Frage an Joachim Pfeiffer von Katja R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
in einer Antwort an mich an 19.03.14 haben Sie mir versichert, das Sie die Bedenken der Bürger sehr ernst nehmen, das habe ich so erstmal geglaubt.
Dann aber habe ich Ihre Rede im Bundestag vom 22.05.14 gesehen und gehört. http://www.youtube.com/watch?v=igKCCZ_X-Qc
Das mir gegenüber geäusserte Verständniss konnte ich dort allerding nicht feststellen. Für mich war eher das Gegenteil der Fall, denn wenn Sie ernsthaft vertreten, das Sie kein Problem mit Investorschutzabkommen haben, spricht das nicht für kritisches Auseinandersetzen mit tatsächlichen Problemen.
Aber Ihre Begründung, warum es gut sein soll, die Verfahren zu haben, ist dann sehr abenteuerlich.
Ist alles gut, was in Deutschland erfunden wurde? Video 15:03-15:06
Ist etwas richtig, weil es schon lange so gemacht wird? Video ab 14:56-15:05
Sind Sie der Meinung die Langlebigkeit eines Verfahren spricht für die Richtigkeit? Wie lange duften Frauen nicht wählen, wie lange gab es die Prügelstrafe oder Kinderarbeit?
Um nur ein paar Beispiele zu nennen, die Sie vielleicht zum Nachdenken anregen könnten.
Ist die von Ihnen vertretene Haltung auch die offizielle Haltung der CDU Fraktion?
Bessere internationale Beziehungen können für beide Verhandlungspartner von Vorteil sein, keine Frage. Warum wird allerdings auf die Zuständigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit erst am Ende der Verhandlungen eingegangen? Wenn die SPD klar äussert, keinem Vertrag mit diesem Inhalt zuzustimmen, Video 53:05- 53:30 sollte dieser Punkt dann nicht am Anfang stehen?
Ist Ihnen bekannt, das der Anteil des Exportes in dem immer wieder bemühten Mittelstand nur 19% beträgt? Da vom Freihandel aber nur der Export profiert, dürfen sich besonders Grossunternehmen am Freihandel erfreuen. Wenn das aber so ist, warum wird dann immer wieder der Mittelstand als Profiteur eines Freihandelsbakommens genannt?
In der Hoffnung auf erhellende Antworten.
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
Ende März 2014 hat die EU-Kommission öffentliche Konsultationen zum Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren in der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) eingeleitet, die es Bürgern, Unternehmen und interessierten Gruppen ermöglichen, ihre Positionen in den Verhandlungsprozess einzubringen. Erst auf dieser Basis wird die EU ihre Verhandlungsposition zum Thema festlegen. Angesichts dieser noch laufenden Konsultationen verstehe ich Ihre Aussage, dass auf das Thema Schiedsgerichtsbarkeit erst am Ende der Verhandlungen eingegangen wird, nicht. Schließlich wird insbesondere in diesem Bereich die Öffentlichkeit explizit in den Verhandlungsprozess einbezogen.
Investor-Staats-Schiedsverfahren sind Teil der Verhandlungen über spezielle Investitionsschutzvorschriften im Rahmen von TTIP. Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls, die rechtsstaatlich und demokratisch begründet sind, dürfen nicht unterwandert werden. Nur Investitionen, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaats stehen, sind durch Investitionsschutzverträge geschützt.
In diesem Zusammenhang wird häufig die Causa Vattenfall genannt. Doch gerade dieser Fall zeigt, dass es bereits jetzt für Unternehmen möglich ist, einen Staat zu verklagen (die Klage läuft auf der Grundlage eines vorhandenen Investitionsschutzabkommens, der sogenannten Energiecharta). Dieses Beispiel demonstriert, dass klarere Regeln zum Schutz von Investitionen im Rahmen von TTIP notwendig sind, die neue Standards in diesem Bereich definieren und damit Vorbild für zukünftige Investitionsschutzabkommen sein können.
Auch Ihre Aussage zur Haltung der SPD gegenüber dem Thema Investitionsschutz ist so nicht richtig. Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagt lediglich, dass er spezielle Investitionsschutzvorschriften im Rahmen von TTIP für nicht erforderlich hält, da er den bestehenden Rechtsschutz vor den nationalen Gerichten auf beiden Seiten des Atlantiks für hinreichend befindet. Das ist nicht gleichbedeutend mit der Verweigerung der Zustimmung für ein Abkommen, in dem Investitionsschutzvorschriften verankert sind. Ganz im Gegenteil wird auch hier abgewartet, zu welchen Ergebnissen das Konsultationsverfahren führt, um dann zu einer informierten Entscheidung zu kommen. Dieses Vorgehen unterstütze auch ich.
Viele deutsche Mittelständler - um nur einige zu nennen, Maschinenbauer, Automobilzulieferer oder auch Medizintechniker - haben einen Exportanteil von 50 bis 90 Prozent. Insofern sind die von Ihnen genannten 19 Prozent nicht repräsentativ für die tatsächlichen Exportstrukturen im deutschen Mittelstand. Da vor allem in mittelständischen Unternehmen viele Jobs generiert werden, ist es von absoluter Wichtigkeit, hier entscheidende Handelserleichterungen herbeizuführen. Im Rahmen von TTIP geht es darum, die Exportbedingungen für den deutschen Mittelstand erheblich zu verbessern, da bisher unterschiedliche Standards und Regulierungen einem Eintritt von mittelständischen Unternehmen auf den US-Markt oft im Wege stehen. Speziell der Mittelstand würde also von einem Wegfall nichttarifärer Handelshemmnisse enorm profitieren. Schätzungen zufolge kommen die Handelshürden, die aufgrund unterschiedlicher Standards und Regulierungen entstehen, einem Zoll in Höhe von 10 bis 20 Prozent gleich. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen leiden unter diesen Belastungen, da sie, im Gegensatz zu großen Unternehmen, nicht über die Mittel verfügen, die dadurch anfallenden Kosten zu tragen. Bei einem Abbau dieser Hemmnisse könnten gerade Unternehmen, die bisher noch nicht im Exportgeschäft mit den USA tätig sind, expandieren.
Grundsätzlich erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich mit den Fakten auseinandersetzen und nicht nur mit Halbwissen diffusen Vorurteilen unterliegen. Sollten Sie einen ernsthaften, konstruktiven Dialog suchen, stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer