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Frage von Bernd P. •

Frage an Iris Gleicke von Bernd P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Wir haben es hier weder mit struktureller noch mit zyklischer Arbeitslosigkeit zutun. Ursache ist die technologisch bedingte Arbeitslosigkeit, die sich weder mit der bisherigen Politik der SPD noch mit der zukünftigen Politik der CDU/CSU beseitigen läßt.
Wie sehen Ihre Vorschläge für eine Beseitigung der viel zu hohen Massenarbeitslosigkeit und der Schaffung von mindestens 8 Mio. neuer Árnbeitsplätze aus?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Peter,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf kandidatenwatch.de zum Thema Massenarbeitslosigkeit.

Die dringendste politische Aufgabe ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in unserem Land, das steht außer Frage. Darauf konzentrieren wir Sozialdemokraten alle Kräfte. Weil wir uns nicht damit abfinden, dass Menschen ohne Arbeit an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Weil wir uns nicht damit abfinden, dass die Leistungsbereitschaft dieser Menschen ungenutzt bleibt. Und weil wir an die Potentiale und Fähigkeiten der Menschen in unserem Land glauben.

Wir haben mit Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Rot-Grünen-Koalition sieben Jahre gute Politik für Deutschland gemacht. Wir haben uns um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gekümmert. Wir sind weiter als 1998.

Dem gegenüber haben wir in den vergangenen Jahren vieles auf den Weg gebracht und manches schon zum Erfolg geführt. Die Zwischenbilanz ist positiv. Die Richtung stimmt. Wir haben die Weichen für mehr Wachstum und Beschäftigung gestellt. Der Standort Deutschland ist international inzwischen wieder hoch wettbewerbsfähig.

Wir wissen aber auch, dass noch viel zu tun ist. Denn die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist weiterhin viel zu hoch. Die SPD hält an dem Ziel der Vollbeschäftigung fest. Jeder Mensch muss aus unserer Sicht das Recht auf menschenwürdige und die Existenz sichernde Arbeit haben.

Wir haben es in Deutschland sowohl mit strukturell als auch mit konjunkturell bedingter Arbeitslosigkeit zu tun. Der hohe Sockel an strukturell bedingter Arbeitslosigkeit hat sich in Deutschland über Jahrzehnte aufgebaut.

Wir wissen, dass Arbeitsmarktpolitik keine Arbeitsplätze schafften kann. Sie kann aber wichtige Überstützung für die bessere Vermittlung in Arbeit leisten und dem ziel dienen, Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage schneller wieder in Übereinstimmung zu bringen. Arbeitsmarktpolitik kann wichtige Beiträge für die Qualifizierung von Arbeitslosen leisten. Diesen Zielen wollen wir mit unseren Arbeitsmarktreformen dienen.

Der eingeleitete grundlegende Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einem modernen Dienstleister am Arbeitsmarkt wird Ende 2005 abgeschlossen sein. Die BA wird dann den Arbeitssuchenden die bestmögliche Dienstleistung zur Verfügung stellen. Arbeitssuchende und offene Stellen werden künftig sehr viel schneller zusammengebracht.

Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) haben wir eine Grundsicherung für alle erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen eingeführt. Dadurch ist die Zahl der Arbeitslosen zwar statistisch um einige Hunderttausende gestiegen. Aber wir haben so über eine Million erwerbsfähige Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger aus der Sozialhilfe herausgeholt. Sie erhalten jetzt endlich das gleiche umfassende Angebot an Förderung und Jobvermittlung wie alle anderen Arbeitssuchenden. Wir haben bisherige Sozialhilfeempfänger in die Sozialversicherung einbezogen.

In den Bereichen, wo es Fehlentwicklungen oder Ungerechtigkeiten gibt, werden wir diese korrigieren.

Die SPD-geführte Bundesregierung hat bereits die Ost-West-Angleichung des Arbeitslosengeldes II beschlossen. Die monatliche Grundsicherung für Arbeitssuchende wird ab dem 1. Januar 2006 in den neuen Bundesländern angehoben und erreicht damit den in Westdeutschland geltenden Regelsatz. Der Bundesrat muss hierzu allerdings noch seine Zustimmung erklären. Die Möglichkeiten beim Hinzuverdienst für Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II) wurden verbessert. Der Bundestag hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, der höhere Freibeträge beim Hinzuverdienst für erwerbsfähige Hilfebedürftige vorsieht. Der Bundesrat hat dem Gesetz zugestimmt.

Wir wollen, dass keine Jugendliche und kein Jugendlicher sein Arbeitsleben mit Arbeitslosigkeit beginnen muss. Deswegen haben wir dafür gesorgt, dass die Arbeitsvermittler besonders viel Zeit und Mühe auf Jugendliche verwenden. Unser Ziel bleibt: Kein junger Mensch unter 25 Jahren soll länger als 3 Monate ohne Arbeit, Ausbildung oder weiterführende Beschäftigung sein. Dabei wird uns auch der mit der Wirtschaft vereinbarte Ausbildungspakt helfen. Schon im letzten Jahr ist mit einem Zuwachs von 22.500 Ausbildungsverträgen die Trendwende am Ausbildungsmarkt gelungen. Auch dieses Jahr sollen, das ist unser Ziel, alle ausbildungsfähigen und -willigen jungen Menschen ein Ausbildungsangebot bekommen.

