Frage an Joachim Pfeiffer von Wolfgang H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
"Stirbt der € - stirbt die EU". Auf diese Formel bringt die Kanzlerin die Notwendigkeit, die EU zwangsweise zusammen zu halten. Darüber hinaus zwinge die Globalisierung den Zusammenschluß der Staaten in Wirtschaftsblöcken.
Ich frage mich - und damit Sie - warum es insbesondere in Asien Staaten gibt, die erfolgreich die Anforderungen der Globalisierung meistern, obwohl sie keiner Wirtschaftgemeinschaft angehören - und mit eigener Währung alle bisherigen Welt-Finanzkrisen gemeistert haben. Dies sind u.a. die Länder Südkorea (60 Mio. Einw.), Japan (130 Mio. Einw.), Taiwan (23 Mio. Einw.) u.a.. Die drei Länder verfügen weder über Energievorkommen noch sonstige Bodenschätze und müssen - ebenso wie Deutschland - diese Rohstoffe am Weltmarkt kaufen, um ihre Industrie am Laufen zu halten.
Angesichts der Tatsache, dass die Finanzschwäche der südeuropäischen €-Staaten dazu führt, dass sich der Exportanteil der Deutschen Wirtschaft mehr und mehr von Europa in Richtung Weltmarkt bewegt, frage ich Sie, ob es nicht sinnvoller ist, dass Deutschland die EURO-Zone verlässt?
Mit einer "neuen" starken DeutschMark-Währung würden sich zwar die Exportpreise erhöhen , dies dürfte jedoch durch den günstigeren Einkauf der Rohstoffe am Weltmarkt weitestgehend kompensiert werden. Das Aufwertungsrisiko war - wie die Vergangenheit zeigt - nie ein Problem für die deutsche Exportwirtschaft. Wäre es nicht sinnvoll, dass die CDU eine solche Modellrechnung von seriösen Wirtschaftprofessoren verschiedener Denkrichtungen einfordert - um dem Auftrag zu genügen: Schaden vom deutschen Volk - und finanzielle Verpflichtungen bis in die übernächste Generation - abzuwenden!
Ein wirtschaftlich und finanzstarkes Deutschland könnte für Europa mehr leisten, als dies mit Bürgschaften für undisziplinierte €-Länder und deren finanziellen Auswirkungen möglich ist.
Diese zahlen weder die "Fettaugen" noch die Abgeordneten mit satten Pensionen - sondern die abhängig Beschäftigten.
Sehr geehrter Herr Hartmann,
ein Ausscheiden aus der Euro-Zone ist für mich absolut keine Option. Ich halte den Euro für ganz und gar essentiell für Deutschland. Wir sind der größte Profiteur der Gemeinschaftswährung. Durch die Probleme in den Krisenländern hält die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins niedrig. Gemessen am Aufschwung der deutschen Wirtschaft in den letzten Jahren hätte dieser wesentlich höher sein müssen. Deshalb refinanzierten sich unsere Unternehmen vom Handwerker bis zum Großunternehmer im Aufschwung der Jahre 2010 und 2011 und auch im nicht mehr ganz so wachstumsstarken 2012 - dies gilt auch für 2013 - so günstig wie nie. Auch der Staat – von der Kommune bis zum Bund - und jeder private Häuslebauer profitieren von den niedrigen Zinsen.
Bedenken Sie folgendes: Unabhängig wie eine Auflösung der Euro-Zone im Detail aussehen würde (Austritt bzw. Ausschluss einzelner Länder; Aufteilung in eine Nord-Euro-Zone und eine Süd-Euro-Zone; Zulassung einer parallelen Weichwährung), so müssen die sehr engen finanz- und wirtschaftspolitischen Bindungen unseres Landes mit dem Euro-Raum und mit der Europäischen Union berücksichtigt werden. Diese sind in den letzten Jahren sehr viel stärker verzahnt worden, als wir es uns bei Eintritt in die Währungsunion vorstellten konnten. Die Auswirkungen eines „Rollback“ wären sehr komplex und tiefgreifend. Das Auseinanderbrechen des Euro würde zu erheblichen Wechselkursanpassungen führen. Im Grunde würden wir in Deutschland mit einer neuen eigenen Währung eine beachtliche Aufwertung erfahren, die unsere mühselig in den letzten Jahren erarbeitete Leistungsfähigkeit entwertet. Die Anstrengungen unserer Arbeitnehmer, u.a. auch durch Lohnverzicht dokumentiert, und der Unternehmer würden mit einem Schlag entwertet. Des Weiteren dürfte es aufgrund der Situation der Banken und Finanzinstitute auch auf den Finanzmärkten zu Turbulenzen kommen, was die Refinanzierung von Unternehmensinvestitionen, aber auch von staatlichen Defiziten erschweren würde. Solche Erstrundeneffekte sind schon tiefgreifend, aber noch halbwegs kalkulierbar. Die viel größere Gefahr besteht in den sog. Zweit- und Drittrundeneffekten, die sich in einer solch komplexen Situation zeitverzögert ergeben würden, die aber niemand wirklich vorhersehen kann. Die Auswirkungen insgesamt würden uns erheblich treffen und zu wirtschafts- und sozialpolitischen Verwerfungen führen. Des Weiteren würden wir wieder als eine Art „Einzelkämpfer“ auf der internationalen Bühne auftreten. Dieser Versuch würde scheitern, denn unser Land würde für sich allein kaum im Konzert der großen Wirtschaftsräume wie Nordamerika und der BRIC-Staaten wahrnehmbar sein. Es gilt die alte Weisheit: Jeder in Europa ist für sich allein viel zu klein, um in diesem Konzert eine wirkliche Rolle spielen zu können. Nur gemeinsam können wir unsere Position einbringen. Ich sehe daher nicht, dass die Rückkehr zu nationalen Währungen ein Zukunftsmodell ist, das aus Sicht unserer Fraktion für Deutschland und Europa erstrebenswert wäre.
