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Joachim Pfeiffer
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Frage von Katja R. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeifer,
Sie schreiben" Die Verhandlungen mit den USA zu TTIP werden auf europäischer Seite von der EU-Kommission geführt, welche mehrfach erklärt hat, dass das europäische Schutzniveau nicht zur Disposition steht."
Habe ich das bezweifelt? Es geht um die Macht des Faktischen: Hormonfleisch z.B. wird ca. 50% billiger hergestellt, also bei normaler Aufzucht. Selbst wenn der Transport 20% kostet ist es immer noch 30% billiger als hier hergestelltes. Welches wird sich wohl am Markt durchsetzen?
Wie wollen Sie so etwas verhindern? Eben, das geht nicht, ausser der Import bleibt weiter verboten.
Sie schreiben: "Die europäischen Standards werden auch mit TTIP weiterhin eingehalten; das bezieht sich auch auf den Import von Waren."
Um was geht es denn dann bei der Angleichung von Regelungen, nicht um den Import? Woran wird seit 3 Jahren gearbeitet, wenn alles bleibt, wie es ist?

Besonders bezeichnend ist diese Aussage: "Die ganze Diskussion zeigt wieder deutlich, dass einige Freihandelsgegner verzweifelt versuchen, TTIP zu diskreditieren. Obwohl der internationale Handel das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und damit ein wesentlicher Garant für Wohlstand und soziale Sicherheit ist."
Klasse, hindert uns jemand JETZT am Handel, oder warum brauchen wir das Abkommen so dringend? Ich bin auch kein Freihandelsgegner (schwingt da nicht immer Freiheitsgegner mit?), sondern bin für Fairen Handel. Genau der wird aus meiner Sicht aber mit dem Abkommen nicht erreicht.
Haben Sie Sich noch nie gefragt, ob so ein grosser Aussenhandelsüberschuss wirklich gut für unser Land ist? Gehört zu einem Überschuss nicht auch zwingend ein Defizit für jemand anderen, denn wir haben keinen Handel ausserhalb der Welt, oder?
Reifen auch Hühner oder Rinder auf dem Weg nach Deutschland nach, oder was soll ich mit Ihrem Argument der Äpfel anfangen?
Wirklich schade, das Sie Ihrem Auftrag, zum Wohl des Volkes zu handeln, so wenig nachkommen.

Mit enttäuschten Grüssen
Katja Rauschenberg

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

ich konnte Ihrer ersten Frage leider nicht entnehmen, dass Sie sich auf ein bestimmtes Lebensmittel beziehen. Die Äpfel habe ich lediglich als Beispiel gewählt, um Ihre Frage anschaulich zu beantworten. Gerne beantworte ich auch Ihre neue Frage zu diesem Thema. Fleisch „reift“ in der Regel ebenfalls nach. Rinder werden deshalb beispielsweise zwei Wochen abgehangen. Beschränkungen für Hormone und Wachstumsförderer in der Tierhaltung werden auch nach einem Abschluss von TTIP fortbestehen. Diese Information können Sie bereits dem Dokument, das ich in der Antwort auf Ihre erste Frage verlinkt hatte, entnehmen. Hier nochmals der Link: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/july/tradoc_153636.pdf#204156_2015.2067_TTIP_DE.indd:.92512:508

Zu Ihrer Frage zu den Angleichungen der Regularien:

Die Verhandlungspartner streben mit TTIP über den Abbau von Zöllen hinaus einen möglichst weitreichenden Abbau sogenannter nicht-tarifärer Handelshemmnisse an. Es geht um eine bessere Vereinbarkeit der jeweiligen regulativen Vorschriften in den USA und der EU. Zudem soll beim Erlass neuer Regelungen mehr Transparenz geschaffen sowie grundsätzlich die Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks verbessert werden.

Sowohl in der EU als auch in den USA gibt es umfassende Normen, Standards und Regeln für die eigenen Produkte und Dienstleistungen. Dies führt beim Export oft zu unnötigen Belastungen für Unternehmen. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind davon negativ betroffen. Dies hat ganz praktische Folgen, wie etwa die folgenden Beispiele zeigen:

• Ein mittelständischer Maschinenbauer muss die gleiche Maschine mit roten Kabeln für den europäischen und mit blauen Kabeln für den amerikanischen Markt fertigen.

• Ein mittelständischer Ventilhersteller muss die Flansche der Ventile in Europa mit vier dicken Schrauben montieren, während sie in den USA entsprechend der US-Sicherheitsvorschriften mit acht kleinen Schrauben montiert werden müssen. Einen sachlichen Grund dafür gibt es nicht, Sicherheit und Leistung sind bei EU- und US-Modellen identisch.

