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Joachim Pfeiffer
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Frage von Katja R. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr D. Pfeiffer,

ich habe da noch ein paar Nachfragen zu Ihrer Antwort an Herrn oder Frau Klopfleisch-Petry.
In Ihrer Antwort zur Frage A schreiben Sie: "Sie müssen sich jedoch nicht sorgen: Das bestehende hohe europäische Schutzniveau steht nicht zur Disposition." Worauf beruht denn Ihre Sicherheit, haben Sie die geleakten Dokumente nicht gelesen? Quelle : http://www.heise.de/newsticker/meldung/re-publica-2016-Die-Leaks-zum-EU-US-Handelsabkommen-TTIP-im-Rampenlicht-3195353.html Ich glaube Ihnen sogar, das kein Standard aktiv gesenkt wird. Er wird aber dadurch gesenkt, wenn zwei verschiedene Niveaus als gleichwertig anerkannt werden. Das Produkt, das mit den niedrigsten Kosten hergestellt werden kann, wird sich durchsetzen, oder etwa nicht? Kann es überhaupt ökonomisch und ökologisch sinnvoll sein, z.B. Lebensmittel über den Teich zu schippern und auf der anderen Seite der Welt immer noch mit Gewinn zu verkaufen?
Dann zur Antwort B: "Ausländische Unternehmen sehen sich vor amerikanischen Gerichten im Ernstfall mit sieben- bis achtstelligen Prozesskosten konfrontiert." Sind denn die Kosten für die Schiedsgerichte niedriger? Seit wann sind die Kosten ein Argument gegen ein ordentliches Gericht? Gibt es auch einklagbare Rechte von Verbrauchern gegen Konzerne auf dieser Basis? Kann der Staat ein Unternehmen wegen Umweltzerstörung vor einem Schiedsgericht verklagen? Besteht in der EU die Gefahr, das jemand enteignet wird? Warum brauchen wir denn ausländische Investitionen, ist das Geld der einheimischen Investoren nichts wert?
Zu Antwort C:
Was halten Sie denn von dem Regulatorischem Rat und davon, das TTIP ein sogenanntes "living Agreement" sein soll? Das heisst, was auch immer Sie jetzt befürworten, kann demnächst geändert werden und zwar ohne Ihren Einfluss (welcher aus meiner Sicht jetzt schon nicht gegeben ist). Ist das Ihre Vorstellung einer Demokratie?

Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg

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Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

zu Frageblock A:
Die Verhandlungen mit den USA zu TTIP werden auf europäischer Seite von der EU-Kommission geführt, welche mehrfach erklärt hat, dass das europäische Schutzniveau nicht zur Disposition steht. Die von Ihnen erwähnten Dokumente zeigen lediglich, dass beide Verhandlungspartner verschiedene Positionen haben. Das ist nicht ungewöhnlich. Außerdem beziehen Sie sich auf Dokumente, die bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht den aktuellen Stand der Verhandlungen aufgezeigt haben. Die ganze Diskussion zeigt wieder deutlich, dass einige Freihandelsgegner verzweifelt versuchen, TTIP zu diskreditieren. Obwohl der internationale Handel das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und damit ein wesentlicher Garant für Wohlstand und soziale Sicherheit ist.

Um die Transparenz bei den Verhandlungen zu erhöhen, hat die EU-Kommission die eigenen Positionen bereits online gestellt. Darunter ist auch eine Erklärung zu den einzelnen Themen. Darin wird ebenfalls dargelegt, welche roten Linien zum Schutz der Bevölkerung nicht zur Disposition stehen. Siehe hierzu: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/july/tradoc_153636.pdf#204156_2015.2067_TTIP_DE.indd:.92504:506

Die europäischen Standards werden auch mit TTIP weiterhin eingehalten; das bezieht sich auch auf den Import von Waren. So erklärt die EU-Kommission beispielsweise, dass wichtige Regelungen zum Verbraucherschutz beibehalten werden:

* Beschränkungen von Hormonen und Wachstumsförderern in der Tierhaltung werden weiterhin fortbestehen
* Anbau und Verkauf genetisch veränderter Organismen werden weiterhin genehmigungspflichtig sein
* die EU wird ihr Recht auf Regulierung und bedarfsgerechtes Handeln voll und ganz wahren
* das Vorsorgeprinzip wird auch weiterhin im EU-Recht verankert sein.

