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Joachim Pfeiffer
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Frage von Heike R. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Heike R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

wir lesen, in Europa soll Wachstum generiert werden
( http://de.nachrichten.yahoo.com/eu-setzt-kampf-gegen-krise-st%C3%A4rker-wachstum-051536208.html )
Die Chinesen wollen Wachstum generieren, ebenso die Amerikaner, der asiatische Raum,....
Alle wollen auf Wachstum setzen. Was eigentlich soll wachsen? Und wo sind die Konsumenten des "Wachstums" ???
Wir lesen doch gleichzeitig in USA geht die Schere zwischen reich und arm immer weiter auseinander, weltweit steigt die Arbeitslosigkeit, Länder in der dritten Welt sind politisch teilweise sehr instabil, in Deutschland sinkt seit Jahren das Reallohneinkommen, das einzige was bei uns wächst ist der Niedriglohnsektor und prekäre Beschäftigungsverhältnisse, etc.
Sehr geehrter Herr Pfeiffer, wem dienen solche "Sprechblasen" von Wachstum schaffen, wenn keine ganz konkreten und beschlossenen Massmahmen existieren? Wem dienen solche Aussagen, die sich seit Jahren stereotyp wiederholen, wenn gleichzeitig amerikanische Banker schon wieder dabei sind die Märkte zu ruinieren?
Wer eigentlich soll diese europäische Wachstum finanzieren, wenn die EU Länder sich, trotz Maastrichkriterien, irrwitzig verschuldet haben und niemand hat es gestoppt ? Wenn die Bundesregierung eine Energiewende beschliesst, die alles nur teurer macht, aber nichts besser; Es fehlt an Stromnetzen, es fehlt an verbindlichen Gesetzen; Der Verbraucher muss für Windenergie zahlen, die aufgrund fehlender Netze gar nicht erzeugt wird, es gibt nach einem Jahr noch immer keine verbindliche Strategie des deutschen Alleingangs, usw.
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer, was soll wachsen? Wie soll es finanziert werden? Welche ganz konkreten Vorstellungen gibt es zum Konsumenten dieses Wachstums in Deutschland, was konkret soll beim deutschen Konsumenten und Bürger wachsen, außer die Steuer-
und/oder Gebühren- und Abgabenlast?

Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Berchtesgaden

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CDU

Sehr geehrte Frau Rogall,

der Artikel der AFP vom 24.05.2012 „EU setzt im Kampf gegen Schuldenkrise auf Wachstum“ veranlasst Sie zu der Frage, was wachsen soll. Wachstum in einer Schuldenkrise muss vorrangig Wirtschaftswachstum sein. Wirtschaftswachstum kann unter mengenmäßigen, materiellen Gesichtspunkten betrachtet werden (quantitatives Wachstum) oder unter qualitativen Aspekten (qualitatives Wachstum). Quantitatives Wachstum zielt auf die rein mengenmäßige Zunahme der gesamtwirtschaftlichen Produktion im Sinne der Zunahme einer Sozialproduktgröße (z. B. BIP) ab. Qualitatives Wachstum beinhaltet neben der reinen Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Produktionsmenge die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen, die Schonung der Umwelt oder die gerechte Einkommensverteilung. Soweit zur Definition. Die Messung des qualitativen Wachstums ist jedoch schwierig. Der Wunsch nach wirtschaftlichen Wohlstand und gesicherten und steigenden Einkommen sowie die Lösung anstehender sozialer Probleme (z.B. Arbeitslosigkeit) sind nur bei anhaltendem wirtschaftlichen Wachstum zu realisieren.

In Deutschland ist angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum ein wirtschaftspolitisches Ziel, ebenso wie Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht. Alle zusammen werden als magisches Viereck bezeichnet. Magisch deshalb, weil sie nicht alle gleichzeitig verwirklicht werden können. Zwischen den einzelnen Zielen bestehen vielmehr Konflikte und Wechselwirkungen, sodass sich wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Erreichung eines Ziels negativ auf die Realisierung anderer Ziele auswirken können.

In der derzeitigen EU-Schuldenkrise halte ich es für prioritär, insbesondere auf Wachstumsinitiativen zu setzen, denn nur mit Wachstum können die überschuldeten Länder ihre Schulden abbauen. Erforderlich ist neben der konsequenten Konsolidierung deshalb unbedingt auch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer, d.h. möglichst von in den betroffenen Ländern selbst erarbeitete makroökonomische Konzepte und Strategien zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen. Dazu braucht es wachstumsfördernde Investitionen, nicht hingegen die Ausweitung von Sozialausgaben, die die Schuldenquote weiter in die Höhe treibt. Um die Produktivität zu steigern, gilt es, neben den allgemeinen Strukturreformen und Privatisierungen auch die Bedingungen für Innovationen zu verbessern sowie die Gründung und das Wachstum von Hochtechnologie-Unternehmen zu erleichtern.

Wenn die Wirtschaft wächst, wächst auch der materielle Wohlstand für die Bevölkerung insgesamt. Wenn Unternehmen mehr erwirtschaften, können sie höhere Löhne zahlen. Höhere Löhne ermöglichen mehr Konsum. Mehr Konsum lässt wiederum die Wirtschaft wachsen.

Hier auch einige Zahlen: Gemessen am dritten Quartal des Krisenjahrs 2008 ist die Zahl der Arbeitnehmer bis zum Herbst 2011 mit 1,9 Prozent schneller gestiegen als die gesamtwirtschaftliche Produktion. Aufgrund der stabilen Beschäftigung sank die Lohnsumme in der Krise kaum und zog danach wieder kräftig an. Bis zum dritten Quartal 2011 stiegen die nominalen Arbeitnehmerentgelte um fast 7 Prozent, preisbereinigt gab es immerhin ein Plus von 3 Prozent. Diese Entwicklung spiegelt sich in den nominalen verfügbaren Einkommen wider, die zwar 2009 um gut 1 Prozent zurückgingen, im Herbst des vergangenen Jahres aber um nahezu 5 Prozent über dem 2008er Niveau lagen. Rechnet man die Teuerung heraus, blieb den privaten Haushalten noch immer ein Plus von 1,2 Prozent. Daher mussten die Bundesbürger im Schnitt selbst in der Krise ihre Einkaufsbudgets kaum kürzen: Der reale private Konsum verzeichnete im dritten Quartal 2009 gegenüber demselben Vorjahreszeitraum nur ein Minus von 0,5 Prozent und stieg zuletzt um fast 2 Prozent über den Vorkrisenwert. Nominal lagen die privaten Konsumausgaben im Herbst 2011 sogar um fast 7 Prozent über dem Niveau vom Herbst 2008. Dass der preisbereinigte Zuwachs weniger üppig ausfiel, lag in erster Linie an den überdurchschnittlich gestiegenen Energiekosten (siehe http://www.iwkoeln.de/de/infodienste/iwd/archiv/beitrag/21717 ).

Deutschland ist ein Fels der Stabilität in Europa. Unsere Wirtschaft ist stark. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft intakt. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren. Die Jugendarbeitslosigkeit befindet sich auf dem geringsten Stand in ganz Europa. Besonders erfreulich ist, dass auch die Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig sinkt. Die Neuverschuldung wird konsequent zurückgeführt. Wir sind stärker aus der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise herausgekommen, als wir hineingegangen sind. Unser Wohlstand, unser Wachstum und unsere Arbeitsplätze sind jedoch so eng wie in kaum einem anderen Land von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängig. Die weltweiten Wachstumsaussichten haben sich in den letzten Monaten auch aufgrund der Staatsschuldenkrise abgeschwächt. Klar ist: Deutschland kann es auf Dauer nur gut gehen, wenn es Europa gut geht. Deshalb wollen wir, dass auch Europa gestärkt aus der Krise herauskommt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB