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Joachim Pfeiffer
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Frage von Erich N. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Erich N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Doktor Pfeiffer,

sicherlich haben Sie auch die Debatte über das Kunduz-Bombardement verfolgt.

Jüngst fordert ein Rechtsanwalt Karim Popal Entschädigung von der Bundesregierung für die angeblichen zivilen Opfer des Luftschlags. Die Bundesregierung hat laut dem was man liest und hört sehr schnell und bereitwillig Entschädigung zugesagt.

Etwas zu bereitwillig für meinen Geschmack. Ich weiß nicht, ob Sie Zugang zu diesen geheimen Unterlagen haben, aber mich beschäftigt folgendes:

Prüft der Staat eigentlich solche Forderungen von Herrn Popal auf Wahrheitsgehalt?

Letztlich kann noch gar nicht gesagt werden, ob und wieviele zivile Opfer es gab. Taliban-Unterstützer bzw. Dschihadisten sind für mich keine Zivilisten, auch wenn sie so aussehen. Ich glaube fast, letztlich ist dies kaum zu hundert Prozent nachzuweisen.

Herr Popal äußerte, es seien dort nur fünf Taliban anwesend gewesen. Der Rest seien Zivilisten die dort ums Leben kamen. Wenn man Soldat war/ist, ist das doch wenig glaubwürdig. Sie selbst sind soweit ich weiß auch Hauptmann d.R.

Fällt bei der Prüfung nach der Wahrheit von Herrn Popals Aussagen auch ins Gewicht, dass er einer Organisation angehört, die vom Verfassungsschutz observiert wird?

Als Randinfo und zur Untermauerung meiner Aussagen hier ein Artikel vom Weblog Sicherheitspolitik, der die wesentlichen Pressemeldungen wiedergibt. http://weblog-sicherheitspolitik.info/2009/12/10/karim-popal-im-interview-offene-fragen/

Gruß
E. Nolte

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Sehr geehrter Herr Nolte,

es ist richtig, dass das Bundesverteidigungsministerium gegenwärtig über Entschädigungszahlungen an die Hinterbliebenen der Opfer des Angriffs auf die Tanklaster in Kunduz verhandelt. Da das Verfahren noch läuft und das Ministerium allen beteiligten Parteien Vertraulichkeit zugesichert hat, kann ich gegenwärtig keine Angaben zu Höhe und Verteilung der Entschädigung machen.

Gestatten Sie mir jedoch einige grundsätzliche Bemerkungen:

Zunächst möchte ich unterstreichen, dass die Vermeidung ziviler Opfer für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland von zentraler Bedeutung ist. Der Vorfall in Kunduz ist bedauerlich, der Tod von Zivilisten zutiefst tragisch. An dieser Stelle kann und darf sich Deutschland nicht aus der Verantwortung stehlen. Wir dürfen nicht so tun, als ob der Verlust von Menschenleben ein hinzunehmender Umstand wäre. Eine Aufklärung der Geschehnisse muss daher oberste Priorität haben, damit sich derartige Ereignisse nicht wiederholen. Hierzu ist der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages in einen Untersuchungsausschuss umgewandelt worden, um die Vorgänge in Kunduz vom 4. September 2009 lückenlos aufzuklären und alle notwendigen militärischen und zivilen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Ich kann Ihnen zudem versichern, dass weder das Bundesverteidigungsministerium noch die Bundesregierung Entschädigungen zustimmt, ohne eine belastbare Prüfung der tatsächlichen Vorgänge durchzuführen. Dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen. Als Grundlage hierfür ist jedoch keineswegs nur die Äußerung des Anwalts der Opfer herangezogen worden. Im Gegenteil sind die unmittelbar im Nachgang des Angriffs angefertigten Untersuchungsberichte der NATO sowie der deutschen Feldjäger ausschlaggebend.

Die Entschädigungsdiskussion bzgl. der Vorgänge in Kunduz hat den Eindruck erweckt, es ginge hier um einen außergewöhnlichen Vorfall. Dem ist aber nicht so. Es ist im islamischen Kulturkreis gängige Praxis, Opferfamilien finanziell zu entschädigen. Dieser Vorgehensweise folgte Deutschland bereits in der Vergangenheit, wenn auch in geringerem Maßstab und weniger medienwirksam als im aktuellen Fall. Auch bei unseren Verbündeten im ISAF-Einsatz ist dies die übliche Vorgehensweise. Es mag für uns befremdlich klingen, wenn ungewollte Verluste an Menschenleben über Geldzahlungen kompensiert werden. Dies ist in Afghanistan allerdings nicht ungewöhnlich und in diesem Kulturkreis keineswegs anstößig. Daher werden wir auch im vorliegenden Fall den lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen und eine unbürokratische Entschädigung der Opferfamilien vornehmen.

Gestatten Sie mir zuletzt eine Anmerkung zu Ihrer Kritik am juristischen Vertreter der Hinterbliebenen in Deutschland, Herrn Karim Popal. Ich kann Ihre Bedenken bzgl. seiner Glaubwürdigkeit nachvollziehen. Meinen Informationen nach gibt es jedoch an der Rechtmäßigkeit der Mandatsübertragung durch die afghanischen Familien an Herrn Popal (nach Überprüfungen vor Ort) keinen Zweifel. Oberste Priorität muss jetzt eine schnelle Unterstützung der Betroffenen haben. Ich bin mir sicher, dass das Bundesverteidigungsministerium adäquate Entschädigungsmechanismen auswählt, um die tatsächlich leidtragenden Familien der Opfer kurz- wie langfristig zu unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB