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Joachim Pfeiffer
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Frage von Ronny F. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Ronny F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Joachim Pfeiffer

1. Können Sie erfahren, wie viele Unschuldige in den letzten zehn Jahren durch Kriege der NATO oder ihrer Mitgliedsstaaten weltweit umgekommen sind?

2. Gedenken Sie etwas zu unternehmen, um dieses Morden zu beenden?

3. Was ist ihre Meinung, wenn die NATO endlich zu einer Verteidigungsarmee wird, wie dies ursprünglich vorgesehen war? Erst wenn alle Gefahren in der Welt beseitigt, also umgebracht wurden, oder vorher schon?

4. Wann wird Deutschland diese kriegerische NATO mit ihren unendlichen Auslandseinsätzen und ihren Angriffskriegen verlassen, und endlich dahin zurückkommen, was das Grundgesetz für Deutschland vorgesehen hat, nämlich eine REINE Verteidigungsarmee.!

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Franz,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Obwohl ich Ihre in den Fragen anklingende Position nicht im Ansatz teile, will ich Ihnen doch gerne antworten.

Gestatten Sie mir zunächst einige Grundbemerkungen. Die NATO stellt ein ganz wesentliches Fundament der bundesdeutschen Außen- und Sicherheitspolitik dar. Sie war, ist und bleibt Garant unserer freiheitlichen Werteordnung und unserer zivilisatorischen Entfaltungsmöglichkeiten, welche letztlich auch Sie, sehr geehrter Herr Franz, individuell genießen und ausschöpfen können. Es mag sicherlich sein, dass Sie in Ihrem persönlichen Umfeld keine unmittelbare Notwendigkeit erkennen können, eine Armee wie die Bundeswehr zu unterhalten oder sich aktiv an einem multilateralen Sicherheits- und Verteidigungsbündnis zu beteiligen. Aber glauben Sie mir: die Welt ist keineswegs voll von friedlichen Gutmenschen und die Abschaffung des einen wie des anderen hätte fatale Konsequenzen für unser Land. Ich darf Sie an dieser Stelle an die Rolle der NATO zur Beendigung des Kalten Krieges erinnern – was glauben Sie, wo wir jetzt stünden, ohne NATO, ohne Bundeswehr, ohne all die Menschen, die sich über Jahrzehnte für unsere Freiheit, unseren Wohlstand und unsere Zivilisation als Ganzes eingesetzt haben?

Nun zu Ihren Fragen. Es ist sicherlich ebenso richtig wie bedauerlich, dass es im Rahmen der NATO-geführten Einsätze zu Toten in der Zivilbevölkerung kam. Genaue Zahlen darüber liegen mir nicht vor, entscheidend ist hier jedoch allein die Tatsache, dass der Tod jedes einzelnen Zivilisten einer zu viel ist. Da ich jedoch annehme, dass Sie Ihre Fragen konkret auf den aktuellen Einsatz in Afghanistan beziehen, stelle ich Ihnen eine Gegenfrage: Wie hätte denn die Alternative zu dem durch die Vereinten Nationen mandatierten Einsatz der NATO ausgesehen? Afghanistan wäre weiterhin ein Hort des internationalen Terrorismus geblieben, „regiert“ von einem archaischen Taliban-Regime, das mit seiner menschenverachtenden Ausrichtung nicht nur die ganze Region destabilisiert hätte, sondern auch zur unmittelbaren Gefahr für die freie Welt - und damit gerade für Deutschland! – geworden wäre. Wäre das etwa Ihr Wunschszenario gewesen? Gerade am Beispiel Afghanistan lässt sich doch ganz direkt ablesen, welche Erfolge man mit einer robusten Einsatzmandatierung erzielen kann. Während die Afghanen über Jahrzehnte in bitterer Armut lebten, entwickelt sich nun ein starkes Wirtschaftswachstum mit zweistelligen Wachstumsraten. Über sieben Millionen afghanische Kinder können wieder zur Schule gehen, über 3.500 neue Schulgebäude wurden seit 2001 durch die internationale Gemeinschaft errichtet. Zudem gibt es heute über 50.000 afghanische Studenten an fast 20 Universitäten. Ähnlich positiv hat sich die Gesundheitsversorgung entwickelt. Waren vor dem Eingreifen insbesondere die schwächsten Teile der afghanischen Bevölkerung ohne jeglichen Zugang zu medizinischer Grundversorgung, heute sind über 85% der Gesamtbevölkerung medizinisch versorgt. Auch die Lage der Frauen hat sich spürbar verbessert. Zu Zeiten des Taliban-Regimes war Frauen noch jeglicher Zugang zu medizinischen Versorgungseinrichtungen verwehrt, auch in die Schule gehen durften sie nicht. Heute sind sie glücklicherweise bis hoch zum afghanischen Kabinett wieder integraler Bestandteil des afghanischen Gemeinwesens. Und diese zweifellos beeindruckenden zivilisatorischen Erfolge sind doch überhaupt erst durch den bewehrten Schutzschirm der internationalen NATO-Truppen und den beherzten Einsatz unserer Soldaten ermöglicht worden! Bitte stellen Sie sich einmal die Entwicklung Afghanistans in den letzten 10 Jahren vor, wenn die freie Welt nicht eingegriffen hätte: Afghanistan wäre seiner Zukunft beraubt, seine historischen Stätten zerstört und geschändet, seine Menschen mit mittelalterlichen Methoden geknechtet und unterdrückt worden.

