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Jessica Tatti
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Frage von Reinhard G. •

Frage an Jessica Tatti von Reinhard G. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Tatti,

die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder haben beschlossen, dass
der Bundesarbeitsminister eine Verordnung zum Homeoffice erlassen soll. Danach sollen die Arbeitgeber, wenn das möglich ist, bis zum 15. März Homeoffice zulassen. So habe ich das gehört.

Ist so eine Entscheidung durch das beschlossene Infektionsschutzgesetz gedeckt? Muss hier nicht der Bundestag beteiligt werden? Räumt nicht das Infektionsschutzgesetz vor allem dem Bundesgesundheitsminister bestimmte, genau definierte Rechte ein? Wer würde die Kosten für das Homeoffice tragen? Wie ist es dabei mit dem Datenschutz bestellt? Könnte nicht vielleicht selbst ein gut verschlüsseltes System durch Wirtschaftsspione aus Ost und West „geknackt“ werden?

Mit freundlichen Grüßen

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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die von Ihnen angesprochene Verordnung zum Homeoffice heißt offiziell "SARS-Cov2-Arbeitsschutzverordnung" (Link unten). Der Bundestag muss nicht beteiligt werden, da das vom Bundestag verabschiedete Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlaubt, eine solche Verordnung zu erlassen. Das Infektionsschutzgesetz hat mit dieser Verordnung daher nichts zu tun. Rein formal ist das Vorgehen der Bundesregierung in Ordnung. Politisch finde ich es aber falsch, Homeoffice nur durch ein Ministerium zu verordnen, anstatt im Parlament über eine Lösung zu diskutieren.

Ich kritisiere an der Verordnung, dass Minister Heil auf eine rechtssichere Definition von "Homeoffice" verzichtet hat. Dadurch bleibt unklar, wer für die Kosten des Homeoffices zuständig ist, etwa für Computer, Schreibtisch, ergonomische Sitzmöbel, erhöhte Internet- und Stromkosten etc. Denn "Homeoffice" gibt es im Arbeitsrecht nicht, nur "mobile Arbeit" oder "Telearbeit". Bei mobiler Arbeit trägt der Arbeitgeber keine Kosten und kaum Verantwortung für den Arbeitsschutz, bei Telearbeit dagegen sehr wohl. Ich trete dafür ein, dass die Arbeitgeber auch beim Homeoffice die entstehenden Kosten tragen müssen. Zudem haben sie Verantwortung für die Arbeitssicherheit. Homeoffice darf kein rechtsfreier Raum sein. Diese und weitere ergänzende Forderungen finden Sie auch in meinem Antrag "Für ein Recht auf gute Arbeit im Homeoffice (BT-Drs. 19/26298, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/262/1926298.pdf), der die allgemeinen, nicht Corona-spezifischen Forderungen meiner Fraktion zum Homeoffice zusammenfasst.

Bezüglich des Datenschutzes und der Datensicherheit gelten im Homeoffice eigentlich genau dieselben Rechte und Pflichten des Unternehmens wie im Betrieb selbst. Mit geeigneten Maßnahmen könnte das Arbeiten von zuhause aus ebenso sicher sein wie im Unternehmen. Ein Risiko der Spionage gibt es sowohl im Unternehmen als auch im Homeoffice. Durch die hastige und oftmals ungeplante Ausweitung des Homeoffice kommt der Datenschutz zu kurz. Das finde ich besonders dort bedenklich, wo es um den Sozialdatenschutz und die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten selbst geht. Teils werden sehr bedenkliche Programme eingesetzt, welche die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verletzen oder gefährden. Wir brauchen bessere und mit Sanktionen belegte Kontrollen durch die zuständigen Aufsichtsstellen und starke Betriebsräte, die Defizite aufzeigen und bekämpfen.

Mit besten Grüßen, Ihre Jessica Tatti

Link zur SARS-Cov2-Arbeitsschutzverordnung: https://www.bundesanzeiger.de/pub/publication/5QH1uegEXs2GTWXKeln/content/5QH1uegEXs2GTWXKeln/BAnz%20AT%2022.01.2021%20V1.pdf?inline

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