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Frage von Michael B. •

Frage an Ingrid Fischbach von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Fischbach,

am 27.10.09 hatten Sie unter dem Titel "Gleichstellung mit neue Vorzeichen" auch die Entwicklung einer "eigenständigen Jungen- und Männerpolitik" angekündigt. Im Spiegel vom 16.10.09 hörte sich dies noch so an: ".. dabei insbesondere die Bildungs- und Entwicklungschancen von Jungen und Männern verbessern, ihre Lebensentwürfe erweitern und neue Perspektiven eröffnen."

Nun steht im Koalitionsvertrag: "... und bereits bestehende Projekte für Jungen und junge Männer fortführen und intensivieren. Damit eröffnen wir ihnen auch in erzieherischen und pflegerischen Berufen erweiterte Perspektiven...."

Der VDI meldet mindestens einmal im Monat, dass Ingenieure fehlen, z. B. VDI-Nachrichten vom 07.05.10, "Wir brauchen mehr als 45 000 Absolventen pro Jahr".

Es ist klar, dass auch männliche Erzieher fehlen.

Aus der Diskussion mit einem Kollegen dessen Sohn in der 4. Klasse ist, habe ich erfahren, dass ihm eine Empfehlung für die Hauptschule gegeben wurde. Nach Proteste der Eltern, bekam er innerhalb 2 Wochen die Empfehlung für das Gymnasium. (Der Eltern sind hochintelligent, die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Kind es ist, ist recht hoch)

Daher meine Frage: Ist die Koalitionsvereinbarung dahingehend zu verstehen, dass - trotz Begabung - die Jungs in niedrigere Bildungsabschlüsse gedrängt werden sollen, um ihnen "in erzieherischen und pflegerischen Berufen erweiterte Perspektiven" zu "eröffnen"?

Wie sinnvoll wäre eine solche Handlungsweise, wenn bekannt ist, dass wir Ingenieure brauchen und Deutschland jährlich mindestens 3 Milliarden EUR durch fehlende Wertschöpfung verliert, aufgrund des vorhandenen Ingenieurmangels (VDI-Nachrichten, 23.04.10)?

Wäre es nicht sinnvoller, arbeitslosen Ingenieuren die Möglichkeit zu gegeb, auch als Lehrer tätig zu werden? Z. B. bis sie erneut in ihrem Beruf einsteigen oder bis zur Rente, wenn sie z. B. als über 50-Jährige arbeitslos werden?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Baleanu

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Baleanu,

vielen Dank für Ihre Email auf Abgeordnetenwatch.de zur Gleichstellungspolitik. Gleichwohl muss ich feststellen, dass viele Aspekte Ihrer Frage den Bereich der Bildungspolitik berühren, für diesen sind die Bundesländer zuständiger Ansprechpartner im Bereich der Gesetzgebung. Daher muss die Frage nach einer Einstellung von Ingenieuren in den Schuldienst auch von den Kultusministerien der jeweiligen Länder entschieden werden.
Ich interpretiere das von Ihnen erwähnte Beispiel aus Ihrem Bekanntenkreis nicht so, dass Jungen und junge Männer, trotz Begabung- in niedrige Bildungsabschlüsse gedrängt werden sollen, um ihnen im Erziehungs- und Pflegebereich Perspektiven zu eröffnen. Die Bundesländer bzw. die betreffenden Lehrer, die für solche Schulempfehlungen zuständig sind, würden sich wohl zurecht gegen eine derartige „Weisung“ wehren, wenn sie ihnen von Seiten der Bundesregierung auferlegt werden würde. Die Bundesregierung möchte die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass jedes Kind, unabhängig von seinem Geschlecht, den Beruf ergreifen kann, den es mit seinen Fähigkeiten auszufüllen vermag. Angesichts der Tatsache, dass wir in den kommenden Jahren einen Mangel im Bereich der Pflegekräfte zu verzeichnen haben werden, müssen wir bereits heute nach Lösungen suchen. Junge Männer, die Interesse an einer solchen Betätigung haben, werden wir daher bestimmt nicht davon abhalten, sich einen Ausbildungsplatz im pflegerischen Bereich zu wählen. Genauso wollen wir angesichts des bevorstehenden Fachkräftemangels Frauen dazu ermutigen, sich einen Ausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatz im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu suchen. Hierbei soll aber niemand mit bestimmten Noten in ein gewisses Beschäftigungsfeld gedrängt werden, jeder soll weiterhin frei die Wahl seines Berufs treffen können. Die Bundesregierung hat sich dabei zur Aufgabe gemacht, das Spektrum dieser Entscheidung für möglichst viele Jugendliche zu erweitern. Auch Mädchen erhalten manchmal Empfehlungen für weiterführende Schulen, die nicht dem Intellekt dieser Kinder entsprechen. Ich würde daher nicht die Überlegung anstellen, dass Frauen systematisch aus höheren Bildungsabschlüssen verdrängt werden sollen. Ebenso kann ich nicht feststellen, dass automatisch alle jungen Männer mit Hochschulreife eine Ingenieurskarriere anstreben. Wir streben daher einen verstärkten Ausbau der Bildungsstrukturen in unserem Land an, damit alle Schülerinnen und Schüler eine Förderung erhalten, die ihnen eine unabhängige Berufswahl aus einem breiten Branchenspektrum ermöglicht.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Fischbach, MdB