Wie stehen Sie zu dem 10-Punkte Plan von Habeck zur Migrationspolitik? Und konkret: Würden Sie ggf. wie der Union bei der Forderung nach Zurückweisung an den Grenzen entgegenwirken?

Lieber Herr S.,
Um Terrorismus und Anschläge zu verhindern, braucht es in erster Linie eine bessere Prävention, eine Entlastung unserer Behörden und eine besser Früherkennung bei Radikalisierung.
Psychosoziale Zentren müssen gestärkt werden und unsere Sicherheitsbehörden so ausgestattet werden, dass sie Menschen, die sich zum Beispiel in Online Netzwerken radikalisieren und von denen eine Gefahr ausgeht, besser erkennen und überwachen können. Ich bin kein Fan davon, Sicherheitspolitik per se immer mit Migrationspolitik zu vermischen, weil wir Migration als grundsätzliches Sicherheitsproblem behandeln sollten. Aber natürlich ist auch die Entlastung des Asylsystems durch die Bekämpfung von Fluchtursachen, die Schaffung mehr legaler Zuwanderungsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt, eine bessere Verteilung in Europa und der Abbau von Arbeitsverboten für Geflüchtete wichtig, um Behörden zu entlasten und Integration zu stärken und Perspektivlosigkeit vorzubeugen.
Zurückweisungen an den Binnengrenzen halte ich für populistische Scheinlösungen. Wenn Deutschland per Notstandsklausel EU Verträge aushebelt, greift man damit die Europäische Rechts- und Wertegemeinschaft an. Es geht nicht, dass immer mehr EU-Staaten sich nicht an Regeln halten. Wenn wir einmal anfangen nur noch die Gesetze zu achten, die uns gefallen, ist die EU am Ende. Besonders in der aktuellen Zeit können wir uns das nicht leisten. Wir brauchen Europa. Deutschland kann sich einbilden, große Fragen wie Migration am besten alleine lösen zu können, aber das Gegenteil ist richtig. Wir brauchen die Zusammenarbeit und gemeinsame Regeln. Der Vorschlag von Merz ist rechtlich und logistisch gar nicht umsetzbar und würde den Nachbarländern einen noch geringeren Anreiz für eine gemeinsame Lösung bieten. Wir müssen immer auf dem Schirm haben, dass eine Zerstörung unseres Rechts- und Wertesystems grundsätzlich das ist, was die äußeren und inneren Feinde unserer demokratischen Gesellschaft wollen.
In folgenden Interviews habe ich mich dazu auch aktuell geäußert:
https://www.merkur.de/politik/friedrich-merz-gruenen-politikerin-rechnet-mit-seiner-migrationspolitik-ab-zr-93579555.html
https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/nach-dem-anschlag-in-muenchen-das-sagt-die-gruene-jamila-schaefer-art-1038231
Viele Grüße
Jamila Schäfer