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Jerzy Montag
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Frage von Christiane T. •

Frage an Jerzy Montag von Christiane T. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Montag,

seit dem Vorfall im AKW Fukushima in Japan verfolge ich die Diskussion um den Ausstieg aus der Kernkraft. Klar ist für mich, dass der Ausstieg längst hätte passieren müssen, bzw. dass kein Politiker vor seinem Gewissen und uns Wählern die Nutzung dieser Energie verantworten kann.

Völliges Unverständnis hege ich für die Tatsache, dass die Betreiber von AKWs nicht nach dem Verursacherprinzip behandelt werden. Wenn ICH Müll verursache, muss ich für seine fachgerechte Entsorgung geradestehen, ich bezahle Müllgebühren, recycle Papier, Plastik und Glas, und was geschieht mit den großen "Dreckschleudern" ? Vater Staat sorgt für die Auffindung und Überprüfung von Zwischen- und Endlagern. Wer kommt für den Transport zu den Wiederaufbearbeitungsanlagen, oder zu den diversen Zwischen- oder Endlagern auf? Wer für die Wiederaufbereitung, die Polizeieinsätze, Forschungsprojekte? Wer bezahlt oder beseitigt Umweltschäden, entschädigt kranke Menschen? Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob die Betreiber hierbei einen Anteil bezahlen (bitte klären Sie mich diesbezüglich auf), aber ich gehe davon aus, dass all dies oder zumindest ein Großteil davon von unseren Steuergeldern bezahlt wird. Für den Strom, den ich verbrauche bezahle ich ja sowieso. Wir beziehen im Übrigen Öko-Strom.
Mein persönliches Fazit: Kein Stromanbieter muss sich beschweren, wenn die staatlich subventionierte Energie, durch deren Verkauf er Milliarden erwirtschaftet, plötzlich nicht mehr so populär ist, bzw. als Einnahmequelle wegfallen wird. Das fehlende Verursacherprinzip ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und niemand könnte ernsthaft ein AKW betreiben, wenn er für alle damit zusammenhängenden Kosten verantwortlich gemacht würde. Dass das lange möglich war, rechtfertigt nicht ein Weitermachen auf dieser Basis. Das sollten die zuständigen Politiker den Betreiberfirmen endlich klar machen!
Mit freundlichen Grüßen,

Christiane Thalmayer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Thalmayer,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie haben völlig Recht, die Atomenergie ist eine unbeherrschbare Hochrisikotechnologie. Alle Atomkraftwerke, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, müssen so schnell wie möglich abgeschaltet werden.
Die Grüne Bundestagsfraktion hat einen Fahrplan vorgelegt, wie wir den deutschen Atomausstieg bis 2017 schaffen können:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/atomausstieg/dok/375/375532.fahrplan_atomausstieg.html

Nach deutschem Gesetz gilt für Atommüll das Verursacherprinzip: Wer ihn produziert, muss die Entsorgung bezahlen.
In der Praxis haben die AKW-Betreiber jedoch den Großteil der Kosten geschickt abgewälzt. So stammt z.B. der Atommüll im ehemaligen Salzbergwerk Asse nicht – wie offiziell behauptet – zu lediglich fünf Prozent aus kommerziellen Atomkraftwerken, sondern zu drei Vierteln, vor allem aus den AKWs Obrigheim und Gundremmingen.
Der Trick: Der Müll aus den AKWs wurde zunächst in die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) geliefert und dort auf Kosten des Staates und unter Beteiligung der AKW-Betreiber noch einige Monate „beforscht“. Für die AKW-Betreiber war die WAK eine exzellente Waschanlage: Kommerzieller Müll ging rein, staatlicher kam wieder raus.
Die Asse ist marode und der denkbar schlechteste Ort, um radioaktiven und giftigen Müll zu lagern. Jetzt müssen die mindestens 126.000 Fässer geborgen werden. Dabei weiß niemand so genau, was in den Fässern schlummert. Die Asse ist ständig von einem massiven Wassereinbruch bedroht. Schon jetzt sickern täglich zwölf Kubikmeter Wasser in das Bergwerk. Und das Wasser wird zu einer massiven Bedrohung. Es besteht die Gefahr, dass radioaktive und giftige Stoffe ausgespült werden und so ins Grundwasser gelangen. Die Feuchtigkeit bedroht die Stabilität der Kammern. Korrosion und Zersetzungsvorgänge werden beschleunigt, und es entstehen explosive Gase wie Wasserstoff und Methan. Nun muss die Asse saniert werden. Für die Asse zahlen die Atomkonzerne 1,9 Millionen Euro, während die Sanierung wahrscheinlich 2 bis 4 Milliarden Euro kosten wird. An der Stilllegung des DDR-Endlagers Morsleben haben sich die Atomkonzerne mit 85 Millionen Euro beteiligt. Die tatsächlichen Kosten lagen jedoch bei 2,3 Milliarden Euro. Die Differenz wurde aus dem Steuersäckel beglichen. Der Steuerzahler muss also für die Altlasten der Atomindustrie gerade stehen.

Jede Kilowattstunde Atomstrom wird mit etwa vier Cent subventioniert. Bei den Erneuerbaren Energien beträgt die Subvention nur zwei Cent. Vier Cent, das klingt ja nicht viel. Wenn aber bedacht wird, wie viel Strom deutsche Meiler seit ihrer Inbetriebnahme produziert haben, kommt eine beachtliche Summe zusammen. Da die Meiler längst abgeschrieben sind, klingelt es mit jeder produzierten Kilowattstunde in der Kasse der Betreiber. Bisher hat der Staat 204 Milliarden Euro Steuergeld in die Atomwirtschaft gesteckt. Und es kommen weitere Kosten auf uns zu. Die Entsorgung der Brennstoffe und die Rückholung des Atommülls aus der maroden Asse. Es wird mit weiteren Kosten für den Staat von 100 Milliarden Euro gerechnet.
Atomkraftwerksbetreiber müssen nur eine Haftpflichtversicherung über 2,5 Milliarden Euro nachweisen. Darüber hinaus haftet der Betreiber mit seinem gesamten Kapital. EnBW, E.on, RWE und Vattenfall verfügen zusammen über 40 Milliarden Euro Kapital. Diese Summe würde bei weitem nicht ausreichen, um die durch einen GAU entstehenden Schäden zu decken. Für alle Schäden, die darüber hinausgehen, haftet der Staat und damit der Steuerzahler. Die Prämien für eine Haftpflichtversicherung, die die geschätzte Schadenssumme von 2,5 bis 5,5 Billionen Euro abdecken würde, wären so teuer, dass sich der Betrieb von Atomkraftwerken nicht mehr rentieren würde. Das Einspringen des Staates im Schadensfall sorgt dafür, dass die Kraftwerksbetreiber diese Versicherungen nicht abschließen müssen. Diese Haftungsgarantie des Staates ist eine implizite Subvention.

Weitere Informationen zum Atommüll finden Sie in dieser Broschüre der Grünen Bundestagsfraktion: http://www.gruene-bundestag.de/cms/publikationen/dokbin/279/279111.flyer_atommuell.pdf

Außerdem hat die Grüne Partei "20 Fakten über Atomkraft" zusammengestellt, die Sie auch interessieren könnten: http://www.gruene.de/einzelansicht/artikel/20-fakten-ueber-atomkraft.html

Natürlich sind nicht nur die PolitikerInnen, sondern auch die Menschen gefordert. Als Verbraucherin Ökostrom zu beziehen, ist genau der richtige Weg. Damit zeigen Sie den Atomkonzernen, dass Sie kein Geld für die Energieform der Vergangenheit ausgeben wollen. Es hilft, wenn Sie noch viele andere Menschen zum persönlichen Atomausstieg animieren: http://atomausstieg-selber-machen.de/

Mit freundlichen Grüßen

Jerzy Montag