Frage an Jasmin Wahl-Schwentker von Anna M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Was werden Sie gegen §4 des neuen BDSG unternehmen?
Finden Sie es nicht auch fair, wenn alle bahnfahrenden Bürger vollständig überwacht und ausspioniert werden dürfen, dass das dann, der Gerechtigkeit halber, auch für Autofahrer geschehen sollte und an allen Straßen in Abständen von 500 Meter Überwachungskameras angebracht werden sollten, um dauerhaft den Verkehr zu überwachen und Verkehrssünder effektiver ausfindig zu machen?
Oder werden Sie sich für die Nichtigkeit des neuen BDSG einsetzen und gemeinsam mit den Landesbehörden für Datenschutz und Informationsfreiheit ein EU- und verfassungsgerechtes neues BDSG entwickeln?
Sehr geehrte Frau M.,
wahrscheinlich ist der erste Teil Ihrer Frage rhetorischer Natur, denn sicher befürworten Sie nicht die Ausdehnung der Anwendung von Vorschriften, die Ihrer Ansicht nach verfassungswidrig sind. So gilt auch der Grundsatz: Keine Gleichheit im Unrecht. Für die Nichtigkeit eines Gesetzes kann man sich nicht "einsetzen". Sollte ein Gesetz nichtig sein, etwa weil es gegen unser Grundgesetz verstößt, ist das durch Gerichte festzustellen. Politisch ist es natürlich möglich, ein als verfassungswidrig einzuschätzendes Gesetz mit der politischen Mehrheit aufzuheben. Ohne politische Mehrheit ist der Weg einer Klage vor dem Verfassungsgericht eröffnet. Diesen Weg geht die FDP im Fall der Vorratsdatenspeicherung. Im Fall des § 4 BDSG ist zu prüfen, ob tatsächlich das Gesetz verfassungswidrig ist oder die konkrete Anwendung unter verfassungswidriger Abwägung der geschützten Güter gegen unser Grundgesetz verstößt. Wir Freie Demokraten lehnen jede anlasslose und verdachtsunabhängige massenhafte Speicherung personenbezogener Daten ab. Damit wenden wir uns auch gegen ein Vorgehen, durch das "alle bahnfahrenden Bürger vollständig überwacht und ausspioniert" würden.
Wir wollen, dass in Deutschland jeder die Chancen der Digitalisierung nutzen kann und gleichzeitig sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung behält. Um diese Ziele zu erreichen, wollen wir Freie Demokraten:
- Die Errichtung einer effektiven Datenschutzaufsicht
- Nach der europäischen Datenschutzgrundverordnung auch ein Datenschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA erreichen (zum Beispiel als Gegenstand des Freihandelsabkommens TTIP)
- Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung durch Klage beim Bundesverfassungsgericht stoppen
- Der Aushöhlung der Privatsphäre durch Geheimdienste einen Riegel vorschieben
- Mehr Aufklärung über die Möglichkeiten des eigenverantwortlichen Selbst-Datenschutzes
Mit freundlichen Grüßen
Jasmin Wahl-Schwentker