Frage an Joachim Pfeiffer von Sandra H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
ich stelle diese Frage auch weiteren Bundestagsabgeordneten aller Parteien, da ich hoffe, durch die Antworten mir und anderen hier in der begrenzten Öffentlichkeit von Abgeordnetenwatch.de einen Überblick über diese wichtige Problematik zu verschaffen.
Am 28.11.2009 hörte ich eine Meldung des Statistischen Bundesamtes über die sog. "Armutsgrenze". Demnach musste im Jahr 2007 (neuere Zahlen gibt es wohl nicht) ein Alleinstehender mit weniger als 913,00 Euro monatlichem verfügbarem Einkommen in Deutschland als arm gelten.
Daher nun meine (bewusst provokante) Frage: Sind es der Bundesrepublik Deutschland ihre Staatsbürger wert, dass sie mehr als 913,00 Euro monatlich haben, und zwar unabhängig ob erwerbstätig, erwerbslos oder verrentet?
Ich selbst arbeite Teilzeit und habe nur Anspruch auf Wohngeld, komme damit auf knapp 700,00 Euro; und ich kann mir kaum vorstellen, dass es viele Langzeitarbeitslose gibt, die die genannten 913,00 Euro als Transferleistungen beziehen.
Diese Frage hat meines Wissens noch kein Abgeordneter des Bundestages in dieser Form beantwortet, bitte machen Sie den Anfang. Ich halte die beschriebene Problematik nämlich für eine Grundsatzfrage.
Es grüßt Sie freundlich
Sandra Henke
Sehr geehrte Frau Henke,
die CDU hat in ihrer Erfurter Erklärung vom 10. Januar 2009 folgendes beschlossen:
"In Zeiten des demografischen Wandels müssen wir weiter an soliden sozialen Sicherungssystemen arbeiten, die dem Einzelnen im Bedarfsfall eine zuverlässige Sicherung gewährleisten und das Abrutschen in Armut verhindern. Das schließt auch mit ein, dass die Bürgerinnen und Bürger, die ein Leben lang Vollzeit beschäftigt waren, eine Rente oberhalb der Armutsgrenze erhalten. Diese ist bedarfsabhängig und steuerfinanziert auszugestalten."
Es geht also nicht darum, jedem in Deutschland lebenden Bürger sozusagen gratis und ohne Gegenleistung ein staatliches Einkommen über der Armutsgrenze zu verschaffen. Ihnen ist sicherlich bewusst, dass diese Kosten vom Steuerzahler, also auch Ihnen, aufgebracht werden müssten.
Deutschland ist ein Sozialstaat und damit ein Staat, der in seinem Handeln soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit anstrebt, um die Teilnahme aller an den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu gewährleisten. Ziel des Sozialstaates ist es, Lebensrisiken und soziale Folgewirkungen abzufedern (also Einkommensverlust aufgrund von Krankheit, Behinderung, Unfall, Alter, Arbeitslosigkeit), nicht hingegen, wie in Ihrer Frage impliziert, jedem Bürger ohne Ansehen seines Tuns oder Nichttuns 913 Euro zu garantieren.
Die Meldung des Statistischen Bundesamtes vom 27.11.2009, nachzulesen unter http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pm/2009/11/PD09__457__634,templateId=renderPrint.psml , besagt, dass im Jahr 2007 durchschnittlich 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland armutsgefährdet sind. Das Armutsgefährdungsniveau blieb damit gegenüber 2006 unverändert. Ohne die Sozialleistungen des Staates läge die Quote sogar bei 24 Prozent. Das ist eine Verbesserung gegenüber 2006, wo die Quote vor Berücksichtigung der Sozialleistungen bei 25 Prozent lag.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB