Frage an Joachim Pfeiffer von Jochen S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Joachim Pfeiffer,
ich danke Ihnen für Ihre Antwort.
Jedoch stellt sich mir die Frage, lieber etwas tun als gar nichts tun, ob das wirklich der richtige Weg ist?
Frau Dr. von der Leyen hat bereits angekündigt es in dieser Legislaturperiode noch durchbekommen zu wollen. Ist der Ansatz wirklich ein guter, noch schnell was durchzubekommen statt etwas richtig durchzubekommen unter Berücksichtigung aller Fakten?
Vor allem auch die Argumente von objektiven und kritischen Experten, die sich in gewissen Bereichen (z.B. dem Internet) besser auskennen, zuzulassen? Ich selber bin auch in der IT-Branche tätig und muss sagen, dass der BSI in diesem Bereich ganz selten objektiv und fachlich gut argumentiert.
Wie halten Sie es mit dem Grundsatz der Unschuldsvermutung?
Schließlich wird jeder der eine Kinderpornographische Seite ansurft als "Straftäter" gesehen. Ich werde durch einen Link auf eine Internetseite geleitet die mit dem Stop-Schild belegt ist. Laut dem Vorhaben muss ich jetzt nachweisen, dass es genau so gewesen ist. Selbst für IT Fachleute ist es schwierig dieses einwandfrei nachzuweisen.
Nach dem Vorhaben ist es vergleichbar in eine Videothek zu gehen, wo ich dann zufällig einen Kinderpornographischen Inhalt auf einer DVD-Hülle sehe. Als normaler Bürger gebe ich der Polizei oder dem Ladenbesitzer bescheid, dass dies nicht sein darf. Jedoch im Internet werde ich als Straftäter gesehen. Ist dies rechtens?
Wird das Internet von der Politik und vor allem auch von der CDU falsch verstanden? Die CDU sieht das internet als rechtsfreien Raum an, was dieses nicht ist!
(Vgl. http://piratenpartei.net/2009/06/03/was-das-internet-nicht-ist/#more-393 )
Halten Sie eine Schulung von älteren Politikern mit dem Internet und Computern für Sinnvoll?
Schließlich hat u.a. Frau Zypries sich schon als Fachfremd geäußert, in dem Sie keinen Browser kennt. Und solche Politiker entwerfen dann Gesetze an die sich die Fachleute halten müssen.
Sehr geehrter Herr Stendel,
die zuständigen Gremien beraten und diskutieren das Gesetzesvorhaben zur Bekämpfung der Kinderpornografie sehr intensiv. Die kurze zur Verfügung stehende Zeit bis zur parlamentarischen Sommerpause bedeutet nicht , dass man deshalb die Auseinandersetzung mit der Materie vernachlässigen würde, sondern schlicht die notwendigen Gremiensitzungen zeitlich rafft.
Am 27. Mai hat sich der Bundestag in einer Sachverständigenanhörung mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen" beschäftigt. Die Anhörung hat das grundsätzliche Ziel von Ministerin von der Leyen und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestätigt: das so genannte access-blocking, d.h. die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten auf ausländischen Servern, ist eine sinnvolle zusätzliche Präventionsmaßnahme zur Bekämpfung der Kinderpornographie!
Nahezu einhellige Meinung der Sachverständigen war: Sperrlisten können - zusätzlich zu den bestehenden harten und bereits geltenden strafrechtlichen Maßnahmen - einen wichtigen Beitrag zur Prävention leisten und zum Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Kinderpornographie beitragen.
Große Bedenken haben wir insbesondere aus datenschutzrechtlichen und verfahrenstechnischen Gründen im gesamten Bereich der Strafverfolgung sowie damit zusammenhängend bei der Erhebung und Weiterleitung von personenbezogenen Daten. Dieser Komplex, der nicht die Prävention, sondern die konkrete Sanktion, also die Strafverfolgung betrifft, wurde in den Gesetzentwurf auf Begehren des Bundesjustizministeriums eingefügt. Unsere Bedenken wurden von den Sachverständigen nahezu ausnahmslos geteilt. Deshalb plädieren wir für die komplette Streichung dieses Absatzes.
Darüber hinaus teilten die Sachverständigen ausnahmslos unser Ziel, das access-blocking einzig und allein auf Kinderpornographie zu begrenzen. Begehrlichkeiten nach einer Ausweitung des access-blocking auf andere Inhalte oder Themenbereiche erteilen wir eine harte und klare Absage.
Nach der Anhörung kann der Gesetzgebungsprozess nunmehr zügig fortgeführt und noch in den nächsten Wochen zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden!
Sie fragen, ob ich eine Schulung älterer Politiker mit Internet und Computern für sinnvoll erachte. Wir sind in einem Zeitalter angekommen, in dem nach meinem Dafürhalten ohne Computernutzung kein Auskommen mehr ist. Daher halte ich es für jeden für ratsam, sich - auf welche Weise auch immer - mit der Bedienung und Nutzung dieser Technologie vertraut zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB