Frage an Joachim Pfeiffer von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Pfeiffer,
vielen Dank für Ihre Antwort vom 23.06.
Da ich nur 2 Rückfragen stellen kann, versuche ich es ein letztes Mal.
Sie führen sehr viele Einzelbeispiele auf, aber am besten hat mir dieses gefallen:
" Ein mittelständischer Hersteller von Fertigungsmesstechnik muss aufgrund dessen, dass in den USA vielfach noch die Maßeinheiten Zoll oder Inch verwendet werden, für die Messtechnik kostenaufwändige Umrechnungen aus dem metrischen System vornehmen."
Ach so, in den USA wird jetzt das metrische System eingeführt? Das wäre tatsächlich eine enorme Handelserleichterung? Stellen die auch Ihr Energiesystem auf europäische Normen um, mit 220V statt 110V und 50Hz statt 60Hz?
Das wäre mal ein echt grosser Schritt, aber da sehe ich überhaupt keine Annäherung. Wie sieht es mit Währungsschwankungen aus, soll es ein festes Verhältnis des Kurses geben? Das sind nämlich wirkliche Hindernisse beim Handel, aber solange das nicht mal erwähnt wird, glaube ich kein Wort, das es nur um Handel geht. Die Normen können, wie schon erwähnt, auch durch Normungsgremien angepasst werden, dafür brauchen wir keinen Völkerrechtsvertrag.
"Ausdrücklich wird in dem Textentwurf der EU festgehalten, dass das Recht der Staaten, Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls zu erlassen, durch diese Kooperation in keiner Weise eingeschränkt wird, d.h. es wird selbstverständlich auch weiterhin möglich sein, nationale Gesetze (z.B. zum Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz) zu erlassen, ohne dass dazu eine Zustimmung des Handelspartners erforderlich ist."
Können Sie mir bitte des Artikel und Paragraphen in CETA nennen, wo ich das nachlesen kann?
" ... die größte Volkswirtschaft Europas fahre eine Wachstumsstrategie der Exportüberschüsse, was in anderen Ländern zu Außenhandelsdefiziten und damit zu einer steigenden Verschuldung führe."
Bedeutet ein Überschuss nicht zwangsläufig ein Defizit bei anderen, ist das eine Frage der Perspektive?
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
ob Deklarierungen im metrischen System oder in Zoll vorgenommen werden, ist unerheblich für die Sicherheit. Somit ist eine doppelte Anerkennung von Produkten überflüssig. Das ist eines der wesentlichen Ziele von TTIP. Änderungen der Stromversorgung hingegen würden in der EU oder in den USA zu enormen Kosten für Verbraucher führen. Zusätzlich sind die unterschiedlichen Spannungen für Handel und Verbraucher unerheblich. Eine Änderung ist in diesem Bereich daher nicht sinnvoll. Generell ist vorgesehen, dass der Rat für regulatorische Kooperation Vorschläge machen kann, um Vorschriften und Regeln anzupassen. Jedoch haben die nationalen Regulierungsbehörden immer die Regulierungskompetenz und können unabhängig entscheiden welche Vorschläge umgesetzt werden sollen.
Eine Festlegung der Wechselkurse erinnert an die Verhandlungsposition der US-Amerikaner bei den Verhandlungen zum Bretton-Woods-System. Ein interessanter Ansatz für eine TTIP-Gegnerin, den ich für völlig verfehlt halte. Währungsfragen sind jedoch nicht Teil des Verhandlungsmandats.
Ich habe mich in den vorangegangenen E-Mails immer auf das Transatlantische Handelsabkommen (TTIP) bezogen. Alle Informationen beziehen sich auf TTIP, welches unabhängig vom CETA-Abkommen verhandelt wird. Ich gehe daher davon aus, dass Sie nach der Grundlage der Regulierungshoheit in TTIP fragen. Da die Vertragsverhandlungen nicht abgeschlossen sind, existiert noch kein Vertragstext. Jedoch hat die EU-Kommission die Verhandlungsunterlagen veröffentlicht. Den überarbeiteten EU-Vorschlag zur Zusammenarbeit in Regulierungsfragen können Sie einsehen: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2016/march/tradoc_154377.pdf.
Darüber hinaus hat die EU-Kommission einen Überblick zu Regulierungen in TTIP veröffentlicht, diesen finden Sie unter:
http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/march/tradoc_153236.pdf.
Handelsüberschüsse entstehen nicht durch die Produktion von Waren oder Dienstleistungen. Egal aus welcher Perspektive Sie das betrachten: am Anfang ist immer eine Nachfrage. Wenn diese nicht im eigenen Land gedeckt werden kann, werden Produkte im Ausland gekauft. Exporte sind ein Indiz für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft.
mit freundlichen Grüßen
Joachim Pfeiffer