Frage an Jerzy Montag von Kersten L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Montag,
nach dem Reaktor GAU in Japan sorge ich mich um unsere Gesundheit. Leider
muß ich feststellen, daß die Bundesregierung die Öffentlichkeit nicht informiert,
vgl auch die Meldung des Umweltinstitutes München vom 29.03.2011.
( http://www.umweltinstitut.org/pressemitteilungen/2011/2011_03_29_2-865.html ).
Ist es richtig, daß die Sicherheitsstandards für japanische Lebensmittel gesenkt
worden sind?
Bitte drängen Sie auf eine offenere Informationspolitik!
mfg
Lothar Kersten
Biologe
Sehr geehrter Herr Kersten,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ja, ich gebe Ihnen Recht, die Informationspolitik der Bundesregierung lässt tatsächlich sehr zu wünschen übrig.
Und ja, es stimmt auch, die Grenzwerte von Cäsium 134 und Cäsium 137 sind EU-weit angehoben worden. Bisher ergeben sich die Werte aus der VO 733/2008/EG (die sogenannte Tschernobyl-Verordnung). Diese Verordnung wurde erlassen, um Grenzwerte für Lebensmittel festzulegen, die nach dem Unfall von Tschernobyl noch mit radioaktivem Cäsium belastet sind (heute z.B. noch Pilze und Wildbrett). Diese Verordnung stellt dabei auf eine langfristige Belastung ab.
Die jetzt erlassene Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission dagegen ist nur 3 Monate gültig. Sie war als reine Vorsichtsmaßnahme gedacht. Durch die Verordnung werden Höchstwerte für radioaktive Isotope, Cäsium, Iod, Plutonium und Strontium festgelegt. Sie ermöglicht EU-weit Einfuhrkontrollen und fordert Dokumentationspflichten an den Außengrenzen der Europäischen Union von Produkten aus bestimmten japanischen Regionen. Sie schreibt auch vor, dass bei den Grenzkontrollen stichprobenartig Laboranalysen auf Cäsium 134, Cäsium 137 und Iod-131 vorgenommen werden müssen.
Als Referenzwerte nicht nur für radioaktive Isotope, Plutonium, Strontium und Iod, sondern eben auch für Cäsium verweist die Kommission in ihrer Durchführungsverordnung auf die Euratom-Verordnung Nr. 3954/1987, die in der Folge der Tschernobyl-Katastrophe erlassen worden ist und Höchstwerte für den Fall einer nuklearen Katastrophe vorsieht. Diese Verordnung ist so konzipiert, dass sie im Falle eines solchen Unfalls quasi von heute auf morgen von der Kommission aktiviert werden kann und damit die EU-Bevölkerung durch EU-weit geltende Grenzwerte geschützt werden kann. Und diese Verordnung enthält Grenzwerte für Cäsium 134 und Cäsium 137, die höher sind als die, die 2008 durch die „Tschernobyl-Verordnung“ dauerhaft eingeführt worden sind.
Mit anderen Worten: ohne diese Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission hätten wir zwar niedrigere Grenzwerte für Cäsium 134 und Cäsium 137, dafür aber keine EU-weiten Einfuhrkontrollen, Dokumentationspflichten und stichprobenartige Laboranalysen japanischer Produkte.
Die Maßnahme war daher vom Grundsatz her gut, weil sie EU-weit Kontrollen an den Außengrenzen der Union ermöglicht, aber in der konkreten Ausführung ist sie mangelhaft! Die Cäsium 134, und Cäsium 137 Werte hätten an die nun geltenden längst angepasst werden müssen. Auch ist nicht verständlich, warum die stichprobenartigen Laboranalysen bei den Grenzkontrollen sowie die Dokumentationspflichten sich nur auf Cäsium 134, Cäsium 137 und Iod-131 beziehen, nicht aber auch auf Strontium und Plutonium. Und Sie haben natürlich völlig Recht: es ist absurd, Lebensmittel in die EU einzuführen, die in Japan selbst nicht verkauft werden dürfen.
Wir fordern daher die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ilse Aigner, auf, Druck in Brüssel auszuüben, damit
- Radioaktivitäts-Höchstwerte für Lebensmittel aus Japan nach dem Vorsorgeprinzip so niedrig wie möglich gehalten werden und die Erkenntnisse der japanischen Regierung berücksichtigt werden,
- Untersuchungspflichten auch für Strontium und Plutonium festgelegt werden
- das wissenschaftliche Konzept zur Risikobewertung und Festlegung der Höchstwerte auf den Prüfstand gestellt wird
und außerdem dafür zu sorgen, dass die Verbraucherministerkonferenz festlegt, dass die Lebensmittelkontrollen der Bundesländer auf die Untersuchung einer Strahlenbelastung ausgeweitet werden.
In der Grünen Bundestagsfraktion wird das Thema federführend von Ulrike Höfken, unserer Sprecherin für Ernährungspolitik, bearbeitet: http://www.ulrike-hoefken.de
Mit freundlichen Grüßen
Jerzy Montag