Irene Mihalic
Irene Mihalic
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Annette S. •

Frage an Irene Mihalic von Annette S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Mihalic!
Ich bitte um Beantwortung folgender Fragen:
Was wird dafür getan, dass die Corona Impfungen in den Hausarztpraxen anlaufen bzw. besser organisiert werden?
Wo liegen die Problemstellen und was wird dafür getan, um sie zu lösen?
Reden Sie mit Verantwortlichen in den Ländern, in denen bisher erfolgreicher (=umfassender) geimpft wird, um zu erfahren, wie der Impfprozess hier beschleunigt werden kann?
Mit freundlichen Grüßen
Annette Schwarz

Irene Mihalic
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schwarz,

herzlichen Dank für Ihre Nachricht und die darin formulierten Fragen, die ich Ihnen aus der Sicht als Oppositionspartei im Deutschen Bundestag gern beantworte. Die dezentrale Impfung gegen SARS-CoV-2 über die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, zunächst vor allem in Hausarztpraxen, aber zeitnah auch über die Fach- und Betriebsärzteschaft ist wichtig und muss jetzt mit aller Kraft vorbereitet werden. Wir müssen rauskommen aus dem Modus zu langsam, zu spät, zu unvorbereitet.

Die Fachverbände selbst fordern seit Wochen eine zeitnahe Einbeziehung in die Impfkampagne. In den insgesamt 50.000 Hausartpraxen, die über die notwendige Impf-Infrastruktur verfügen, könnten bei ausreichend vorhandenem Impfstoff in wenigen Wochen bis zu 20 Millionen Impfdosen verabreicht werden. Das würde der stockenden Impfkampagne den lang ersehnten Aufschwung geben. Außerdem wissen Haus-, Fach- und Betriebsärztinnen und Ärzte genau Bescheid über ihre (Risiko-)Patient*innen, verfügen über ein eigenes funktionierendes Terminvergabesystem, haben durch Grippeschutz-Impfungen Erfahrung mit Dokumentation und Meldungen im Rahmen von Impfsurveillance und sie haben ein nicht zu unterschätzendes Vertrauensverhältnis zu ihren Patient*innen, was persönliche Beratung und Aufklärung erleichtert. Außerdem könnten beispielweise Hausärzt*innen in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen, die zu Hause betreut werden entscheidend zu einer schnelleren Verimpfung beitragen. Auch die Akzeptanz gegenüber den Hausärzt*innen kann eine positive Rolle bei der Impfbereitschaft und der daraus resultierenden Impfquote spielen.

Für alte Menschen ist der Nutzen einer Impfung weiterhin um ein Vielfaches größer als für junge Menschen. Unser oberstes Ziel muss es weiterhin sein zuerst die vulnerablen Gruppen zu impfen. Gleichzeitig muss die Impfgeschwindigkeit deutlich angezogen werden, was auf Halde ist muss auch schnellstmöglich verimpft werden, denn wir befinden uns in einem Wettlauf gegen die Pandemie. Wichtig ist für uns, dass die gültige Prioritätenliste auch für niedergelassene impfende Ärztinnen und Ärzte eine Richtschnur sein muss, die Umsetzung sollte jedoch lebensnah erfolgen. Ärztinnen und Ärzte sollten eine gewisse Entscheidungsfreiheit innerhalb ihrer Patient*innenschaft bekommen. Solche Ausnahmeregelung sieht auch die aktuelle Coronavirus-Impfverordnung bereits vor.
Was nicht passieren darf ist, dass die dezentrale Verimpfung dazu führt, dass vulnerable, sozio-ökonomisch benachteiligte Gruppen, die Hausärzt*innen seltener aufsuchen, schlechteren Zugang zu Impfungen haben. Deshalb ist in jedem Fall eine zweigleisige Strategie notwendig! Die zentralen Impfzentren bleiben weiterhin wichtig, vor allem für junge, mobile, berufstätige Menschen, die z.B. durch ihren Beruf ein erhöhtes Expositionsrisiko haben oder aus anderen Gründen über ein erhöhtes Risiko eines schweren Verlaufs verfügen.

Die Bundesregierung hat sich zu lange auf die zentral organisierte Impfkampagne über die Impfzentren konzentriert und hat es versäumt, die dezentrale Verimpfung durch entsprechende Rahmengesetzgebung rechtzeitig vorzubereiten. Die entsprechenden Regelungen werden zwar jetzt über Verordnungen erlassen, aber bei der Impfstoffverteilung wird immer noch primär auf die Impfzentren gesetzt. In einigen Bundesländern und Kommunen gibt es bereits seit Anfang März 2021 Pilotprojekte zur Einbeziehung von Hausäzt*innen.
Wir können es uns nicht leisten, wegen mangelnden Weitblicks immer wieder Zeit zu verschenken. Stattdessen müssen wir einem Impfstau durch vorausschauende Planung zuvorkommen.

Mit freundlichen Grüßen
Irene Mihalic

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