Frage an Jerzy Montag von Friedrich B. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Montag,
ich habe folgende Fragen an Sie:
1. In München haben nach Mikrozensus 2007 von 1.253.900 Einwohnern 431.000
„Migrations-Hintergrund“ (34,4 Prozent). Quelle: "Jeder dritte Münchner hat einen Migrationshintergrund" unter http://www.mstatistik-muenchen.de/themen/bevoelkerung/berichte/berichte_2008/mb080302.pdf
Im Klartext: ein Drittel Ausländer. Halten Sie diesen Ausländeranteil für richtig? Wenn ja: Wie wollen Sie die Identität der bayerischen Landeshauptstadt bewahren? Wenn nein: Welche Maßnahmen zur Reduzierung des Ausländeranteils wollen Sie ergreifen?
2. Deutsche Kinder werden in den Schulen der Landeshauptstadt zur Minderheit. Gut die Hälfte der neu eingeschulten Kinder stammen aus Zuwandererfamilien. Quelle: Abbildung 5 im Ersten Münchener Bildungsbericht unter http://www.muenchen.de/cms/prod2/mde/_de/rubriken/Rathaus/80_scu/45_zahlen/01_bildber/teil2anl.pdf
Würden Sie eine Aufteilung der Klassen nach ethnischer Abstammung und die Unterrichtung in der jeweiligen Muttersprache unterstützen, damit die
Kinder wieder besser lernen können?
3. Im Bereich der Gewaltkriminalität konnten 2007 in München 4.813 Tatverdächtige ermittelt werden, 0,7 % mehr als 2006. Darunter waren 2.259 nichtdeutsche Tatverdächtige, was einem Anteil von 46,9 % entspricht. Quelle: Sicherheitsreport 2007 des PP München, Seite 19, „Fast jeder 2. TV eines Gewaltdelikts ein Nichtdeutscher“ unter http://www.polizei.bayern.de/content/5/6/2/sicherheitsreport_2007__ohne_tabellenteil_.pdf
Viele Bürger fühlen sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr sicher, die spezifischen Gewaltdelikte im U- und S-Bahnbereich sind hinreichend bekannt. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie der Bedrohung der Menschen in München vor Gewaltkriminalität, Raub und Erpressung begegnen? Wie soll mit ausländischen Mehrfachtätern verfahren werden?
Mit freundlichen Grüßen
F. Bollmann
Sehr geehrter Herr Bollmann,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 22.09.2009.
Zu Frage 1:
Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft ist für viele Menschen in Deutschland inzwischen fester Teil ihrer Alltags: Jedes vierte Neugeborene in Deutschland hat zumindest ein Elternteil mit Migrationshintergrund. Und schon jede fünfte in Deutschland geschlossene Ehe ist binational. Vor dieser Realität sollte man nicht weglaufen. Die Identität Münchens ist dadurch nicht in Gefahr, sondern wird vielmehr maßgeblich dadurch geprägt.
Bündnis 90 / Die Grünen wollen diese gesellschaftliche Wirklichkeit weiter gestalten. Sie bietet Chancen auch und gerade im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung - gerade auch für eine immer älter werdende Gesellschaft. Schließlich haben Zugewanderte und Flüchtlinge in der Vergangenheit viel Positives zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt Deutschlands beigetragen.
Zu Frage 2:
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für einen möglichst frühen Spracherwerb ein, der schon im Kindergarten beginnen sollte. Sprachstandserhebungen vor der Einschulung können sinnvoll sein. Eine Aufteilung von Schulklassen nach ethnischer Abstammung lehnen wir jedoch ab. Sie würde Sprachunterschiede nur noch zementieren und vor allem wegen ihrer Diskriminierung das Gleichheitsgebot verletzen. Stattdessen muss zusätzlich zum Regelunterricht Förderunterricht in Deutsch angeboten werden.
Zu Frage 3:
Der beste Ansatz zur Verhinderung von Verbrechen ist die Prävention im sozialen Umfeld. Daher benötigen wir eine nationale Präventionsstrategie, die soziale und ökonomische Aspekte mit berücksichtigt und womöglich Repressionen überflüssig macht. Kriminelle Handlungen müssen bestraft werden. Wir wollen aber das Bestrafungssystem reformieren und stehen zum Grundsatz der Resozialisierung. Damit ist der Gesellschaft mehr gedient, als Täter einfach nur wegzusperren.
Wer Jugendgewalt erfolgreich bekämpfen will, muss das Spektrum von Prävention, Hilfe, Intervention und Sanktion im Blick haben. Ziel des Jugendstrafrechts muss der Vorrang der Erziehung vor der Bestrafung bleiben.
Rechtskräftig Verurteilte können bereits nach dem geltenden Ausländerrecht ausgewiesen werden. Dabei sind etwaige menschenrechtliche Abschiebehindernisse zu beachten ebenso wie die Vorschriften über den besonderen Ausweisungsschutz.
Hier geborene oder überwiegend aufgewachsene nichtdeutsche Jugendliche müssen aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen ebenso beurteilt werden wie deutsche Jugendliche. Sie sind Kinder unserer Gesellschaft, für die wir Verantwortung tragen. Dies gilt auch bei Straffälligkeit. Ich möchte zudem auf einen Auszug aus der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2008 ( http://www.bka.de/pks/pks2008/index2.html ) verweisen: „Die Kriminalitätsbelastung der Deutschen und Nichtdeutschen ist zudem aufgrund der unterschiedlichen strukturellen Zusammensetzung (Alters-, Geschlechts- und Sozialstruktur) nicht vergleichbar. Die sich in Deutschland aufhaltenden Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind im Vergleich zur deutschen Bevölkerung im Durchschnitt jünger und häufiger männlichen Geschlechts. Sie leben eher in Großstädten, gehören zu einem größeren Anteil unteren Einkommens- und Bildungsschichten an und sind häufiger arbeitslos. Dies alles führt zu einem höheren Risiko, als Tatverdächtige polizeiauffällig zu werden.“
Mit freundlichen Grüßen
Jerzy Montag