Frage an Ingo Egloff von Rolf K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Egloff,
immer wieder ist von Fällen zu hören, wo langjährige Mitarbeiter aufgrund eines Diebstahls von meist wertlosen Dingen fristlos gekündigt wurden.
Ich meine hier speziell Gegenstände die weggeschmissen werden sollten. Eine Metzgereiverkäuferin, die eine Scheibe Wurst nach Feierabend isst, die in den Müll sollte. Ebenso übrig gebliebendes Patientenessen in einem Altenheim. Es gibt noch sehr viele Fälle mehr.
Dem Arbeitgeber ist durch den angeblichen Diebstahl kein Schaden entstanden, somit ist die Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters damit nicht zu begründen. Es soll sich vielmehr Mitarbeiter, welche noch alte teure Arbeitsverträge besitzen entledigt werden.
Vielmehr sollte es doch im Sinne des Arbeitgebers sein, solche Dinge den Arbeitnehmern zu schenkenanstelle sie zu vernichten. Denn hat beispielsweise ein Altenpfleger Spätschicht von 15-23 Uhr, so ist dieser nach dem Essen viel motivierter und arbeitsfähiger, denn zu dem Zeitpunkt hat keine Kantine mehr auf, die Zeit zum Kochen fehlt aufgrund Zeitmangels in Pflegeheimen und Krankenhäusern eigentlich grundsätzlich.
Wie sehen Sie das Thema Diebstahl von Dingen die weggeworfen werden sollten?
Sollte es nicht ein Gesetz geben, welches besagt dass es sich bei weggeworfenem bzw. wegzuwerfenden Eigentum vom Arbeitgeber, welches sich vom Arbeitnehmer angeeignet wird nicht um Diebstahl handelt, sofern für den AG kein finazieller Schaden entsteht?
Viele Grüße
Rolf Krause
Lieber Herr Krause,
die SPD-Bundestagsfraktion hat vor zweieinhalb Jahren einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. Die Materie ist komplizierter, als sie auf den ersten Blick aussieht: Zwar ging es bei den vieldiskutierten Kündigungen wegen Pfandbons, Maultaschen oder Eistüten meistens um einen Warenwert, der weit unter der Bagatellgrenze lag. Aber in einigen Fällen war es so, dass vorsätzlich und unter direkter Missachtung von Arbeitsanweisungen gehandelt worden war. Überall da, wo in den Entscheidungen der Arbeitsgerichte solche Kündigungen aufrechterhalten wurden, lautete die Begründung: Wenn das Vertrauen zum Arbeitnehmer erschüttert ist, spielt der Warenwert keine Rolle.
Trotzdem ist es natürlich so, dass die Bewertung solcher Kündigungsanlässe völlig unterschiedlich ausfällt, je nachdem, ob man sie nach dem Strafrecht, Zivilrecht oder eben Arbeitsrecht betrachtet. Unser Vorschlag im Gesetzentwurf von 2010, der erstens den Kündigungsschutz stärken und zweitens zur Angleichung der Rechtsgebiete beitragen sollte, lautete deshalb: Gesetzliche Verengung der Voraussetzungen für Kündigungen, mit der Klarstellung, dass im Fall von "Delikten mit nur geringem wirtschaftlichen Schaden" beim ersten Mal eine Abmahnung anstelle der Kündigung ausgesprochen werden soll. Wenn Sie so wollen, heißt das: Auch einmalige Vertragsverletzungen durch Bagatelldelikte können das Vertrauen stören, aber die Vermutung spricht doch dafür, dass dieses Vertrauen wiederhergestellt werden kann.
Herzliche Grüße
Ingo Egloff