Frage an Ingo Wellenreuther von Rafael V. bezüglich Wirtschaft
Hallo Herr Wellenreuther,
meine Fragen bezieht sich auf das Exportverhalten der deutschen Wirtschaft:
Zum einen frage ich mich warum wir Waffenexporte nicht stärker kontrollieren. Natürlich sind die Käufer bisher immer Staaten oder relativ vertrauenswürdige juristische Personen gewesen. Diese Waffen werden zur Verteidigung gegen unter anderem dem IS eingesetzt. Jedoch würde mich interessieren in wie weit sie denken, dass diese Waffen zur Stabilisierung/Destabilisierung der Krisenregionen beitragen in die sie geliefert werden. Sind sie der Meinung, dass die Käufer diese zur Verteidigung brauchen? Könnte eine erhöhte Dichte von legalen Waffen in einer Region - egal bzw. respektive bei bei Privatpersonen, Sicherheitsagenturen oder staatlichem Militär - dazu beitragen, dass der Zugang zu Waffen auf dem Schwarzmarkt leichter/billiger wird?
Zum anderen ist meine Frage allgemeiner darauf bezogen, dass man in den Medien immer wieder hört, dass Deutschland zu viel exportiert (ganz allgemein). Da das meiner Meinung nach die Stärke der deutschen Mittelständler ist, sich Nieschen zu suchen und dort Weltmarktführer zu werden, verstehe ich durchaus dass es so ist. Aber in wie fern sollte das schlecht sein, dass Deutschland zu viel exportiert? In Makroökonomie lernte ich, dass davon auch die Inflation abhängt. Vertreten sie die Meinung, dass die starke Exportwirtschaft zu einem stabilen Euro beiträgt? Und was bedeutet das ihrer Meinung nach für Deutschland und andere EU Staaten?
Ich hoffe sie können meine Fragen beantworten. Viele Grüße und alles Gute
R. V.
Sehr geehrter Herr V.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Zu Ihrer ersten Frage zum Thema Rüstungsexport kann ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung im vergangenen Jahr weniger Rüstungsexporte genehmigt hat als in den vorangegangenen. Durch das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz wird der Export von Rüstungsgütern auf einen engen rechtlichen Rahmen beschränkt. Der Begriff der Rüstungsgüter ist weit gefasst, um beispielsweise auch sog. „Dual-Use-Güter“, also Güter, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke genutzt werden können, zu erfassen.
Ein Exportantrag, ob ein Staat Rüstungsgüter erhält, unterliegt einer intensiven und strengen Prüfung. Anfragen aus Nicht-NATO und Nicht EU-Staaten, sog. Drittstaaten unterliegen einer besonderen Untersuchung. Die Entscheidungsfindung erfolgt zwischen den beteiligten Ministerien, für gewöhnlich dem Bundesministerium der Verteidigung, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Auswärtigem Amt. Darüber hinaus kann bei besonders schwierigen Exportanfragen der Bundessicherheitsrat sich mit der Anfrage beschäftigen.
Die Bundesrepublik Deutschland ist Standort einer weltweit geschätzten und hochtechnologisierten Verteidigungsindustrie, wovon auch zehntausende Arbeitsplätze abhängen. Größter Profiteur ist zunächst unsere Bundeswehr. Bei allen darüber hinausgehenden Exportanfragen und Exportentscheidungen wäge die Bundesregierung genau ab. Die Ablehnung von Exportanfragen hab es beispielsweise gegenüber des NATO-Partners Türkei. Diese hatte seit Anfang 2016 insgesamt 11 Exportanträge gestellt. Vor dem Hintergrund des Kurdenkonflikt sowie der allgemeinen Menschrechtslage wurden die Exportanfragen abgelehnt.
Grundsätzlich können Rüstungsexporte zur Stabilisierung in Krisengebiete beitragen. Jedoch ist in Krisenregionen immer eine Abwägung zu treffen, insbesondere was auch den Endverbleib von Rüstungsgütern angeht. Die Bundesregierung hat sich bereits dafür eingesetzt, den Endverbleib, besonders von Kleinwaffen stärker zu kontrollieren, damit Rüstungsgüter gerade nicht zur Destabilisierung beitragen.
Hinsichtlich Ihrer zweiten Frage, dem Exportüberschuss der Bundesrepublik Deutschland teile ich Ihre Meinung, dass der Export von Gütern die Stärke unseren Mittelstandes ausmacht. Deutsche Firmen setzten sich mit ihren Produkten nicht wegen politischer Einflussnahme, sondern wegen ihrer Qualität durch. Viele Produkte kommen zudem von so genannten „Hidden Champions“, also von Mittelständlern, deren Namen zum Teil nur Fachkennern - dafür aber auf der ganzen Welt -bekannt sind.
Allgemein steht Deutschland wirtschaftlich sehr gut dar. So viele Menschen haben Arbeit wie nie zuvor. Die in Deutschland hergestellten Waren, Güter und Ingenieurleistungen werden auf der ganzen Welt nachgefragt. Die Möglichkeiten Deutschlands, seinen Leistungsbilanzüberschuss zu verringern, ohne sich selbst und anderen Schaden zuzufügen, sind begrenzt. Generell ist hoch umstritten, ob die Bundesregierung viel gegen einen hohen Exportüberschuss tun kann und überhaupt tun sollte, da starke wirtschaftliche Rahmendaten Deutschland und seinen Partnern gleichermaßen nutzen. Besonders intensiv ist der Handel mit benachbarten Volkswirtschaften, die eine starke industrielle Basis aufweisen, unternehmensfreundliche, ordnungspolitische Rahmenbedingungen bieten und gut in die internationalen Wertschöpfungsketten eingebunden sind.
Die Politik in Deutschland und der EU hat mit gutem Grund auch keinen direkten Einfluss auf unsere Währung. Das war bei der Deutschen Bundesbank so, deren Unabhängigkeit maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands beigetragen hat, und das ist aus gutem Grunde auch bei der Europäische Zentralbank EZB so. Den Euro-Kurs kann die Bundesregierung nicht steuern. Auf ihn hat nur die EZB Einfluss.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther