Frage an Janine Wissler von Jocelyne L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Lopez,

ich bin zunehmend ratlos, was Sie in dieser Angelegenheit von mir erwarten und wieso Sie ausgerechnet mir diese Fragen stellen zu einem Vorgang, mit dem ich nicht das Geringste zu tun habe und der fast fünf Jahre zurückliegt. Sie kritisieren, dass Herr Singer 2011 das Bundesverdienstkreuz erhalten hat. Aber die Frage, warum Herr Singer ausgezeichnet wurde, kann Ihnen doch nur der beantworten, der darüber entschieden hat.

Wie ich bereits dargelegt habe, entscheidet der Bundespräsident über die Verleihung von Verdienstkreuzen, in diesem Fall also Bundespräsident a.D. Christian Wulff.

Jeder kann Anregungen zur Verleihung bei der jeweiligen Staatskanzlei einreichen. Denn formal vorschlagsberechtigt ist in Hessen einzig und allein der Ministerpräsident, d.h. die Staatskanzlei leitet die Namen an das Bundespräsidialamt weiter und macht damit offiziell den Vorschlag. Dann entscheidet der Bundespräsident.

Jedes Jahr werden tausende dieser Auszeichnungen verliehen, die dann durch Mitglieder der Landesregierung oder Bürgermeister überreicht werden. In diesem Fall durch den Staatsminister a.D. Michael Boddenberg.

Ich habe mich schon bei so mancher Person gefragt, warum er oder sie diese Auszeichnung erhält. Leider ist das nicht in Erfahrung zu bringen, weil die Ausführungsbestimmungen zum Statut des Verdienstordens in Ziffer VIII ausdrücklich die Vertraulichkeit von Ordensangelegenheiten regelt. Unsere Bundestagsfraktion hat bereits Nachfragen zur Verleihung von Verdienstkreuzen gestellt und wurde seitens der Bundesregierung auf diesen Passus verwiesen. Man kann also nur in Erfahrung bringen, von welchem Ministerpräsidenten der Vorschlag gemachte wurde (was in diesem Fall klar ist), nicht aber, warum derjenige vorgeschlagen wurde und woher die Anregung kam.

Ich finde diese Regelungen kritikwürdig, das ganze Verfahren ist leider völlig intransparent. Verdienstorden werden offenbar häufig nach Gutdünken vergeben, gehen oft an Bundestagsabgeordnete und langjährige Parteimitglieder.

Sie fragen, was ich in dieser Sache unternommen habe. Ich habe mich zunächst über die rechtliche Lage informiert, weil ich mich - zugegebenermaßen - nicht gut auskenne mit Ordensangelegenheiten. Ich kann im Übrigen keine Anfragen an Herrn Boddenberg persönlich richten, sondern lediglich an die Staatskanzlei, die mich auf die Vertraulichkeitsklausel und die Entscheidungskompetenz des Bundespräsidenten hinweisen würde. Auf die Pressearbeit der Landesregierung habe ich als Abgeordnete keinerlei Einfluss, sie liegt in der alleinigen Verantwortung der Ministerien bzw. der Staatskanzlei.

Ich sehe aufgrund dieser Rechtslage und der Zuständigkeit des Bundespräsidialamtes keinerlei Möglichkeit, wie ich als Landtagsabgeordnete und zudem als Mitglied der Opposition die Motivation des Bundespräsidenten für die Verleihung des Verdienstordens an Herrn Singer in Erfahrung bringen könnte.

Mit freundlichen Grüßen
Janine Wissler