Frage an Jerzy Montag von Reinhard S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Montag,
ich habe zu der von Ihnen eingebrachten Regulierung des privaten Waffenbesitz folgende Fragen:
1. Was wollen Sie gegen den illegalen Waffenbesitz unternehmen, von dem laut BKA-Statistik 98 % der Straftaten mit Waffeneinsatz ausgeht? Ihre Initiative kann nur 2 % der Straftaten mit Waffen reduzieren.
2. Wenn es Ihnen - wie in der Begründung aufgeführt - um Verhinderung von Amokläufen geht, würde ich gern wissen wollen, was Sie gegen die Amokläufe mit Messern, Brandsätzen und wie bereits sehr häufig geschehen mit Kraftfahrzeugen unternehmen wollen?
3. Ich übe im unmittelbarem Umfeld meines Wohnsitzes die Jagd aus. Laut Pos. 1 Ihres Reformentwurfs müssen künftig Jäger vor dem Ansitz z.B. in die nächste Kreisstadt fahren - bei mir etwa 18 km, hin und zurück also 36 km - dann zur Jagd gehen und anschließend die Waffe wieder zurück bringen. Ergibt 2 x 36 km = 72 km. Für einen Morgen- und Abendansitz zusammen 144 km am Tag.
Pro Jahr ereignen sich ca. 230.000 Wildunfälle. Ich werde mehrfach im Jahr von der Polizei oder Anwohnern zur Nachsuche nach verletztem Wild gerufen. Künftig muss ich also erst 36 km hin und her fahren, ehe die Qualen des Tieres beendet werden können.
Die Waffenstation muss allein wegen vorstehender Beispiele täglich 24 Stunden zugänglich sein. Darüber hinaus müsste sie festungsähnlich ausgerüstet und von mehreren Wachposten geschützt werden, schließlich sind bereits Waffendepots der Bundeswehr ausgeraubt worden.
Wie wollen Sie künftig die Jagdausübung gewährleisten?
Wer soll den riesigen Aufwand für das Waffendepot bezahlen?
4. Pos 3 und 4 Ihres Vorschlags richten sich gegen die Munitionsstärke. Wie verträgt sich Ihr Vorschlag mit § 19 des Bundesjagdgesetz, wonach zur Erlegung von Wild von den Patronen eine Mindestenergie gefordert wird?
Kann es sein, dass Ihre Initiative einer schöngeistigen Ideologie folgend, nicht zu Ende gedacht formuliert wurde?
Reinhard D. Schulz
aus Bückchen in Märkische Heide
Sehr geehrter Herr Schulz,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Argument, von legalen Waffenbesitzern gehe statistisch keine relevante Gefahr aus, ist nicht neu. Sie wissen, dass schon die Abgrenzung von legalen und illegalen Waffen nicht immer ganz leicht ist. Viele Waffen im illegalen Handel sind – bei legalen Besitzern – gestohlen oder auf andere Weise abhanden gekommen. Die Gefährlichkeit illegaler Waffen ist im Übrigen völlig unbestritten. Wir Grüne waren es, die immer wieder zu verstärkten Anstrengungen aufgefordert haben und beispielsweise die viel zu lange verzögerte Einführung des nationalen Waffenregisters verlangt haben, um eine genaue Übersicht zu bekommen, wer wo was besitzt und lagert. Es waren zudem vor allem Bündnis 90/Die Grünen, die eine schärfere Gangart gegen das öffentliche Tragen von Messern eingefordert und sogar teilweise durchgesetzt haben. Sie sehen, wir sind auf diesem Auge keineswegs blind.
Dennoch können wir die Probleme bei der unbegrenzten Lagerung von Schusswaffen und Munition in Privatwohnungen nicht gegen die Probleme des illegalen Besitzes und Gebrauchs von Waffen ausspielen. In ihrer Aussagekraft sind die entsprechenden Argumente ein wenig vergleichbar mit dem Hinweis auf die Zahl der Verkehrstoten gemessen an dem Schaden durch Atomkraftwerke. Lassen Sie mich generell anmerken, dass sich bestimmte Exzesse nur schwer statistisch messen lassen. Wie wollen Sie die Zahl von 12 ermordeten Kindern in Winnenden ins Verhältnis setzen mit anderen Straftaten? Das geht nicht. Wenn Sie mit den Eltern, Geschwistern und Freunden dieser Kinder und Jugendlichen sprechen, verliert das Argument der mangelnden empirischen Relevanz dieser Amoktaten auch deutlich an moralisch vertretbarer Überzeugungskraft.
