Frage an Ingrid Fischbach von Hans-Jörg G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Fischbach,
wieso ist es möglich, dass das sog. Freihandelsabkommen zw. Europa und den USA ohne demokratische Beteiligung (keine ungehinderte Einsicht des Europarlaments und ohne öffentliche Debatte)darüber stattfinden kann. Und warum wird dies nicht im Deutschen Bundestag offen diskutiert. Wir wissen doch inzwischen, dass es so gut wie keine Arbeitsplätze bringt, dass es deutsche und europäische Standards unterläuft (denn z.B. der Mindestlohn wird nicht erwähnt, also kann jede Firma Mindestlöhne nicht anwenden und gegen (z.B.) die entsprechenden deutschen Gesetze vor einem internationalen Gericht (welches undemokratisch zustande kam) wg. Vertragsverletzung mit Erfolg klagen. Kurz: Uns wird das Wirtschaftssystem der plutokratischen USA übergestülpt. Dort gilt nachweislich schon lange nicht mehr das Wohl des Volkes, sondern der Großkonzerne. Noch einmal: Warum ist das kein öffentliches Thema in Deutschland?
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung auf baldige Antwort
Hans-Jörg Grunert
Sehr geehrter Herr Grunert,
herzlichen Dank für Ihre Mail zum Freihandelsabkommen auf abgeordnetenwatch.de vom 13. August 2014.
Für die Regelung der internationalen Handelspolitik der EU-Mitgliedstaaten ist nach den EU-Verträgen seit Jahrzehnten die EU zuständig. Die EU Kommission führt internationale Verhandlungen, sie stimmt sich hierzu laufend in einem beratenden Ausschuss mit den EU-Mitgliedstaaten ab. Handels- und Investitionsabkommen, die Zuständigkeiten sowohl der EU als auch Zuständigkeiten der EU-Mitgliedstaaten betreffen (so genannte gemischte Abkommen), bedürfen der Ratifizierung auch der nationalen Parlamente in der EU, also auch des Deutschen Bundestages.
Gerade auch in der deutschen Öffentlichkeit werden derzeit vielfach Befürchtungen laut bzw. Ängste geschürt, dass die laufenden Verhandlungen zu internationalen Handelsabkommen (z. B. TTIP, CETA, TiSA) zu sehr im Geheimen geführt und am Ende bewährte Standards und Niveaus etwa in den Bereichen Arbeitnehmerrechte und -schutz, soziale Sicherheit, Umweltschutz, Gesundheitsschutz, Lebensmittelsicherheit, Verbraucherschutz, öffentliche Dienstleistungen, Daseinsvorsorge („public utilities“, etwa die Wasserversorgung), kulturelle Einrichtungen und/oder die kulturelle Vielfalt aufs Spiel gesetzt würden.
Die Bundesregierung informiert Bundestag und Bundesrat mit regelmäßigen Berichten etwa aus dem Handelspolitischen Ausschuss (Dienstleistungen und Investitionen) über Berichte der EU‑Kommission zum Fortschritt von Verhandlungen und leitet die entscheidenden Dokumente hierzu an den Bundestag und den Bundesrat weiter. Zusätzlich werden Veranstaltungen im Ressortkreis, mit den Bundesländern, mit Wirtschaftsverbänden, der Wissenschaft, der Gesellschaft und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) durchgeführt, bei welchen ausführlich über den Stand der Diskussionen berichtet wird.
Alle Berichte, die vorliegen, werden an die betroffenen Ausschüsse des Deutschen Bundestages weitergeleitet und in den Ausschuss-Sitzungen auch ausgiebig diskutiert.
Gerne stehe ich Ihnen auch zu einem persönlichen Gespräch in Herne zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Fischbach, MdB