Starke ökonomische Argumente sprechen für eine Europäische Währungsunion. Das stärkste Argument ist das Stabilitätsversprechen durch die unabhängige EZB für den gesamten Euro-Raum mit den Vorteilen der Preisniveaustabilität. Weiteres überzeugendes Argument für die Währungsunion ist, dass die Aufgabe des Wechselkurses als Anpassungs- und Wettbewerbsparameter die nationalen Regierungen dazu zwingt, im realwirtschaftlichen Sektor Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Regierungen können Währungsabwertungen als strategisches Instrument des internationalen Wettbewerbs nicht mehr einsetzen. Dies ist ein Vorteil, weil strategische Abwertungen mit Inflation und dem Verkauf eigener Produkte zu unverhältnismäßig reduzierten Preisen einhergehen. Wettbewerb innerhalb der Währungsunion findet somit im realwirtschaftlichen Bereich und nicht mehr mithilfe der Notenpresse statt.
EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso hatte vor einiger Zeit mit Blick auf die allgegenwärtige Krise angemerkt, dass es gerade eine Zeit wie diese sei, für die die Europäische Union gegründet wurde. Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen erinnert sie daran, dass die Europäische Union viel mehr ist als ein gemeinsamer Markt. Zum anderen identifiziert sie die Europäische Union als Lösung und nicht als Ursache des Problems.
Folgende Daten zeigen eindringlich, dass wir unsere Kräfte bündeln müssen, wenn wir in Europa weiterhin ein starkes Gewicht auf der Weltbühne bleiben wollen:
1930 hatten wir in Europa einen Anteil an der Weltbevölkerung von rund 25 Prozent, heute sind es nur noch knapp unter 9 Prozent und in 20 Jahren werden es nach den Prognosen nur noch 5 Prozent sein. Europa ist die einzige Region der Welt, für die das UN/DESA für die Jahre 2010 bis 2060 einen Bevölkerungsrückgang annimmt (minus 4,9 %), während für die Weltbevölkerung ein Anstieg um 39,4% prognostiziert wird.
Der relative Anteil der EU am globalen Bruttosozialprodukt schrumpft ebenfalls, da ihr Wachstum geringer ist als das ihrer wichtigsten Wettbewerber. Im Zeitraum von 1970 bis 2009 sank es von 37,7 auf 28,5% – das entspricht einem Rückgang von 24,4%. Zum Vergleich: Der Anteil Chinas am Welt-BIP im selben Zeitraum erhöhte sich kontinuierlich von 0,9 auf 7,6% – das entspricht einem Wachstum um 712%. Und auch die Entwicklung in den Jahren 2009/2010 weicht nicht von diesem Trend ab: Nach Schätzungen der UNCTAD hat sich das BIP der EU von 2009 auf 2010 um 1,8 Prozent erhöht. Chinas BIP wuchs hingegen um 10,2 Prozent.
Nur wenn wir zusammen stehen, werden wir ein starkes Europa bleiben. Wenn wir unsere Bürger auf diesen europäischen Weg mitnehmen wollen, brauchen wir im Übrigen auch eine stärkere demokratische Legitimation.
Deutschland ist ein Fels der Stabilität in Europa. Unsere Wirtschaft ist stark. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft intakt. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren. Die Jugendarbeitslosigkeit befindet sich auf dem geringsten Stand in ganz Europa. Besonders erfreulich ist, dass auch die Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig sinkt. Die Neuverschuldung wird konsequent zurückgeführt. Unser Wohlstand, unser Wachstum und unsere Arbeitsplätze sind jedoch so eng wie in kaum einem anderen Land von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängig. Deutschland kann es auf Dauer nur gut gehen, wenn es Europa gut geht.
Deutschland muss die anderen Länder ermutigen, diesen Weg mitzugehen. Der Wandel der Europäischen Union von der Schuldenunion zur Stabilitätsunion kann nur gelingen, wenn marktwirtschaftliche Prinzipien genutzt und nicht ausgeschaltet werden. Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion braucht einen stabilen Ordnungsrahmen, der für alle gilt und keine Ausnahmen zulässt. Eigentum, Haftung und Verantwortung sind die bewährten Pfeiler der Sozialen Marktwirtschaft und die einzige Chance für Europa. Unter dieser Prämisse kann ganz Europa in zehn Jahren genauso gut dastehen wie Deutschland heute. Der Euro ist unsere Währung. Die Union setzt sich mit voller Kraft für einen starken Euro und ein wettbewerbsfähiges Europa ein.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer