Frage an Jerzy Montag von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Montag,
Wie Sie vermutlich wissen wurde das Handelsabkommen ACTA unlängst unterzeichnet. Es gibt innerhalb der Bevölkerung große Vorbehalte gegen dieses Abkommen, das hinter verschlossenen Türen verhandelt, eine Zensur des Internets einleiten wird. Das Abkommen muss noch von europäischen und nationalen Parlamenten bestätigt werden.
1. Sind Sie mit dem vollständigen Text des Abkommens vertraut. Wenn ja stellen Sie diesen bitte samt Kommentaren der Öffentlichkeit zur Verfügung
2. Halten Sie das bisherige Vorgehen in diesem Falle mit demokratischen Prinzipien vereinbar?
Ich möchte Sie als Abgeordneten höflich auffordern dieses Abkommen keinesfalls zu unterstützen, ganz im Gegenteil alle Ihre Möglichkeiten zu nutzen dieses zu verhindern.
Bitte informieren Sie auch Ihre Kollegen im Europaparlament
Informationen zu ACTA finden Sie unter http://www.digitalegesellschaft.de
mit besten Grüßen
Andreas Schlutter
Sehr geehrter Herr Schluter,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 2. Februar 2012. Sie weisen daraufhin, dass ACTA hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wurde und deshalb gestoppt werden muss. Leider komme ich erst heute dazu, Ihnen zu antworten.
Sie haben Recht: das Abkommen wurde in einem intransparenten Prozess erarbeitet. Wichtige Zusatzprotokolle sind immer noch nicht veröffentlich worden. Weder die Schwellenländer noch die Zivilgesellschaft der Unterzeichnerstaaten waren ausreichend in das Verfahren eingebunden. Zahlreiche Dokumente wurden als Verschlusssachen behandelt. Eine breitangelegte öffentliche Diskussion war daher nicht möglich. Insofern begrüße ich es, dass das Abkommen nun vorerst nicht ratifiziert wurde. Die kritischen Stimmen und die Proteste haben Wirkung gezeigt. Der Vertrag ist auf Eis gelegt. Ob ACTA damit endgültig gescheitertert ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt, allerdings noch nicht absehen.
Auch inhaltlich ist ACTA unausgereift. Das Abkommen ist einseitig auf die Stärkung der Rechteinhaber ausgerichtet. Die Rechte der Nutzer, beispielsweise Datenschutzregelungen und Rechtsschutzmöglichkeiten der Nutzer, werden hingegen ausgeblendet. Die nun beschlossene Prüfung des Abkommens durch den EuGH ist in diesem Zusammenhang wichtig. Sie ersetzt aber nicht die weitere politische Diskussion, wie das bestehende Urheberrecht modernisiert werden kann. Die Herausforderung, die die rasante Entwicklung im Internet und in der digitalen Welt darstellt, muss nun angenommen werden. Es ist an der Zeit eine nationale, europaweite und globale Reform des Urheberrechts zu erarbeiten.
Ihrer Bitte, den Vertragsentwurf zur Verfügung zu stellen, komme ich gerne nach, soweit er mir selbst zugänglich ist. Unter folgendem Link finden Sie den Text des Abkommens auf Deutsch:
http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/11/st12/st12196.de11.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Jerzy Montag