Das können und dürfen wir nicht nur im Fall Afghanistan, sondern auch in jeder anderen Weltregion, in der unsere Ideale mit Füßen getreten und in der ganz vitale Interessen der freien Welt bedroht werden, weder dulden noch akzeptieren. Die NATO versteht sich hierbei keineswegs als Angriffsbündnis, sondern lediglich als reaktives Instrument der Mitgliedstaaten, welche dieses erst auf dem Fundament einer breiten Mandatierung durch die Vereinten Nationen auch wirklich einsetzen. Insofern entbehrt Ihre in der dritten Frage implizierte Aussage, die NATO würde mordend über den Erdball ziehen und willkürlich Angriffskriege führen, jeglicher Grundlage und ist schlicht falsch.

Daran anschließend kann ich Ihnen versichern, dass die Bundesregierung keineswegs die Absicht hat, die NATO zu verlassen und Deutschland damit in ein sicherheitspolitisches Abseits zu stellen. Wie eingangs bereits erwähnt, hätte dies fatale Konsequenzen – wir würden dadurch nicht nur unsere Verbündeten, Nachbarn und Freunde im Stich lassen, sondern auch und besonders die europäische Sicherheitsarchitektur nachhaltig destabilisieren. Hiervon würde ein katastrophales Signal ausgehen, getreu dem Motto: „Macht doch da draußen, was ihr wollt, wir kümmern uns nur um uns“. Sind Ihnen eigentlich die Konsequenzen Ihrer Forderungen klar? In unserer globalisierten Welt, von der wir in Deutschland maßgeblich profitieren, müssen wir uns doch genau entgegengesetzt verhalten! Wir müssen uns einmischen, wir müssen uns engagieren, wir müssen unsere freiheitlichen Ideale aktiv verteidigen, wir müssen für unsere demokratischen Ordnungs- und Lebensentwürfe werben und einstehen! Und in Einzelfällen dürfen wir eben genau nicht davor zurückschrecken, diese auch robust mit Waffengewalt zu verteidigen. Nur so können wir unseren Ansprüchen, aber insbesondere auch den Ansprüchen der Staatengemeinschaft an Deutschland gerecht werden und eine vitale und engagierte Rolle - eingebettet in ein kompaktes Sicherheits- und Bündnissystem – im internationalen Kontext spielen. Ihre Vorschläge hingegen sind aber vor diesem Hintergrund denkbar ungeeignet und in jeder Hinsicht kontraproduktiv.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Wahrnehmung der Lebenswirklichkeit in unserem Land und auf unserem Kontinent auf eine etwas vernünftigere Grundlage stellen, stehe für weitere Rückfragen – sollten sie sich auf realistischem Niveau bewegen - jedoch gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB