Frage an Ingrid Fischbach von Sebastian Stephan K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Fischbach,
mit Sorge beobachte ich, wie Herr Innenminister Dr. Schäuble die Einrichtung eines Überwachungsstaats unter dem Deckmantel der Abwehr von Terrorgefahr vorantreibt. Dazu zähle ich unter anderem
* die Online-Durchsuchung von PCs,
* die Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten,
* die Aufnahme von biometrischen Merkmalen in Ausweisdokumenten,
* Verwendung der Mautdaten zur Aufklärung von Straftaten.
Keine der Maßnahmen ist geeignet um die Sicherheit der Bürger in Deutschland signifikant bezüglich eines Terroranschlags zu erhöhen. Gleichzeitig forcieren aber alle Maßnahmen einen massiven Abbau der Grundrechte aller Bürger.
Noch gefährlicher wird es aber, wenn alle gesammelten Daten eines Tages miteinander verknüpft werden. Das wird nicht passieren? Ich erinnere noch mal an das Versprechen zur Nutzung der Mautdaten zu reinen Abrechnungszwecken.
Ich erwarte von der Politik den Schutz meiner Sicherheit - aber auch meiner Freiheit und meiner persönlichen Daten. Über die letzten Jahren betrachtet, gewinnt man aber immer mehr den Eindruck, dass Datenschutz als etwas lästiges angesehen wird. Anders kann ich mir auch nicht die Einigung zur Weitergabe von Fluggastdaten an die USA erklären. In dem Abkommen wird auf keinerlei Datenschutz in den USA bestanden. Was passiert mit meinen Daten dort?
Für mich sind die Äußerungen und Vorschläge von Innenminister Dr. Schäuble sowie die weiteren angesprochenen Maßnahmen im Kampf gegen den Terror nicht tragbar. Sie bringen keine Sicherheit, sondern manifestieren einen polizeilichen Überwachungsstaat.
Ich würde mich freuen, ihre Position zu den Handlungen und Gesetzesinitiativen von Herrn Dr. Schäuble zu erläutern, und wie Sie den Wert des Datenschutzes in der heutigen Zeit beurteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Kelm
Sehr geehrter Herr Kelm,
vielen Dank für Ihre Email, in der Sie das Thema „Sicherheit“, insbesondere unter anderem unter den Aspekten Online-Durchsuchung von PCs und Datenschutz ansprechen.
Ich kann Ihre Besorgnis bzgl. des Datenschutzes sehr gut nachvollziehen, die persönliche Freiheit und der Schutz persönlicher Daten stellen auch für mich ein hohes Gut dar, mit dem nicht beliebig verfahren werden darf. Eventuelle Eingriffe müssen daher immer vor der auslösenden Situation bewertet und gewichtet werden.
Fakt ist: Jedem terroristischen Anschlag geht Kommunikation voraus, die beispielsweise mehr und mehr online über Computer abgewickelt wird. Ich stimme Ihnen deshalb zu, dass Sie richtigerweise von der Politik in Ihrer Email neben einem funktionierenden Datenschutz auch den Schutz ihrer Sicherheit fordern. Angesichts der globalen Bedrohung durch den internationalen Terrorismus müssen deshalb Entscheidungen auch vor diesem Hintergrund getroffen werden.
Mit der Durchführung einer verdeckten Online-Durchsuchung können die Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse erlangen, die sie mit der Durchführung einer offenen Maßnahme, wie etwa die Beschlagnahme des Rechners der Zielperson, nicht oder nicht in dem entsprechenden Umfang gewinnen könnten. Die Durchführung einer "offenen Durchsuchung" beim Beschuldigten setzt diesen notwendig von den gegen ihn geführten Ermittlungen in Kenntnis. Hierdurch kann eine weitere Erforschung des Sachverhalts und eine Aufdeckung der Täterstrukturen erschwert oder gar vereitelt werden. Während eine "offene" Durchsuchung regelmäßig eher am Ende eines Ermittlungsverfahrens steht, kann die "Online-Durchsuchung" in einem Stadium, in dem die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens dem Beschuldigten noch nicht bekannt ist, dazu dienen, weitere Ermittlungsansätze auch im Hinblick auf Tatbeteiligte oder Tatplanungen zu gewinnen.
Deshalb unterstütze ich Bundesminister Dr. Schäuble in seiner Zielsetzung, die erforderliche Rechtsgrundlage für Online-Durchsuchungen zur Abwehr terroristischer Gefahren zu schaffen. Eine solche Maßnahme sollte dabei nur aufgrund richterlicher Anordnung und nur bei bestimmten schweren Straftaten erfolgen. Bei der technischen Ausgestaltung solcher Maßnahmen ist darauf zu achten, dass unerwünschte Nebeneffekte und Risiken für Dritte ausgeschlossen werden können. Einzelheiten werden derzeit zwischen den betroffen Ressorts geklärt.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Fischbach