Frage an Irene Müller von Mark B. bezüglich Staat und Verwaltung
Wie vereinbaren Sie es eigentlich mit Ihrem Gewissen, dass Teile Ihrer Partei nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und dem politischem System der BRD eher ablehnend gegenüber stehen? Wie vereinbaren Sie es mit sich, dass Ihre Partei auf Bundesländerebene die hohen Arbeitslosenzahlen selber nicht in den Griff bekommt und auf Bundesebene dafür immer andere politische Parteien verantwortlich macht?Wie vereinbaren Sie es mit sich in einer Partei zu sein, die oft keine konstruktiven und realisierbaren Vorschläge unterbreitet und realistische Umsetzungen blockiert?
Werter Herr Bordach,
ich danke Ihnen für Ihre Fragen und möchte sie wie folgt beantworten.
Zuerst möchte ich Ihnen sagen, dass gerade mein Gewissen und daraus resultierende Verantwortlichkeiten für die Entwicklung unserer Gesellschaft für den Erhalt der Menschenwürde, der Achtung vor dem Menschen und meine Mitgliedschaft in der Linkspartei sich sehr gut vereinbaren lassen.
Diese politischen Ansätze verlangen von uns Kritik an der derzeitigen Machtausübung. Das hat wiederum nichts damit zu tun, dass wir nicht auf dem Boden des Grundgesetzes wären.
Wir sind eine demokratische Partei, als diese auch anerkannt und agieren, wie es unser politisches Verständnis zum Wohle der Menschen in unserer Republik verlangt.
Dabei machen wir sehr wohl auch bei bestimmten Themen darauf aufmerksam, was dazu im Grundgesetz steht. Das ist manchmal auch dringend notwendig. Als Beispiel nenne ich dafür nur den Art. 1 des Grundgesetzes, welcher sehr richtig davon spricht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Im dazu gefassten Kommentar waren uneingeschränkt alle Menschen gemeint, unabhängig von ihrer Lebenssituation. Im Zusammenhang mit den Diskussionen im Bundestag zur Problematik Forschung an embryonalen Stammzellen, zu Pränataldiagnostik wurde dieser Kommentar geändert, aufgeweicht. Nicht von uns, nicht von der Linkspartei. Wir gaben nicht den Auftrag, eine „moderne“ Formulierung zu finden. Unsere Partei ist nicht in allen Bundesländern in der Regierungsverantwortung, wir können die hohen Arbeitslosenzahlen also auf Bundesländerebene nicht von heute auf morgen in den Griff bekommen.
Allerdings sagen wir seit Anfang der 90’iger Jahre, weshalb die Arbeitslosigkeit so hoch ist und auch, wie man sie in den Griff bekommen könnte. In einer Demokratie braucht man aber, um neue politische Ansätze durchzusetzen, auch Mehrheiten. Deshalb haben wir als Mitglieder der Linkspartei es gelernt, unsere Handlungsvarianten konsequent und sachlich zu debattieren. Unsere Argumente müssen immer hieb- und stichfest sein, auf allen politischen Ebenen. Wir müssen immer aufzeigen können, wie es auch anders geht und dass es Alternativen gibt. Es dauert oft lange, aber unsere Gedanken werden auch aufgenommen. Es gab Zeiten, da wurden wir über unsere Ansätze zu einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor ausgelacht. Mit Hilfe unseres Arbeitsministers in MV haben wir gezeigt, wie wir es meinen. Und jetzt sprechen PolitikerInnen anderer Parteien ebenfalls vom öffentlichen Beschäftigungssektor und schaffen somit Arbeitsplätze.
Der Erhalt und Ausbau der Kindertagesstätten, der rechtliche Anspruch auf einen Platz in der KiTa, das Vorschuljahr - alles Dinge, für die wir noch vor wenigen Jahren ausgelacht wurden.
Die Schulpolitik, längeres gemeinsames Lernen, die Entwicklung des Tourismus , es gibt viele Themen, welche wir sehr konsequent diskutiert haben und die Arbeitsplätze geschaffen haben.
Lesen Sie bitte, wenn sie möchten, die dementsprechenden Seiten der Linkspartei im Internet nach, da sind noch viele Ergebnisse mehr aufgelistet.
Natürlich gibt es auch Themen, die wir politisch nicht unterstützen, auch blockieren, soweit es in unseren Kräften steht.
Das betrifft die Frage Krieg und Kriegseinsätze. Da sind wir konsequent dagegen und fordern, alle politischen Mittel auszuschöpfen, damit entweder der Frieden erhalten bleibt oder der Frieden geschaffen wird. Gewalt erzeugt Gewalt, das ist keine Lösung.
Themen, die wir blockiert hätten und dadurch Fortschritt verhindert hätten, fallen mir nicht ein. Falls Sie da ein ganz bestimmtes Beispiel vor Augen haben, bitte ich Sie, dieses anzuzeigen.
Vielleicht ist es ja auch so, dass Berichterstattungen nicht ganz vollständig waren und die Alternativen der Linkspartei nicht aufgezeigt wurden. Ich würde Ihnen gern helfen, die Antwort für Haltungen zu finden, denn eine generelle Opposition, ohne begründen zu können, warum und andere Vorschläge zu unterbreiten, lehnen wir eigentlich ab.
Ich habe versucht, Ihre Fragen so umfassend wie möglich zu beantworten, das ist aber sehr schwer, da politische Ansichten nur an konkreten Beispielen dargestellt werden können.
Ich bin gern bereit, auf Nachfragen zu reagieren.
Irene Müller