Frage an Joachim Pfeiffer von Jochen S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
Sie haben für die Internet-Sperren votiert. Diesbezüglich hätte ich noch ein paar Fragen.
Wie sehen Sie das Vorgehen in Frankreich zu den Internetsperren (Zugang für 1 Jahr gesperrt). Wie würden Sie in diesem Falle abstimmen, wenn dieses in Deutschland versucht wird einzubringen? Schließlich betreibt die Unterhaltungsindustrie starke Lobbyarbeit um das hinzubekommen.
.Löschen vor Sperren:
Im Gesetz steht, falls die Löschung nicht in angemessener Zeit geschieht wird die Sperrung durchgeführt. Was wird in der Regierung als angemessen gesehen? 5 Minuten? 4 Stunden? 1 Woche? Schließlich kann man hier nicht von Fall zu Fall unterscheiden, denn der Grund ist immer der Gleiche.
.Verhinderung einer willkürlichen Sperrliste
Wer kontrolliert denn die Kontrolleure und wer dann wieder die und so weiter? Warum müssen denn die gesperrten eine gerichtliche Nachprüfung machen lassen? Warum wird nicht gleich von Anfang an gerichtlich gesperrt? Warum muss eine eventuell zu unrecht gesperrte Homepage erst den gerichtlichen Weg gehen, um seine Unschuld zu beweisen und nicht gerichtlich seine Schuld?
Es ist nicht die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten zu Urteilen, was Strafsache ist und was nicht. Ebensowenig wie ein Abgeordneter befugt ist in Strafsachen selber zu ermitteln.
.Datenschutz
mhh... Es gibt doch die Vorratsdatenspeicherung. Widerspricht sich das jetzt nicht, wenn die Zugangsdaten nicht gespeichert werden sollen? Durch die Vorratsdatenspeicherung werden doch die Daten gespeichert!?
Das internet kein Raum und erst recht nicht rechtsfrei. Schließlich wurden in Deutschland schon etliche Menschen für Vergehen im Internet Verurteilt, wodrunter auch "Kinderpornographie" gehört.
Wie werden Sie für eine erweiterte Sperrliste stimmen? Hasspropaganda, Uhrheberrechtskritische Seiten, Killerspiele?
CDU wollte die Sperrliste nicht erweitern. Am selben Tag der Verabschiedung kamen Rufe aus der CDU nach einer Erweiterung auf.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Gruß
J.S.
Sehr geehrter Herr Stendel,
gern beantworte ich Ihre Fragen vom 22.Juli 2009.
1. Das französische Verfassungsgericht hat das Gesetz gegen Raubkopierer für verfassungswidrig erklärt. Entsprechende Nachbesserungen wurden durch die französische Kulturministerin angekündigt. Derzeitig wird diskutiert, in Frankreich eine Urheberrechtsabgabe einzuführen. In Deutschland hat momentan niemand die Absicht, die bestehende Gesetzesgrundlage auf die Unterhaltungsindustrie auszudehnen.
2. Die Sperrungen sind Einzelfallentscheidungen. Es ist darum stets neu zu untersuchen, in welchem Land die betreffenden Seiten angemeldet sind. Demnach muss in der Folge analysiert werden, welches Vorgehen Erfolg versprechend ist.
3. Die Kontrolleure werden durch den beim Datenschutzbeauftragten angesiedelten Beirat kontrolliert. Dieser soll gemäß der geschaffenen Gesetzesgrundlage ins Leben gerufen werden und prüfen, ob die Sperrungen in rechtmäßiger Weise vollzogen werden. Im Sinne einer Verhütung von Straftaten erfolgt die Sperrung von Internetseiten zur Gefahrenabwehr. Im Falle der unschuldigen Sperrung kann dies aufgehoben werden, sofern der Betreiber der Homepage nachweist, dass keine Gesetzesverstöße verursacht werden.
4. Der Datenschutz ist gewährleistet. Daten, die an der Stopp-Seite anfallen, werden nicht zur Strafverfolgung verwendet. Anders ist dies bei den Daten, die bei dem Verstoß gegen Gesetze wie im Fall der Nutzung von kinderpornografischen Seiten, anfallen. Die Rechtsdurchsetzung ist zu optimieren, um neue Straftaten zu verhindern.
5. Eine erweiterte Sperrliste ist genau zu prüfen. Da derzeitig keine Details vorliegen, kann ich noch keine Bewertung dazu abgeben. Entscheidend wird es sein, das Ergebnis einer breiten gesellschaftlichen Diskussion abzuwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.Joachim Pfeiffer MdB