• Ein mittelständischer Hersteller von Fertigungsmesstechnik muss aufgrund dessen, dass in den USA vielfach noch die Maßeinheiten Zoll oder Inch verwendet werden, für die Messtechnik kostenaufwändige Umrechnungen aus dem metrischen System vornehmen.

• Ein Hersteller von Mehrspindeldrehautomaten (die z.B. Teile für Airbags fertigen) muss die Stecker für seine Maschinen in Europa durch das CE-Kennzeichen zertifizieren lassen. In den USA sind hingegen zwingend Stecker vorgeschrieben, die in US-Testlabors geprüft wurden. Somit müssen die EU-Stecker durch US-Stecker ersetzt werden, obwohl die Stecker gleich aussehen, gleich sicher sind und die gleichen Funktionen ausführen.

• Im Bereich Automobilindustrie darf in den USA der hintere Blinker rot sein, während er in der EU gelb sein muss. In Europa darf das Abblendlicht nur den rechten Fahrbahnrand ausleuchten, nicht die Mitte der Fahrbahn, damit niemand geblendet wird. Dafür ist ein Blendkeil nötig. US-Fahrzeuge haben diese Abblendkeile nicht.

Auch in der chemischen Industrie, der Pharmabranche und anderen Bereichen gibt es zahlreiche solcher Beispiele. Durch zusätzliche Bürokratie- und Zertifizierungserfordernisse entstehen hohe Zusatzkosten beim Export in die USA, obwohl das Niveau der Sicherheitsanforderungen dasselbe ist. Laut einer Studie des niederländischen Instituts Ecorys würde der Abbau nicht-tarifärer Hemmnisse allein in der Automobilindustrie zu jährlichen Einsparungen in Höhe von 11,5 Mrd. Euro führen.

Ausdrücklich wird in dem Textentwurf der EU festgehalten, dass das Recht der Staaten, Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls zu erlassen, durch diese Kooperation in keiner Weise eingeschränkt wird, d.h. es wird selbstverständlich auch weiterhin möglich sein, nationale Gesetze (z.B. zum Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz) zu erlassen, ohne dass dazu eine Zustimmung des Handelspartners erforderlich ist.

Zu Ihrer Frage zum Handelsüberschuss:

Wenn Politiker in Europa nach Verantwortlichen für die Schuldenkrise suchen, nennen einige auch Deutschland. Der Vorwurf lautet, die größte Volkswirtschaft Europas fahre eine Wachstumsstrategie der Exportüberschüsse, was in anderen Ländern zu Außenhandelsdefiziten und damit zu einer steigenden Verschuldung führe. Die Argumentation ist allerdings ziemlich wacklig, denn die Schuldenprobleme vieler Länder sind hausgemacht, in erster Linie, weil die Staatsausgaben ausufern.

Sehr geehrte Frau . R., Politik heißt für mich, Entscheidungen nicht von tagespolitischen Meinungsschwankungen oder Medienberichten abhängig zu machen. Wir haben in Deutschland eine repräsentative Demokratie, also eine Form der Organisation von politischen Entscheidungsfindungsverfahren, bei der jede politische Frage - mit Ausnahme der Zusammensetzung des Parlamentes - mittelbar durch die so genannten Volksvertreter getroffen wird. Das bedeutet vereinfacht gesagt: Die vom Volk gewählten Bundestagsabgeordneten sind beauftragt, die Probleme in Deutschland zu lösen. Wenn sie das nicht tun oder nicht können, werden sie nicht wieder gewählt.

Ich bin in jeder Hinsicht ein Verfechter vernünftiger Argumentation und des anschließenden Abwägens von Für und Wider, bevor ich eine Entscheidung treffe. Seien Sie versichert, dass ich ein frei denkender und frei entscheidender Abgeordneter und insofern an keine Parteivorgaben gebunden bin. Sie dürfen und sollen von einem Abgeordneten erwarten, dass er unterschiedliche Perspektiven abwägt - hierzu gehören selbstverständlich auch die Anliegen und Meinungen, die von den Bürgerinnen und Bürgern vorgetragen werden. Das habe ich getan und bin zu dem Schluss gekommen, dass TTIP wichtig ist, um die wirtschaftliche Bedeutung der EU und Deutschlands auch in Zukunft zu erhalten. Gleichzeitig erwarte ich auch von den Bürgerinnen und Bürgern, dass sie unterschiedliche Perspektiven und Ansichten abwägen und Fakten akzeptieren. Diese Fakten sind eindeutig auf der Seite der TTIP-Befürworter, nur muss man sie auch hören und verstehen wollen.

Gerne höre ich hierzu Ihre Bewertung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Joachim Pfeiffer