bedarf es meines Erachtens einer Überprüfung der geltenden Exportrichtlinien. Im Anschluss wäre durch die Bundesregierung zu entscheiden, ob die aktuelle außen- und sicherheitspolitischen Lage in der Ukraine eine Waffenlieferung rechtfertigt kann. Momentan bin ich der Ansicht, dass die Möglichkeiten einer Verhandlungslösung noch nicht ausgeschöpft sind.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB