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Jens-Peter Nettekoven
CDU
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Frage von Ingo W. •

Frage an Jens-Peter Nettekoven von Ingo W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Nettekoven,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Jedoch bezog sich meine Frage 19.04.2012 nicht auf das TVgG-NRW. Daher stelle ich hiermit meine Frage deutlicher:

Wie verträgt es sich aus Ihrer Sicht als CDU-Politiker mit dem Bekenntnis zur Tarifautonomie und der Tarifpartnerschaft, wenn z.B. zur "öffentlichen Hand" gehörende Unternehmen wie die Stadtwerke Tochterunternehmen gründen und diese der Tarifautonomie entziehen, d.h. für deren Mitarbeiter gilt kein Tarifvertrag?

Wie erklären Sie Unternehmen der "freien" Wirtschaft, dass diese sich zum Ausgleich einer sozialen Schieflage tarifvertraglichen Mindestnormen zu unterwerfen haben, aber Politiker (z.B. Stadträte als Gesellschafter von Unternehmen) sich der Tarifpartnerschaft entziehen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Weinreich,

zunächst danke ich Ihnen für Ihre Anmerkungen und die sich für mich daraus ergebende Möglichkeit, mich über die Branche und Ihr Unternehmen so weit wie möglich näher zu informieren. Aus meinen zusammengefassten Erkenntnissen gebe ich Ihnen eine grundsätzliche und, so weit es mir als Außenstehender möglich ist, eine auf Ihr Unternehmen bezogene Antwort:

Unabhängig von den Gegebenheiten in Ihrem Unternehmen bleibt es bei meinem und dem Bekenntnis der CDU zu Tarifpartnern in der Wirtschaft als soziale Elemente unserer Gesellschaft, wie Sie es in Ihrem Schreiben formulieren. Damit verbunden ist auch, dass die in einer Branche Tätigen und Verantwortlichen, somit auch deren Interessenvertreter und Verbände, am besten einschätzen können, welche Rahmenbedingungen für Arbeitsprozesse möglich sind, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit letztendlich auch die Existenzfähigkeit des in der jeweiligen Branche tätigen Unternehmens nicht zu gefährden. Damit spreche ich das Bekenntnis zur Tarifautonomie an.

Gleichwohl sollen diese Rahmenbedingungen auch Grundlage für die Lebensgestaltung der Mitarbeiter/innen und deren Familien sein; und das in einem Kontext, der zu unserer Gesellschaft passt. Damit spreche ich über die sozialpolitische, gesellschaftliche Verantwortung der Beteiligten. Dazu zählen auch die Vergütungsstrukturen, die, so denke ich, von Ihnen als Betriebsratsvorsitzenden eines Unternehmens als branchenabhängig und damit notwendiger Weise heterogen auszurichten eingeschätzt werden.

In Ihrer Branche, die ich speziell zu den Bäderunternehmen und im Allgemeinen zur Freizeitbranche zähle, spielen ebenfalls die besonderen Strukturen die entscheidende Rolle für die Gestaltbarkeit von Arbeits- und letztendlich der Tarifvertragsbedingungen: Potenzielle Kunden mit unterschiedlichen, aber meist begrenzten Budgets, die mit ihrem Besuch und den Ausgaben für die Unternehmen die Einnahmeseite spezifizieren. Diese branchentypische Gesetzmäßigkeit wiederum ist Grenze der unternehmerischen Entscheidungs- und Gestaltungsmöglichkeiten einerseits. Andererseits werden die hohen fixen Energie-, Personal- und Kapitalkosten nur in seltenen Fällen durch die Einnahmen vollständig gedeckt, da eine rein kosten- und ertragsorientierte Preisgestaltung eher das Fernbleiben der Kunden bewirken würde. Und ist das Unternehmen dann noch aufgrund seiner kommunalen Anbindung daseinsorientiert und nicht privatwirtschaftlich aufgestellt, sind die Einnahmen über akzeptable Preisgestaltungsmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt. Folglich gilt es für die Unternehmensleitungen dieser Unternehmen, Wege zu finden, diese Rahmenbedingungen in die Entscheidungen, auch in die der Vergütungsstrukturen, einzubeziehen.

