Frage an die Abgeordnetern der PLZ 42477: Wie ordnet sich das SARI-Geschehen der Jahre 2020 und 2021 in eine längere Übersicht ein (bis 2000 oder 1948)? Warum wird Corona jahresübergreifend gezählt?
Um Covid 19 einzuordnen braucht es Bezugsgrößen, Schwere Atenmwegserkrankungen werden SARI genannt und treten jeden Winter gehäuft auf. Um beurteilen zu können ob Corona-Maßnahmen angemessen sind ist eine Einordnung in das Geschehen der letzten Jahrzehnte notwendig.
Sind überhaupt alle Coronafälle SARI-Fälle? https://www.abbreviationfinder.org/de/acronyms/sari_severe-acute-respir…
Wie wird ermittelt, das Corona die Ursache der Todesfälle ist und keine Begleiterscheinung eines Zustandes der zum Tod führt?
Hat die Vulnerabilität vieler gefährdeter Personen nicht Ursachen, die behandelt werden können um deren Anfälligkeit für SARI-Infektionen generell zu reduzieren?
Wie hoch waren Wocheninzidenzen bei früheren SARI-Wellen?
Wievele Jahre braucht es um bei den Coronainzidenzen eine Bevölkerung zu infizieren?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Härte der Maßnahmen und weniger SARI-Zahlen?
Kennen sie Gesamtsterblichkeit/Hospitalisierung der Ungeimpften und Geimpften?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie eine Reihe von Fragen zur statistischen Erfassung des Corona-Infektionsgeschehens stellen.
Grundsätzlich möchte ich vorab auf die Statistiken, Informationen und Risikoeinschätzungen verweisen, die das RKI im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 auf seiner Website veröffentlicht https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html
Neben der von Ihnen erwähnten jahresübergreifenden Zählung der Covid-19-Infektionen werden auch jährliche Daten erhoben. Für das Jahr 2020 können Sie diese im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2020 nachlesen auf Seite 33 unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2020.pdf?__blob=publicationFile
Die Frage nach einer vergleichenden Einordnung der Covid-19-Infektionen kann ich Ihnen für die von Ihnen genannten Betrachtungszeiträume nicht beantworten. Mit Bezug auf die „klassische Grippesaison“ (Oktober bis Mai) sind jedoch 2020/2021 trotz Lockdown und Kontaktverboten in Deutschland insgesamt mehr Menschen gestorben als 2017/2018 in der schwersten Grippeepidemie seit 30 Jahren. Siehe hierzu den NZZ-Artikel vom 16. Dezember 2021 und die dort angegebenen Quellen
https://www.nzz.ch/visuals/corona-uebersterblichkeit-deutschland-ld.1659991
Sie fragen, ob „alle Coronafälle SARI-Fälle“ sind? Diese Frage lässt sich eindeutig mit ja beantworten. Wie bei der Grippe gehören alle Fälle, die eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich machen, zu dem von der WHO zur Überwachung von Grippewellen definierten Krankheitsbild SARI (Severe Acute Respiratory Infection). Im Fall der Covid-19-Patienten ist zum Teil eine intensivmedizinische Versorgung inklusive Beatmung erforderlich.
Zur Beantwortung Ihrer Frage nach der Unterscheidung zwischen Corona als „Todesursache“ und als „Begleiterscheinung eines Zustandes, der zum Tod führt“, verweise ich auf das Statement anlässlich der Pressekonferenz des Statistischen Bundesamtes am 9. Dezember 2021 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressekonferenzen/2021/corona/statement_Online-PK_COVID-19.pdf?__blob=publicationFile
In der statischen Auswertung der Todesbescheinigungen leichenschauender Ärzte wird unterschieden zwischen Verstorbenen mit COVID-19 als Grundleiden (39.758) und Verstorbene mit COVID-19 als Begleiterkrankung (8.102).
Die von Ihnen in den Raum gestellte Alternative einer Reduzierung der Anfälligkeit vulnerabler Gruppen durch eine gezielte Behandlung der Ursache ist bei den in Frage stehenden Vorerkrankungen dieser Personengruppe gerade nicht möglich. Wie bei der Grippe gilt auch bei COVID-19, dass eine Impfung für Menschen mit altersbedingten Erkrankungen, chronischen Krankheiten oder Autoimmunerkrankungen den besten Schutz vor einer Infektion bietet.
Ihre Frage nach dem Zeitraum, in dem bei den aktuellen Inzidenzen eine Infizierung der Bevölkerung erreicht wäre, lässt sich kaum beantworten. Im Gegensatz zu den Versuchen anderer Staaten hat sich Deutschland bewusst gegen den Weg der Herdenimmunität durch Infektion und für das Impfen zum Schutz der Bevölkerung entschieden.
Bei der Beantwortung Ihrer Frage nach der“ Gesamtsterblichkeit/Hospitalisierung der Ungeimpften und Geimpften“ verweise ich auf die gemeinsame Presseinformation des RKI und der DIVI vom 13. Januar 2022
Demnach waren im Zeitraum vom 14. Dezember 2021 bis 12. Januar 2022 fast zwei Drittel (62 Prozent, 5.521 Fälle) aller COVID-19-Neuaufnahmen mit bekanntem Impfstatus ungeimpft. Demgegenüber hatte über ein Viertel der COVID-19-ITS-Aufnahmen (28,4 Prozent, 2.535 Fälle) einen vollständigen Impfschutz. Setzt man diese Zahlen in Beziehung zum Anteil der Ungeimpften an der Gesamtbevölkerung von rund 28 Prozent, haben Ungeimpfte folglich ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Infektion.
In der Hoffnung, Ihre Fragen hinreichend beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Jens-Peter Nettekoven