Frage an Ingrid Fischbach von Max L. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Fischbach,
da heute zum ESM-Vertrag neue Details zu lesen waren, habe ich zu diesem sehr wichtigen Thema noch eine Nachfrage.
Sie schrieben auf dieser Website am 05.07.:
"Alle wesentlichen Entscheidungen, die der ESM treffen kann,[...], müssen einstimmig durch den Gouverneursrat des ESM getroffen werden. Deutschland verfügt über seinen Vertreter im Gouverneursrat dabei bei allen wichtigen Entscheidungen des ESM über ein Vetorecht. [...]. Die Entscheidung liegt also beim Deutschen Bundestag, dem Parlament."
Auf faz.net ist hingegen heute von einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu lesen. Darin ist folgendes zu lesen ( http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schuldenkrise-eurostaaten-erwaegen-rettungsfonds-ohne-limit-11838582.html )
"...sind die Kontrollrechte des Bundestags beim ESM doch nicht so umfassend wie von der Bundesregierung angegeben. [...] der ESM könne auch von Deutschland weitere Bareinzahlungen in Milliardenhöhe abrufen, ohne dass dagegen eine Veto-Möglichkeit von deutscher Seite besteht.
Dabei geht es um den Fall, dass mögliche Verluste des Rettungsfonds beim eingezahlten Stammkapital von 80 Milliarden Euro ausgeglichen werden müssen. In diesem Fall könnte das ESM-Direktorium - anders als bei einer Erhöhung des Kapitals oder des Darlehensvolumens - das Kapital mit einfacher Mehrheit von den ESM-Mitgliedsländern abrufen."
Dem Bundestag bleibt also nicht in jedem Fall ein Vetorecht; Milliardenbeiträge können ohne Zustimmung des Bundestages abgerufen werden.
Können Sie diesem Bericht widersprechen oder lagen Sie mit Ihrer zuvor gemachten Äußerung falsch?
MfG
M. Linke
Sehr geehrter Herr Linke,
vielen Dank für Ihre Email auf abgeordnetenwatch.de, in welcher Sie Stellung zum ESM-Vertrag nehmen.
Die Argumente, die in dem von Ihnen erwähnten Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes aufgeführt werden, sind nicht neu. Ich bleibe daher bei meiner Einschätzung, dass Deutschland für alle wichtigen Entscheidungen des ESM über ein Vetorecht verfügt.
Zwar können weitere Bareinlagen auch ohne Veto-Möglichkeit von deutscher Seite abgerufen werden, die Voraussetzungen für ein solches Nachschießen von Kapital sind zudem sehr eng. Weitere Zahlungen können nämlich nur abgerufen werden, wenn es vorher beim Eigenkapital zu entsprechenden Ausfällen gekommen ist. Deshalb besteht die Möglichkeit, bereits vor dem Beschluss einzelner Programme, bezogen auf den ESM, darauf zu achten, dass bei Eigenkapitaleinlagen Ausfälle vermieden werden bzw. wenn mit Ausfällen zu rechnen ist, die Größe der Einlagen zu begrenzen. Der Deutsche Bundestag kann daher bereits vorbeugend dafür Sorge tragen, dass die im Gutachten beschriebene Situation nicht eintritt.
Ich möchte daher weder dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes widersprechen noch denke ich, dass ich mit der von mir getätigten Äußerung falsch lag.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Fischbach, MdB