Die Frage nach den ökonomischen und ökologischen Vorteilen von "über den Teich geschipperten" Lebensmitteln ist leicht zu klären. Wenn es ökonomisch nicht vorteilhaft wäre, würde es niemand machen. Am Beispiel von Äpfel ist aber auch zu sehen, dass Äpfel aus Neuseeland, die via Seeweg nach Deutschland gebracht werden, in bestimmten Monaten eine bessere CO2-Bilanz haben als heimische Äpfel. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Äpfel im März in Neuseeland geerntet werden und im April in Deutschland ankommen. Heimische Äpfel, die zu dieser Zeit angeboten werden, müssen umständlich und energieintensiv gelagert werden.

Zu Frageblock B:
Ausländische Investoren sind im Streitfall in erster Linie mit einem völlig fremden Rechtssystem konfrontiert. Daher ist es für Unternehmen schwierig und kostenintensiv, im Ausland ihr Recht einzuklagen. Damit das vereinfacht wird, hat Deutschland vor etwa sechzig Jahren das weltweit erste Investitionsschutzabkommen geschlossen. Mittlerweile hat Deutschland über 130 solcher Schutzabkommen abgeschlossen und damit bis heute gute Erfahrungen gemacht. Dieser Schutz ist nur für Investoren ausgelegt. Staaten haben - im Gegensatz zu Unternehmen - die Möglichkeit, über ihren regulatorischen Rahmen Verordnungen und Gesetze zu erlassen, auf deren Grundlage Investoren sanktioniert werden können.
Auch in der EU besteht die Gefahr, dass Unternehmen enteignet werden. So klagen gegenwärtig die Stadtwerke München vor einem Schiedsgericht gegen den spanischen Staat. Spanien hatte die garantierte Einspeisevergütung für Solarkraftwerke drastisch gekürzt. Damit wurde eine gesetzlich garantierte Abnahme von Energie für eine bereits getätigte Investition gestrichen. Dies ist eine faktische Enteignung.
Um die Schiedsgerichte transparenter zu gestalten, wurde nachträglich ein Investitionsgerichtshof in das CETA-Abkommen aufgenommen. Hier werden zukünftig unabhängige Richter, die von den Vertragsparteien ernannt werden, über Streitfälle zwischen Investoren und Staaten entscheiden. Beide Seiten haben die Möglichkeit, nach einem Urteil in Revision zu gehen. Darüber hinaus sind die Verhandlungen öffentlich, auch die Prozessunterlagen werden veröffentlicht. Die Verhandlungsdelegation der EU setzt sich gegenwärtig dafür ein, dass ein Investitionsgerichtshof ebenfalls bei TTIP genutzt wird. Hiermit kann ein neuer Standard geschaffen werden, um transparenten Investitionsschutz in zukünftigen Handelsabkommen zu gewährleisten.

Ausländische Investoren sind schon seit Jahrzehnten aktiv in Deutschland. Durch die Verlagerung von Produktionsstätten wurden und werden Arbeitsplätze geschaffen, welche die Grundlage für Wohlstand und soziale Sicherheit sind. Unternehmen investieren aber immer nur unter bestimmten Voraussetzungen in einem anderen Land. Diese sind unter anderem Rechtssicherheit und eine Nachfrage nach ihrem Produkt. Wenn sich also genügend einheimische Investoren finden, werden keine ausländischen Firmen in Deutschland investieren. Bereits heute hängen 2,6 Millionen Arbeitsplätze von ausländischen Direktinvestitionen ab. Da wirken Überlegungen zu einer Priorisierung nationaler Investoren eher rückständig und erinnern an die Epoche vor der Europäischen Union.

Zu Frageblock C:
Auch bei einem "living agreement" werden die von der EU-Kommission definierten Grenzen immer eingehalten. Damit kann auch im Nachhinein nichts eingeschleust werden, was den Grundwerten der EU oder ihrer Mitgliedsländer entgegensteht (siehe ebenfalls Antwort zu Frageblock A).

Gerne höre ich hierzu Ihre Bewertung und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Joachim Pfeiffer