Isabel Mackensen-Geis
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SPD
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Frage von Judith K. •

Frage an Isabel Mackensen-Geis von Judith K. bezüglich Bundestag

Sehr geehrte Frau Mackensen,

Die Corona Krise begleitet uns nun schon seit mehr als 7 Monaten in unserem Leben, dies ist ein längerfristiger Zeitraum und es kann nun nicht mehr die Rede von kurzweiligen Übergangslösungen sein.

Wann wird das Parlament wieder in die Gesetzgebung mit eingeschlossen und somit die Vertreter des Volkes wieder gehört? Wann wird die Ermächtigung der Exekutive mittels des Infektionschutzhesetzes beendet? Wann wid die parlamentarische Demokratie wieder, wie in ihrer eigentlichen Definition, ausgeübt? Gibt es hierzu Fristen?

Mit freundlichen Grüßen,
Judith Kremer

Isabel Mackensen-Geis
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau K.,
vielen Dank, dass Sie mir über das Portal Abgeordnetenwatch eine Frage gestellt haben.

Sie haben mit mir eine aufmerksame Beobachterin des Geschehens kontaktiert. Seit Beginn der Corona-Pandemie verfolge ich insbesondere die Entscheidungsfindungsprozesse auf Seiten der Bundes- und Landesregierung sehr kritisch und wäge stets ab, inwiefern mir eine parlamentarische Beteiligung möglich und sinnvoll erscheint.

Ich bin voll und ganz bei Ihnen, wenn Sie die Entwicklungen nun nicht mehr nur als kurzfristige Übergangslösungen beschreiben. Auch ich erachte die seit März andauernde Epidemie nun leider als einen längerfristigen Zustand und die jüngsten Regelungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ebenfalls nicht mehr nur als kurzfristige Ausnahmeregelungen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens in der Vergangenheit, in den nächsten vier Wochen und der ungewissen Entwicklungen in der Zukunft ist ein öffentlicher Diskurs für eine Demokratie unbedingt notwendig.

Auch auf Ihre Anfrage möchte ich differenziert antworten und zwischen der Einbeziehung des Deutschen Bundestages und der des rheinland-pfälzischen Landtages unterscheiden.

Auf Bundesebene stimme ich Ihnen zu, dass das Parlament zu wenig in Entscheidungen eingebunden wurde, die die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger beschneiden. Allerdings – so habe ich es im Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung, dem ich angehöre, erlebt – stand das Thema Corona seit Beginn der Pandemie stets auf der Tagesordnung. Diskussionen und Beratungen beispielsweise über die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung oder die Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitskräften wurden in den Ausschüssen ausgetragen, sodass die direkt gewählten ParlamentarierInnen auf der Arbeitsebene stets mit eingebunden wurden. Auch das dem Bundestag eigene Haushaltsrecht wurde und wird zu jedem Zeitpunkt vom Deutschen Bundestag ausgeübt, Beispiele hierzu sind Entscheidungen über Überbrückungshilfen oder Kurzarbeitergeld. Diese staatlichen Ausgaben sind direkt vom Bundestag legitimiert. Der Bundestag hat während der gesamten Zeit getagt und nur so konnten wir als SPD-Bundestagsfraktion den vom Gesundheitsminister geforderten Immunitätsausweis verhindern. Sie sehen, eine parlamentarische Rückkopplung ist in einigen Bereichen durchaus gegeben, auch wenn sie für die Bevölkerung leider nicht immer durch die Medien sichtbar gemacht wurde.

Auf Landesebene ist die parlamentarische Einbeziehung in meinen Augen zu jeder Zeit gegeben – auch wenn der Landtag zu Beginn der Pandemie nicht tagen konnte. Malu Dreyer hat stets eng mit dem rheinland-pfälzischen Landtag zusammengearbeitet und ihn in die Entscheidungen über zu treffende Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit einbezogen. So wurde auch am Freitag wieder über die neue Corona-Bekämpfungsordnung debattiert. An dieser Stelle ist es auch wichtig zu betonen, dass das nicht legitimierte Gremium bestehend aus der Bundeskanzlerin und den MinisterpräsidentInnen der Länder, das derzeit so umfassend kritisiert und in den Fokus gerückt wird, nur einen groben Fahrplan zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Corona-Pandemie vorgibt. Die konkrete Ausgestaltung in Form einer Landesverordnung und deren Legitimierung findet stets durch den direkt legitimierten Landtag statt. Das sind sodann die direkt gültigen Regeln für die Bürgerinnen und Bürger.

Zur Ermächtigung der Exekutive weise ich gerne auf die Ausarbeitungen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zur Feststellung der epidemischen Lange von nationaler Reichweite

(https://www.bundestag.de/resource/blob/700666/da1b330c0d4f3ac6c8b14ed3844a4d38/WD-3-141-20-pdf-data.pdf; https://www.bundestag.de/resource/blob/691818/99472c4cbfe82051886b30e9b9a64b86/WD-9-045-20-pdf-data.pdf)

und §5 und §5a des Infektionsschutzgesetzes hin. Hiernach erfolgen die Feststellung und die Aufhebung des Zustandes einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite ausschließlich durch den Deutschen Bundestag. Somit hat dieser fortlaufend zu überprüfen, ob Gründe hierfür vorliegen. Die Feststellung einer solchen epidemischen Lage hat zur Folge, dass der Bundesgesundheitsminister ermächtigt wird, sofort vollziehbare Anordnungen und Rechtsverordnungen im Zusammenhang mit der epidemischen Lage (derzeit: Ausbreitung des Coronavirus) zu erlassen. Hebt der Bundestag diesen Sonderzustand nicht ausdrücklich auf, so läuft er am 31. März 2021 automatisch aus. Am Rande sei zudem erwähnt, dass die Formulierungswünsche des Bundesgesundheitsministeriums, die Bundesregierung solle eine epidemische Lage erklären können, nicht in die Vorlage der Koalitionsfraktionen eingearbeitet wurden und somit der Wille der Legislative und nicht der Exekutive umgesetzt wurde. Ich möchte Ihnen hiermit verdeutlichen, dass das nationale Parlament die Grundlage für die derzeit geltenden Ermächtigungen des Bundesgesundheitsministers gesetzt hat und auch die zukünftigen Entscheidungen diesbezüglich in den Händen der VolksvertreterInnen liegen.

Nichtsdestotrotz ist die Beteiligung des Deutschen Bundestages gerade im Hinblick auf umfassende Grundrechtseingriffe, wie sie zum heutigen Tage leider wieder notwendig wurden, ausbaufähig und ich werde die Situation stets kritisch begutachten. Auch während der Pandemie ist die Trennung von Exekutive und Legislative und die parlamentarische Rückkopplung und Kontrolle von Entscheidungen der Exekutive auf allen Gliederungsebenen dringend notwendig. Hier ist es an uns ParlamentarierInnen, unsere Rechte einzufordern.

Ich hoffe, dass Sie mich auch bei weiteren Fragen kontaktieren und wir in einem derart konstruktiven Austausch bleiben können. Nutzen Sie auch gerne meine Wahlkreisbüros in Bad Dürkheim, Neustadt und Speyer oder schreiben Sie mir direkt eine E-Mail an isabel.mackensen@bundestag.de. An dieser Stelle verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
Isabel Mackensen

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