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Frage von Henning L. •

Frage an Ingrid Heckner von Henning L. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,

gem. Art. 65 BayBG kann ein öffentlicher Dienstherrn jeder seiner Mitarbeiter zu einer amtsärztlichen Untersuchung schicken. Die Gründe hierfür sind relativ geringfügig und stehen im freien Ermessen des Vorgesetzten. Aufgrund der Rechtssprechung des BayVGH (z.B. 09.09.2005, 3CS05.1883, 09.02.2006 3CS95.2955 u.a.) ist eine solche Anordnung kein Verwaltungsakt, der selbstständig angefochten werden kann und der betroffene Beamte somit der Willkür seines Dienstherrn ausgesetzt.

Vor dem Hintergrund der zahlreichen Grundrechte, in denen der Beamte verletzt wird durch die Sammlung von höchstpersönlichen Daten (hier Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1, 2 GG, Art. 99, 100 BayV) und den immer häufiger auftretenden Konflikten in der Arbeitswelt, vor denen auch der öffentlichen Dienst nicht haltmacht, deshalb meine Frage

1) Sehen Sie an dieser Stelle Handlungsbedarf, die dem betroffenen Beamten eine Handhabe gegen eine solche Datensammelwut öffentlicher Stellen einräumt?
2) Wollen Sie deshalb Art. 65 BayBG dahingehend ändern, dass eine solche Verfügung selbstständig angefochten werden kann?
3) Wenn Sie keinen Änderungsbedarf sehen: wie wollen Sie dann sicher stellen, dass auch Beamte gegen Willkürmassnahmen ihrer Arbeitgeber hinreichend geschützt sind?

Mit freundlichen Grüssen
Henning Lesch

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Lesch,

für Ihre Anfrage über die Internetseite www.abgeordnetenwatch.de vom 13.8.2011 danke ich Ihnen. Sie setzen sich darin kritisch mit der Vorschrift des Art. 65 BayBG auseinander, die es den Dienstvorgesetzten ermöglicht, bei Zweifeln über die Dienstunfähigkeit eines Beamten eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, und bitten um Beantwortung der folgenden Fragen:

1) Sehen Sie an dieser Stelle Handlungsbedarf, die dem betroffenen Beamten eine Handhabe gegen eine solche Datensammelwut öffentlicher Stellen einräumt?

2) Wollen Sie deshalb Art. 65 BayBG dahingehend ändern, dass eine solche Verfügung selbstständig angefochten werden kann?

3) Wenn Sie keinen Änderungsbedarf sehen: wie wollen Sie dann sicher stellen, dass auch Beamte gegen Willkürmassnahmen ihrer Arbeitgeber hinreichend geschützt sind?

Diese Fragen kann ich Ihnen wie folgt beantworten:

Zu 1): Ihre Kritik, dass es sich bei einer ärztlichen Untersuchung nach Art. 65 BayBG um eine "Datensammelwut öffentlicher Stellen" handelt, halte ich nicht für gerechtfertigt. Für mich ist es selbstverständlich, dass sich ein Beamter, der schließlich auf Lebenszeit staatlich alimentiert ist, im Falle der Dienstunfähigkeit auch einer ärztlichen Untersuchung unterziehen muss. Die ärztliche Untersuchung vermeidet gerade willkürliche Entscheidungen. Denn wie sonst sollte ein Dienstvorgesetzter, der in der Regel medizinischer Laie ist, sich ein Urteil über die Dienstfähigkeit eines Beamten bilden können. Die datenschutzrechtlichen Belange des betroffenen Beamten sind durch das in Art. 67 BayBG geregelte Verfahren über die Mitteilung von Untersuchungsbefunden ausreichend geschützt. Ich sehe deshalb keinen Handlungsbedarf, an dieser Vorschrift etwas zu ändern.

Zu 2): Die Vorschrift von Art. 65 BayBG dahingehend zu ändern, dass die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung selbstständig vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar sein sollte, halte ich nicht für notwendig. Denn die ärztliche Untersuchung dient nur der Vorbereitung der behördlichen Entscheidung über die Dienstfähigkeit des Beamten, welche den anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt. Im Rahmen einer etwaigen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung dieses Verwaltungsakts wäre dann auch über die Rechtmäßigkeit der Anordnung der ärztlichen Untersuchung inzidenter zu entscheiden.

zu 3): Die Gefahr willkürlicher Anordnungen von ärztlichen Untersuchungen sehe ich nicht, da im Gesetz genau geregelt ist, in welchen Fällen eine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit überhaupt in Betracht kommt. Sehr geehrter Herr Lesch, ich danke nochmals für Ihre Anfrage, bitte aber auch um Verständnis, dass ich Ihre Kritik insgesamt nicht nachvollziehen kann. Die Entscheidung über die Dienstfähigkeit eines Beamten und die damit verbundene Entscheidung über staatliche Versorgungsleistungen auf eine sachlich fundierte Grundlage zu stellen, die nur eine ärztliche Untersuchung bilden kann, ist Aus-druck der Verantwortung des Staates gegenüber seinen Beamten, aber auch gegenüber den Steuerzahlern.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Heckner