Frage an Jerzy Montag von Henning H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Montag,
Bekanntlich hat Israel den Atomwaffensperrvertrag (NPT) nicht unterzeichnet und betreibt statt dessen insgeheim eine verbotene Atomrüstung.
Des weiteren ist bekannt, dass die deutsche Politik sich einerseits strikt gegen jede iranische oder arabische Atomrüstung oder -forschung wendet (auch wenn die gemäss unterzeichnetem NPT durch die IAEA kontrolliert wird),
andererseits aber nicht gegen die unkontrollierte israelische Atomrüstung (die von Deutschland sogar noch massiv unterstützt wird z.B. durch die Lieferung atomwaffenfähiger U-Boote als Trägersysteme).
An Sie als Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe hätte ich einige Fragen zu dieser doch sehr einseitigen und m.E. auch extrem unglaubwürdigen deutschen Politik.
1) Teilen Sie die Einschätzung, dass Israel einseitig der Besitz von Atombomben erlaubt sein sollte, allen anderen Staat aber nicht? Dass Israel also die hegemoniale atomare Vorherrschaft ausüben sollte über die ganze Region Nahost?
Dazu muss gesagt werden, dass die israelischen Atombomben nicht nur den Zweck einer Vergeltung (Zweitschlagskapazität) erfüllen, sondern dass in den israelischen Think Tanks durchaus auch die strategische Option eines "präemptiven" israelischen atomaren Erstschlags zur Verhinderung einer iranischen Atomrüstung erwogen wird.
2) Oder teilen Sie vielmehr die Einschätzung, dass die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone Nahost wünschenswert sei? In diesem Fall die Frage: Was konkret unternehmen Sie, um Israel zu einer atomaren Abrüstung zu zwingen oder zu veranlassen? Kommen für Sie gegen Israel dann dieselben wirtschaftlichen und politischen Sanktionen in Betracht, die Sie gegen den Iran fordern?
Für eine konkrete Antwort wäre ich dankbar.
Mit feundlichen Grüssen,
H. Harms
Sehr geehrter Herr Harms,
wir Grüne setzen uns seit jeher für nukleare Abrüstung, eine effektive nukleare Nichtverbreitung & Rüstungskontrolle und den Ausstieg aus der Atomenergie ein.
Es ist bedauerlich, dass sich Israel, aber auch Indien und Pakistan außerhalb des Atomwaffensperrvertrages zu de-facto Atommächten entwickelt haben, die keiner nuklearen Abrüstungsverpflichtung und umfassenden nuklearen Kontrole unterliegen.
Der Atomwaffensperrvertrag steckt in einer Krise. Nicht nur dass die sogenannten "offiziellen Atommächte" bei der Realisierung von Artikel IV des NPT (Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung) bislang versagt haben, sondern der Vertrag wird durch bilaterale Deals wie dem zwischen der USA und Indien weiter entwertet.
Wir fordern, dass auch die Nichtmitglieder des NPT sich den gleichen umfassenden Kontrollen der IAEO und auf lange Sicht ebenso strengen Abrüstungsverpflichtungen unterwerfen wie die Atomwaffenstaaten. Deshalb kritisieren wir die Lieferung von atomwaffenfähigen U-Booten an Israel durch die Bundesregierung. Deutschland darf auf keinen Fall zur Nuklearaufrüstung beitragen, auch nicht im Fall von Israel. Dies wäre eine völlige Abkehr von der deutschen Nichtverbreitungspolitik.
Sie sprechen die Atomrüstung des Iran an. Es ist tatsächlich höchst alarmierend, dass das Regime von Ahmadinedja den Besitz einer Atombombe anstrebt, wiederholt Israel bedroht und mit der Unterstützung von Hamas und Hisbollah seine Sicherheit gefährdet und damit die Stabilität der Region massiv untergräbt. Sie haben Recht - der Iran hat den NPT unterzeichnet. Damit steht ihm das Recht auf friedliche Nutzung der Atomenergie zu. Dieses Recht ist allerdings gebunden an eine Transparenz des Atomprogramms gegenüber Kontrolleuren der IAEO. Genau diese hat der Iran jedoch in entscheidenden Frage verweigert. Alarmierend und beunruhigende Zeichen einer Eskalation sind aber auch einige Äußerungen und pauschale Vorwürfe der US-Administration gegenüber dem Iran. Wir sprechen uns für eine friedliche Verhandlungslösung aus. Militärische Drohungen seitens der USA oder Israel sind kontraproduktiv. Nur Abrüstungsgespräche mit der EU können die Pragmatiker innerhalb der iranischen Regierung weiter stärken.
Beste Grüße,
Jerzy Montag