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Jamila Anna Schäfer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Jan W. •

Wie stehen Sie zur Halbierung der Einkommensgrenze für das Elterngeld vor dem Hintergrund der hohen Lebenshaltungskosten in Großstädten wie München?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr W.,

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich kann verstehen, dass die Ankündigung der Kürzung des Elterngelds ab 180 000 € brutto Haushaltseinkommen einige Familien, gerade in München beunruhigt. Als Münchnerin kenne ich die Situation mit hohen Mieten und absurden Kosten für Kinderbetreuung, die ja auch durch das zu knappe öffentliche Angebot zustande kommt, sehr gut.

Dass bei dem aktuellen Sparplan des Finanzministers ausgerechnet das Familienministerium zu vergleichsweise hohen Kürzungen gezwungen wurde, während andere Ministerien wie das Verkehrsministerium mit teuren Autobahnprojekten keine Kürzungen vornehmen müssen, kann uns nicht zufriedenstellen. Ich bin deshalb der Meinung, dass hier eine falsche Prioritätensetzung vom Bundesfinanzminister vorgenommen wurde. Die Familienministerin Lisa Paus hat bis zum Schluss gegen die Einsparungen in ihrem Ressort argumentiert und auch immer auf die gleichstellungspolitisch problematischen Konsequenzen einer Elterngeldkürzung hingewiesen.
Grüne Kabinettsmitglieder haben in der Bundesregierung mehrfach auf die Sparpotenziale beim Abbau klimaschädlichen Subventionen hingewiesen, um Kürzungen wie im Familienetat abzuwenden. Schlussendlich musste sich die Familienministerin aber an den vom Bundeskanzler unterstützten Sparplan des Finanzministeriums halten.

Um nicht generell das Elterngeld für alle Familien kürzen zu müssen, hat sich Lisa Paus dazu entschieden, den Berechtigtenkreis zu verkleinern. Das war die sozialste Lösung. Denn somit werden 95% der Familien in Zeiten der hohen Inflationsbelastungen durch die Kürzung nicht betroffen.

Die Haushalte mit einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von 150.000€, was faktisch einem Bruttoeinkommen von ca. 180.000€ entspricht, machen nur 5% der Haushalte in Deutschland aus, die anderen 95% können das Elterngeld ohne Kürzung in Anspruch nehmen. Dass es trotzdem gerade in München durch hohe Lebenshaltungskosten einige Familien härter trifft als anderswo, ist mir natürlich bewusst.

Vielleicht das schonmal als Info: es ist noch nicht klar, zu welchem Stichtag die Regelung geändert wird. Das wird allerfrühestens der 01.01.2024 sein können, sehr wahrscheinlich ist aber, dass ein späterer Stichtag vereinbart wird, damit Menschen, die z.B. jetzt ein Kind erwarten und bereits mit dem Elterngeld geplant haben, sich auch weiterhin darauf verlassen können.

Trotz allem wirft uns dieser Einschnitt des Elterngeldes beim Thema Gleichstellung zurück, denn es gibt für diejenigen, die weniger verdienen als ihr Partner, Anreize eventuell nicht mehr arbeiten zugehen. Sehr oft sind das immer noch Frauen. Vor allem deshalb finde ich die Kürzung gleichstellungspolitisch problematisch. Ich werde in den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen dafür kämpfen, die Kürzungen im Bereich Familien möglichst gering zu halten und dafür den Abbau klimaschädlicher Subventionen voranzutreiben. Hoffentlich werden die Parlamentarier*innen der anderen Regierungsparteien da mitziehen.

Eine große Änderung, für die wir uns im Familienetat einsetzen, ist die Einführung der Kindergrundsicherung als zentrales Projekt, um Kinder aus der Armut zu holen. Das Gesetz soll ab 2025 greifen. Dass jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut aufwächst, können wir nicht akzeptieren. Daher müssen wir natürlich auch dafür die Finanzierung vorbereiten.

Viele Grüße und alles Gute!
Jamila Schäfer

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