Und damit bin ich im Bereich des Speziellen: Ihr Unternehmen steht, und in so weit habe ich mich informiert, im Wettbewerb zu anderen Bädern und Saunabetreibern ihres zuzurechnenden räumlichen Umfeldes. Die dabei anzutreffenden Vergütungsstrukturen sind eher heterogen mit unterschiedlichen Verbänden und Interessengemeinschaften. Und selbst in den Unternehmen mit Tarifbindung werden unterschiedliche Tarifverträge angewendet, die nicht nur ver.di oder andere DGB-Gewerkschaften und einen Arbeitgeberverband kommunaler Unternehmen als Autoren ausweisen. Und in diesen Fällen werden Tarifsstrukturen geschaffen, die unabhängig von Tarifverträgen für andere Bereiche des öffentlichen Dienstes sondern ausschließlich auf die Bedingungen der Branche konzentriert zu Stande kommen. Da mag es Ihre Unternehmensleitung erwogen haben, dass die üblicher Weise in Ihrem Konzern vertretene Tarifstruktur eines TVöD oder anderen Tarifvertrages zu diesen Marktbedingungen der Bädergesellschaft nicht passt und daher einen Tarifbezug ausschließen musste, um die eingangs dargestellt Wettbewerbsfähigkeit grundsätzlich zu ermöglichen.

Ich stimme Ihnen zu, dass die mit den Arbeiten in Ihrem Unternehmen verbundene Vergütung auskömmlich sein sollte. Mir wurde aber versichert, dass sich Ihr Unternehmen an die branchenübliche Vergütung orientiert, die, wie bereits gesagt, nicht aus dem TVöD resultiert, aber doch deutlich die von Ihnen erwähnte Mindestlohnhöhe von 8,62 € übersteigt. Auch ist zu den Arbeitsbedingungen immer eine Gesamtbewertung erforderlich. Dazu scheint Ihr Unternehmen durchaus vorbildliche Strukturen zu haben. So wurde mir die Möglichkeit genannt, den nur für Sie und Ihre Kollegen/innen tätigen Physiotherapeuten kostenlos zu nutzen, an vom Unternehmen finanziell bezuschussten Fitnessprogrammen und an gesundheitsorientierten Themenschwerpunkten meist ohne Kostenbeitrag der Beschäftigten teilnehmen zu können. Und auch für die Gemeinschaft der Belegschaften wird durch Jubilarveranstaltungen und Weihnachtsfeiern sowie anderen Veranstaltungen mit Mitarbeiter/innen-Beteiligung einiges organisiert, was ebenfalls kostenwirksam ist. Auch gehen evtl. Mehrstunden nicht verloren sondern werden selbstverständlich vergütet bzw. in Form vergüteter Freizeit ausgeglichen.

Auch habe ich mich über den von Ihnen angeführten Dienstleister Ihres Unternehmens erkundigt und dabei vernommen, dass es sich dabei um ein in der Branche führendes und angesehenes Unternehmen im Wirtschaftsraum Remscheid handelt. Dieses Unternehmen seinerseits, und das wiederum zum allgemeinen, muss sich in einer Branche behaupten, in dem der Wettbewerb gleichfalls branchenspezifische Gesetzmäßigkeiten schreibt, die Sie sicherlich adäquat einschätzen werden.

Zusammengefasst sehe ich die Intention meiner Partei zu dem von Ihnen angeführten Aspekt in Ihrem Unternehmen als erfüllt an. Nämlich auch ohne unmittelbare Tarifbindung in der eigenen Vergütungsgestaltung sich gleichwohl im Werben um die für den Unternehmenserfolg erforderlichen Fachkräfte an Tarifstrukturen der Branche zu orientieren, ja, vermutlich sogar orientieren zu müssen. Und da scheint mir Ihr Unternehmen gute Chancen zu haben, indem es Ihnen und Ihren Kollegen/innen entsprechende Arbeitsbedingungen bietet. Auch spricht die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit in Ihrem Unternehmen eher für eine ausgewogene Struktur

Mit freundlichen Grüßen

Jens Nettekoven

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