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Frage von Jens H. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Jens H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

zunächst vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort auf meine Frage vom 10.08.2015, die mich in diesem Detailgrad wirklich positiv überrascht hat.

Ich muss allerdings konstatieren, dass mich deren Inhalt doch sehr erschrickt und mich in tiefer Sorge um unser Vaterland und unseren Kontinent lässt.

Inbesondere Ihre These, dass die Eurokrise primär keine Eurokrise, sondern eine europäische Staatschuldenkrise sei stellt aus meiner Sicht eine sehr bedenkliche Fehlgewichtung dar.

Seit der Einführung des Euro - Anfang der 2000er Jahre - steigen die deutschen Leistungbilanzüberschüsse kontinuerlich. Zunächst waren die Hauptabnehmer im europäischen Ausland zu finden, später eher in Übersee, weil das europäische Ausland in Schulden versank - das nicht ohne eigene Schuld.

Leistungsbilanzüberschüsse sind gleichbedeutend mit Kapitalexporten und Defiziten beim Import. 2014 waren diese deutschen Importdefizite weltweit am größten; so groß wie die der weltweiten Nr. 2 (China) und Nr. 3 (Saudi-Arabien) zusammen.

Ist das was Sie unter deutscher Exportstärke verstehen ?
Halten Sie diese Entwicklung für nachhaltig und langfristig für wirtschaftlich ?
Sollten das alle anderen Nationen genauso machen ?
Sind wir deshalb ein Vorbild ?
Halten Sie es für machbar, dass alle Nationen exportstark werden und Leistungsbilanzüberschüsse fahren ?
Welche Nationen sollen die Kapitalexporte aufnehmen, wenn das alle Nationen genauso machen ?

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Nicht nur die deutsche Handelsbilanz ist ein Problem. Es gibt auch Probleme bei unseren europäischen Partnern.

Aber ich habe mit Interesse der Rede von Wolfgang Schäuble im Bundestag zum letzten Griechenland-Rettungspaket gelauscht. Mir ist der Merkspruch "Ein jeder kehrt vor seiner Tür und sauber bleibt das Stadtquartier" in Erinnerung geblieben. Sie können sich vlt auch noch erinnern.

Wann kehren wir vor unserer Tür ?

Ganz herzlichen Dank schon im Voraus
Jens Helf

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Helf,

Sie rekurrieren mit Ihrer Kritik an der "Eurokrise" auf die Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands und schließen sich den immer wieder zu hörenden Stimmen an, die deutsche Exportstärke trage zu den wirtschaftlichen Ungleichgewichten in der Weltwirtschaft und in der EU bei.

Die Europäische Kommission hat im vergangenen Frühjahr in einer Überprüfung der Leistungsbilanzen - die Teil des Verfahrens zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte ist - festgestellt, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss von zuletzt 7,7 Prozent des BIP kein übermäßiges Ungleichgewicht darstellt und die deutsche Wettbewerbs- und Exportstärke für den Rest Europas von Nutzen sei.

Zwischen 2007 und 2014 hat sich der Leistungsbilanzüberschuss von Deutschland gegenüber den Ländern der Eurozone von 4,2 Prozent auf rund 1,9 Prozent des BIP halbiert. Besonders stark ist der Überschuss gegenüber Spanien (um rund 84 Prozent), Griechenland (um rund 70 Prozent), Italien (um rund 57 Prozent) und Portugal (um rund 56 Prozent) geschrumpft. Aufgrund der umgesetzten Strukturreformen konnten die Länder ihre Wettbewerbs- und Exportfähigkeit größtenteils verbessern und ihre Leistungsbilanzdefizite senken.

In vielen deutschen Exportprodukten sind Vorprodukte aus dem Ausland enthalten. Insgesamt beträgt der Importanteil der Exporte 43,3 Prozent (Destatis 2010). Die Herkunftsländer profitieren so von den deutschen Exporterfolgen. 3,5 Millionen Arbeitsplätze in den anderen EU-Staaten hängen unmittelbar an der Vorleistungsnachfrage aus Deutschland (Prognos 2014). Steigen die deutschen Exporte um 10 Prozent, nehmen die zugehörigen Ausfuhren der EU-Partner nach Deutschland um rund 9 Prozent zu (IW Köln 2013). Der oft geäußerte Vorwurf, die deutsche Wirtschaft wachse auf Kosten anderer Eurostaaten, ist also nicht haltbar.

Was möchten Sie angesichts dessen vor unserer Tür kehren?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB