Frage an Joachim Pfeiffer von Martin S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
mit grossem Interesse habe ich in diesem Forum Ihren Kommentar vom 16.03.2009 gelesen, Was fuer ein weitsichtiger und intelligenter Bundestagsabgeordneter Sie doch sind!
Endlich trifft man einen aufrechten Schergen, der nichts dagegen hat, wenn sich die durch seine Entscheidungen unmittelbar Betroffenen an ihm uneingeschraenkt schadlos halten werden.
Ich stimme Ihnen zu, es ist ja wohl nur gerechtfertigt, wenn man dann Bundestagsabgeordneten gesamtschuldnerisch fuer die Buerger in die Haftung nimmt, wenn die eingegangenen Euro-Buergschaften einmal schlagend werden.
Nun sind die Risiken aus Buergschaften seither deutlich angewachsen. Waren es im Dezember 2011 nur etwa 600 Milliarden EUR, fuer die Sie persoenlich haften, ist es seit letzter Woche deutlich mehr geworden.
Am 28.01.2012 meldete das Handelsblatt Online:
"Am Donnerstag hat der Bundestag für die Reaktivierung des 480 Milliarden Euro schweren Bankenrettungsfonds Soffin gestimmt. Mit den EU-Hilfen stehen die deutschen Steuerzahler nun für mehr als eine Billion Euro gerade."
Nun betraegt das Gesamtrisiko also mehr als der dreifache jaehrliche Bundeshaushalt.
Man kann es hier nicht sehen, ob Sie an diesem Donnerstag auch fuer den Soffin gestimmt haben, oder zumindest dafuer gesorgt haben, dass er genehmigt wird.
Nun also meine erste Frage: Waren Sie auch dabei, als ueber diesen Unsinn abgestimmt wurde, und wofuer haben Sie gestimmt? Auf Abgeordnetenwatch kann man darueber nichts sehen.
Und die zweite Frage: meine Frau hat auf Anraten der Bundesregierung ihre gesamte Altersversorgung durch Riesterrenten-Papiere abgedeckt. Werden Sie persoenlich meine Frau im Rentenalter dann monatlich unterstuetzen, wenn die Allianz uns erklaert, dass ihre Ersparnisse alle in Griechenland versenkt wurden? Der Kollaps ist doch durch Sie mitverschuldet und billigend in Kauf genommen. Da ist es doch nur Recht, wenn Sie persoenlich uns dann monatlich Geld zuschicken.
Sehr geehrter Herr Schweiger,
Ihre absurde Interpretation meiner Antwort vom 16.03.2009 an Hans Weiß kommentiere ich nicht. Gerne erläutere ich Ihnen die Gesamtsituation aus meiner Sicht.
Der im Jahr 2012 stark ansteigende Refinanzierungsbedarf mehrerer Mitgliedstaaten, die nachlassende konjunkturelle Entwicklung sowie die verschärften Eigenkapitalanforderungen an die Banken erhöhen erneut das Risiko von Zuspitzungen an den Finanzmärkten. Mit dem zweiten Finanzmarktstabilisierungsgesetz, welches am 26. Januar 2012 im Deutschen Bundestag – auch mit meiner Stimme – beschlossen wurde, nehmen wir unseren Teil der europäischen Verantwortung wahr und liefern unseren deutschen Beitrag zur Vermeidung von Ansteckungseffekten in der Währungsunion. Um rechtzeitig vorzubeugen, wird daher der bewährte Finanzmarktstabilisierungsfonds - Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) - bis Ende 2012 befristet wiedereröffnet.
In der parlamentarischen Anhörung zu dem Gesetz haben die geladenen Experten die Reaktivierung des SoFFin durchweg begrüßt. Sollte aufgrund unerwarteter struktureller Ausgaben des SoFFin die nach der Schuldenbremse zulässige maximale Kreditaufnahme überschritten werden, so hätte der Deutsche Bundestag einen Plan zur direkten Tilgung der erhöhten Bundesschuld zu beschließen.
Sie wollen die Schuld an der Staatsschuldenkrise mir bzw. den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zurechnen. Gerne an dieser Stelle eine Erläuterung über die Entstehung der Krise. Ihre Entwicklung erfolgte in vier Stadien. Das erste Stadium war die Subprime-Krise rund um den amerikanischen Immobilienmarkt. Im Zentrum standen jene Finanzprodukte, die Kredite für amerikanische Häuser überall in der Welt verstreut haben. Das zweite Stadium war der Vertrauensverlust im internationalen Finanzsystem nach der Lehman-Insolvenz. Daraus resultierte mit der weltweiten Wirtschaftskrise in der Realwirtschaft das dritte Stadium. Als viertes Stadium hat die europäische Staatsschuldenkrise im Mai 2010 mit Griechenland begonnen und inzwischen den Kern des europäischen Finanzsystems erreicht. Diese Verschuldungskrise ist nicht wirklich neu, aber durch die Immobilien- und die Finanzkrise noch weiter aus dem Ruder gelaufen. Nun besteht die Gefahr, dass sich durch die Staatsschuldenkrise wiederum eine neue Finanzkrise entwickelt. Diesen Zyklus gilt es zu durchbrechen.
Ziel muss es sein, den Euro nach innen und außen stabil zu halten. Es gilt jedoch, nicht nur auf Stabilität zu setzen, sondern neben der konsequenten Konsolidierung auch die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer zu stärken. Nur so ist Wachstum möglich, nur so können die Länder ihre Schulden abbauen. Klar ist: Deutschland kann es auf Dauer nur gut gehen, wenn es Europa gut geht. Deshalb wollen wir, dass ganz Europa gestärkt aus der Krise herauskommt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB