Frage an Jerzy Montag von Johann G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Jerzy Montag!
Frage: Weshalb hat die Fraktion der Grünen und Sie nicht den Gesetzesentwurf über die "Zwangsmedikation" konsequent bei der Abstimmung abgelehnt, sondern sich nur der Stimme enthalten? Zunächst Dank für Ihre ausführliche Antwort und ich bitte um Entschuldigung für teilweise unrichtige Feststellungen. Gleichwohl überzeugen mich Ihre Antworten nicht. Darin führen Sie s e l b s t eine Reihe wesentlicher Gründe auf, die gegen diese gesetzliche Regelung sprechen! Das geplante Schnellverfahren kommt dem Argument, dass die Zwangsmedikation dringend einer gesetzlichen Regelung bedurfte ist, fragwürdig entgegen!
Frage: Ist Ihnen bekannt, dass die Europäische Kommission plant, Medikamente zu zulassen, ohne eine Ethikkommission vorher beratend einzubeziehen, wie dies in Deutschland praktiziert wird?
Frage: Ist Ihnen die schwerwiegende Menschen- und Grundrechtsverletzung gegenüber dem unschuldigen Herrn Gustl Mollath und das Versagen der bayerischen Justiz bekannt?
Frage: Ist Ihnen bewußt, dass über die vorschnelle, ethisch und gesetzgeberisch unausgereifte gesetzliche Regelung über die Zwangsmedikation, Herr Mollath gegen seinen Willen relativ einfach gegen seinen Willen mit Neuroleptika behandelt werden kann und diese Medikamente vielfach nicht heilen, sondern Krankheitssymptome erzeugen können?
Das Gesetz über Zwangsmedikation, die Tatsache, dass immer mehr Menschen in die Forensik eingewiesen werden, Medikamente ohne Ethikkommission u.U. zugelassen werden und die Ausgangslage, dass mit Psychopharmaka ein Milliardengeschäft gemacht wird, kann nicht isoliert, sondern muß im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang bewertet werden, um politischer Verantwortung und ethischen Maßstaben gerecht zu werden! Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Gura,
ich möchte mich für Ihre neuerlichen Fragen zum Thema Zwangsbehandlung bedanken.
Sie fragen mich, weshalb ich, wie die übrige Bundestagsfraktion von Bündnis90/die Grünen, nicht etwa gegen das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme der Regierungskoalition gestimmt habe, sondern mich vielmehr enthalten habe.
Ich denke, dass ich Ihnen die Gründe für meine Enthaltung bereits dargelegt habe:
Natürlich kann man in dieser, wie mir wohl bewusst ist, nicht nur ethisch äußerst schwierigen Angelegenheit unterschiedlicher Auffassung sein; ich bin dennoch der festen Überzeugung, dass eine gesetzliche Regelung in der Frage der medizinischen Zwangsbehandlung dringend geboten war und sich der Regierungsentwurf grundsätzlich in die Richtige Richtung bewegte. Dennoch hatte er einige Schwächen, welche es mir unmöglich machten, für den Entwurf zu stimmen: Eine Stimmenthaltung war damit logisch und konsequent.
Zu Frage 2: Der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission, die Regelungen für klinische Arzneimittelprüfungen zu vereinheitlichen ist mir bekannt. Allerdings sind sich in diesem Falle Bundestag und Bundesrat einig, dass wir uns am geltenden deutschen Arzneimittelrecht orientieren sollten und eine Senkung des Schutzniveaus verhindert werden muss. Insbesondere das Vorhaben, medizinische Studien künftig ohne Einbeziehung einer unabhängigen interdisziplinären Ethikkommission durchzuführen halten wir Grüne für nicht hinnehmbar.
Zu Frage 3:
Selbstverständlich ist mir der Fall von Herrn Mollath bekannt; zumindest ist das endlich eingeleitete Wiederaufnahmeverfahren ein Schritt in die richtige Richtung. Hier hat die Bayrische Justiz nun die Gelegenheit, ihren ramponierten Ruf zumindest teilweise wiederherzustellen.
Ganz aktuell haben die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und der Freien Wähler gestern die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses in der Causa Mollath beantragt und arbeiten derzeit einen Fragenkatalog aus.
Mit freundlichen Grüßen
Jerzy Montag