Die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benötigen besondere Förderung. Den Trend der Verdrängung Älterer aus dem Arbeitsleben wollen wir stoppen. Mit lebenslangem Lernen, mit Lohnkostenunterstützung der Bundesagentur für Arbeit und mit der Förderung von bis zu 50 regionalen Beschäftigungspakten für Ältere. Hierfür stellen wir bis zu 250 Mio. Euro zur Verfügung. Weil der Arbeitsmarkt für Ältere in weiten Teilen Deutschlands weiterhin so schwierig ist, haben wir uns entschlossen, die ursprünglich für den 1. Februar 2006 vorgesehene Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I um zwei Jahre auf den 01.02.2008 zu verschieben. Damit wird auch die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Erstattung des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitslose entsprechend verlängert.

Um die Arbeitslosigkeit aber deutlich zu senken, brauchen wir mehr Wachstum und vor allem eine Stärkung der Binnennachfrage. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist vorrangig die Aufgabe der Unternehmen im Lande. Wir sorgen dafür, dass sie – gerade was Steuern und Abgaben angeht - wettbewerbsfähig sind. Und wir haben die Lohnnebenkosten gesenkt. Die Unternehmen sind nun in der Pflicht.

In meiner Funktion als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen setze ich mich für den Ausbau der Infrastruktur ein. Eine gute Infrastruktur stärkt den Standort und ist für das Gewerbe von enormer Bedeutung. Das sichert Arbeitsplätze und verbessert die Perspektiven einer Region.

Insbesondere die neuen Länder bieten attraktive Investitionsbindungen: Eine dynamisch wachsende Industrie mit spezialisierten Bereichen wie z.B. Mikroelektronik, Chemie oder Automobilwirtschaft, an denen Investoren andocken können. Gute Förderbedingungen verstärkten diesen attraktiven Standort.

Wir wollen eine Stärkung der regionalen Wirtschaft und ihrer Arbeitsplätze über Handwerk und Dienstleistungen. Deswegen fördern wir insbesondere mittelständische Betriebe:

· Innovative Mittelständler erhalten von der Mittelstandsbank zukünftig Kredite, die 2 Prozentpunkte unter dem Marktzins liegen.

· Durch eine rechtsformunabhängige und finanzierungsneutrale Unternehmenssteuer sollen künftig alle Betriebe – Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften – einheitlich besteuert werden.

· Die betriebliche Erbschaftssteuer wird so ausgestaltet, dass kleine und mittlere Unternehmen beim Übergang zur nächsten Generation fortbestehen.

· 20 % aller privaten Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen bis zu einer Höhe von 3.000 Euro, also maximal 600 Euro sind – zunächst auf 2 Jahre befristet – von der zu zahlenden Einkommensteuer abziehbar. Damit werden Handwerk und Mittelstand gestärkt und Arbeitsplätze geschaffen.

Weiterhin hat die SPD-geführte Bundesregierung hat das Anspringen der Binnenkonjunktur gefördert, indem zum Beispiel die Steuerbelastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer massiv gesenkt wurde. Insbesondere Familien wurden, auch durch die mehrfache Erhöhung des Kindesgeldes, deutlich besser gestellt.

Entscheidend ist die Stärkung der Investitionskraft der Kommunen, denen wir durch unsere Politik höhere finanzielle Spielräume ermöglicht haben. Die positive Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen bietet dazu Gelegenheit, wenn die Kommunen mindestens einen Teil davon in Investitionen statt zur Entschuldung einsetzen dürfen. Nur wenn Bund, Länder und Kommunen mit ihren Investitionen einvernehmlich auf Wachstum und Arbeit setzen, können öffentliche Investitionen am Arbeitsmarkt merklich positiv wirken.

Um Arbeitslosigkeit auch in Zukunft verhindern zu können, ist die Qualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von entscheidender Bedeutung. Das A und O ist eine gute und umfassende Bildung. Sie verhindert später auftretende Probleme auf dem Arbeitsmarkt und drohende Arbeitslosigkeit am nachhaltigsten:

· Darum finanziert die Bundesregierung z.B. in ihrem Ganztagschulen-Programm mit
4 Milliarden Euro den Ausbau von Schulen und somit die bessere Bildung unserer Kinder und Jugendlichen.

· Darum schaffen wir z.B. mit dem Tagesausbaubetreuungsgesetz bis 2010 rund 230.000 zusätzliche Plätze in Kindergärten, Krippen und in der Tagespflege. Für die Mütter und Väter heißt das echte Wahl zwischen unterschiedlichen Betreuungsmöglichkeiten und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

· Darum bleibt z.B. das Erststudium frei von Studiengebühren. Der Zugang zur Hochschule muss auch künftig überall besonders qualifizierten Absolventen einer Berufsausbildung ohne Abitur offen stehen. Das Bafög bleibt und wird nicht in ein Volldarlehen umgewandelt.

Wir wollen jedem und jeder Einzelnen unabhängig von der sozialen Herkunft Zugang zu guter Bildung ermöglichen. Das ist für uns ein Gebot der Gerechtigkeit.

Und es entspricht der ökonomischen Vernunft. Im Internationalen Wettbewerb werden wir nur bestehen, wenn wir den Reichtum unserer Talenten entwickeln und ausschöpfen.

Mit freundlichen Grüßen

Iris Gleicke