Selbstverständlich kann man Amokläufe nicht nur mit Schusswaffen unternehmen. Fast jeder Gegenstand ist dazu geeignet, anderen Menschen damit Schaden zuzufügen. Aber zum Beispiel ein Kraftfahrtzeug ist in erster Linie ein Fortbewegungsmittel, eine Waffe hingegen ist und bleibt eine Waffe.
Worum geht es uns also bei dem Antrag? Uns ist klar, dass bestimmte Personen Waffen zu Hause bereithalten müssen. Das gilt für Jäger, die in der Nacht gerufen werden, um beispielsweise ein angefahrenes Wild zu erschießen. Das gilt auch für den kleinen Kreis gefährdeter Personen, die auf Waffen angewiesen sind. Aber müssen zum Beispiel Sportschützen Waffen und Munition in der Wohnung lagern? Mit der persönlichen Zuverlässigkeit der Schützen selbst ist es eben nicht getan. In den meisten Haushalten leben auch andere Menschen - mit ihren oftmals nicht einmal in der Familie bekannten Problemen.
Wie Sie auf Seite 3 unseres Antragstextes ( http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/021/1702130.pdf ) sehen können, stellen wir uns besondere Regelungen für Jägerinnen und Jäger vor. Dort heißt es: "Für Jäger können abweichende Regelungen gefunden werden, die der besonderen Situation – etwa dem Fehlen von Vereinshäusern – gerecht werden. Auf Grund der höheren Anforderungen, die an die Zuverlässigkeit von Jägern gestellt werden, ist dies aber auch zu rechtfertigen." Somit dürften Fälle, wie Sie von Ihnen unter Punkt 3 beschrieben wurden, auch nach der Umsetzung unserer Forderungen nicht vorkommen.
Was die Kaliber und die Munitionsstärke der Waffen angeht, sagt unser Antrag Folgendes: "Großkaliber-Kurzwaffen haben im privaten Bereich keine Existenzberechtigung. Gerade Großkaliber-Kurzwaffen sind wegen ihrer leichten Handhabbarkeit und ihrer enormen Durchschlagskraft ein nicht zu vertretendes Sicherheitsrisiko. Sie dürfen nicht länger als Sportgeräte eingestuft werden. Das Schießen mit ihnen darf nicht mehr in Sportordnungen genehmigt werden. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat ihren Einsatz im Schießsport ausdrücklich kritisiert. Die Leistungskraft der verwendeten Geschosse ist entscheidend für das Sicherheitsrisiko, das sie darstellen. Munition, die ein besonders hartes Material, geringes Geschossgewicht und hohe Geschossgeschwindigkeit verbindet, ist besonders gefährlich. Dazu gehören auch die unter dem makabren Namen ´Cop-Killer´ zu trauriger Berühmtheit gelangten Geschosse. Sportschützen benötigen keine Munition, die sogar dünne Wände oder die Schutzausstattung von Polizeibeamten durchschlagen kann. Ihr Verbot wäre ein effektiver Beitrag zur öffentlichen Sicherheit." Brauchen Sie wirklich panzerbrechende Munition um ein Reh zu erlegen? Ich glaube nicht.
Ist es wirklich so weltfremd zu erwarten, dass auch die Jägerinnen und Jäger überlegen, wie sie mit der Situation umgehen und welche Konsequenzen sie zu ziehen gedenken? Es wäre hier überaus hilfreich, wenn statt eines pauschalen NEIN konkrete Vorschläge kommen würden, wie die Problematik der in Privatwohnungen gelagerten Waffen gelöst oder zumindest entschärft werden könnte.
Ich hoffe, Ihnen dargelegt zu haben, warum die Vorschläge in unserem Antrag keine unangemessene Beeinträchtigung der Jägerinnen und Jäger darstellen, sondern vielmehr einen Beitrag für die öffentliche Sicherheit leisten sollen.
Mit freundlichen Grüßen
Jerzy Montag