Frage an Joachim Pfeiffer von Sascha S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sind Sie der Auffassung, dass die Wehrpflicht ein wichtiges Instrument ist, um Gesellschaft und Bundeswehr zu verbinden?
Haben Sie über den Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Evaluierung des Afghanistaneinsatzes abgestimmt (Drucksache 17/1964, http://dip.bundestag.de/btd/17/019/1701964.pdf )?
Haben Sie den Antrag abgelehnt? Wenn ja, warum?
Sind Sie nicht der Auffassung, dass eine transparente Berichterstattung über den Afghanistaneinsatz ein wichtiges Instrument wäre, um Gesellschaft und Bundeswehr zu verbinden?
Sehr geehrter Herr Stoltenow,
Sie fragen, ob die Wehrpflicht ein geeignetes Instrument sei, um Gesellschaft und Bundeswehr zu verbinden. Ich halte die Wehrpflicht in der Tat für eine ganz wesentliche Klammer zwischen Zivilgesellschaft und Bundeswehr. Die Wehrpflicht ist ein Grundelement gesellschaftlicher Teilhabe und gewährleistet durch ihre Struktur die Repräsentanz aller Gesellschaftsschichten. Zudem höre ich oft in meinen Gesprächen mit jungen Wehrpflichtigen, dass gerade in der heutigen "Generation Überfluss" das Verlangen nach klaren Strukturen, aber auch der Wunsch nach physischen wie charakterlichen Herausforderungen wächst. Auch heute entscheiden sich junge Menschen ganz bewusst für den Wehrdienst, nicht selten entwickelt sich die Bundeswehr auch zu ihrer beruflichen Heimat. Ich selbst habe meinen Wehrdienst als charakterbildende Herausforderung wahrgenommen, die mich bis heute prägt, weil sie mich mit Tugenden ausgestattet hat, die mir in jeder Lebenslage behilflich sind: Kameradschaft, Treue, Durchhaltevermögen und Hingabe.
Weiterhin fragen Sie nach dem Antrag der Opposition auf Drs. 17/1964 und meinem diesbezüglichen Abstimmungsverhalten. Der Antrag ist Ende letzter Woche in erster Lesung im Plenum beraten und anschließend an die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden. Eine direkte Abstimmung hat es nicht gegeben. Ich möchte an dieser Stelle aber anmerken, dass die Bundesregierung federführend an der Neujustierung des internationalen Engagements im Rahmen der Afghanistan-Konferenz in London Ende Januar beteiligt war. Sie war es, die ganz wesentlich auf einen stärker ganzheitlich orientierten Ansatz hingearbeitet hat, der insbesondere die jüngsten Entwicklungen und Erfahrungen vor Ort mit einbezieht. Das aktuelle Afghanistan-Mandat des Bundestages trägt diesem Prozess Rechnung. Jetzt, nach nur wenigen Wochen, wieder alles infrage zu stellen, halte ich für einen denkbar ungeeigneten Weg. Denn es geht nun primär darum, die gesetzten Ziele mit allem Nachdruck zu erreichen. Den hierfür benötigten Zeitraum müssen wir den zivilen und militärischen Einsatzkräften vor Ort unter allen Umständen gewährleisten.
Zuletzt fragen Sie mich, ob eine transparente Berichterstattung über den Afghanistaneinsatz von Bedeutung für den Zusammenhalt von Bundeswehr und Gesellschaft sei. Selbstverständlich ist sie das. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der enorme Einsatz unserer Soldaten in Afghanistan in der Bevölkerung nicht nur umfänglich verstanden, sondern auch entsprechend gewürdigt wird. Ich bringe allerdings überhaupt kein Verständnis dafür auf, wenn eine unsachliche -- und nicht selten ideologisch aufgeladene -- Berichterstattung in der Heimat unsere Soldaten in Afghanistan auf unerträgliche Art und Weise diffamiert, ja regelrecht beschimpft. Am Beispiel des Angriffs auf die Tanker im Kunduz-Fluss lässt sich gut dokumentieren, welchen negativen Einfluss die Medien auf die öffentliche Stimmungslage und damit auf die Einsatzfähigkeit der Kräfte vor Ort haben. Denn das Resultat dieser "Hetzkampagne" war, dass die deutschen Soldaten nun nicht mehr auf das gesamte, zu ihrem Schutz zur Verfügung stehende Instrumentarium (in diesem Fall also die Luftunterstützung durch Verbündete) zurückgreifen können, ohne gleich von heimischen Medien hierfür attackiert zu werden. Solche Entwicklungen haben für den Zusammenhalt zwischen Bundeswehr und Gesellschaft nachteilige Konsequenzen und haben zudem eine katastrophale Wirkung auf die Soldaten im Einsatz, denen für die kleinlichen Debatten daheim jegliches Verständnis fehlt. Es muss daher sehr sorgfältig darauf geachtet werden, dass die situativen Einsatzentscheidungen denjenigen überlassen bleiben, die vor Ort die Lage deutlich besser einschätzen können, als irgendwelche pseudoprofessionellen Kommentatoren in Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB