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Frage von Jürgen K. •

Frage an Ingo Egloff von Jürgen K. bezüglich Recht

Guten Tag Herr Egloff,

ich verfolge seit ca. 2000 die Entwicklungen, die mit Bezug auf die sogen. Deregulierung des Erwerbsarbeitsmarktes zur heutigen Praxis des immer radikaleren Personaloutsourcings und der Etablierung eines Werksvertragsleiharbeitersystems geführt hat. In der Praxis führt dieses System zu einem faktisch systemisch angelegten Verfassungsbruch, der sowohl von Seiten der politischen Parteien, speziell auch der existierenden Fraktionen des Deutschen Bundestages, als auch von den Obergerichten in Deutschland quasi legalisiert wird.

Ich habe mir seit 2000 die Mühe gemacht, die Protokolle des Parlamentarischen Rates von 1948/49 durch zu lesen und ebenso die einschlägigen Grundgesetzkommentare, die bis 1982 erschienen sind.

Der Geist unserer Verfassung scheint mir zu gebieten, dass wir hier speziell auch mit Blick auf das Junktim des GG Artikels 14, Satz 1 und Satz 2, inzwischen ganz ausdrücklich von einem Rechstssystem sprechen müssten, dass man nur noch als sozio-ökonomisches Willkürjustizsystem verstanden werden kann.

Es ist vielleicht ganz nützlich, hier auch auf den Widerspruch von Theorie und Praxis hinzuweisen, der ja schon zwischen 1952 und 1989 in der Ostzone einen ähnlichen Widerspruch zwischen dem geschriebenen und dem praktizierten Recht geführt hat.

Was mir gänzlich unzumutbar erscheint ist der Umstand, dass sich die Fraktionen des Deutschen Bundestages hier in einer höchst bemerkenswerten fraktionsübergreifenden Schweigsamkeit und Handlungsabstinenz üben. Möglicherweise sind Sie sich zusammen mit Ihren Mitparlamentariern aufgrund Ihrer Praxisferne und Praxisunkenntnis gar nicht über das Ausmaß der sozio-ökonomischen Verwahrlosung der parlamentarischen Praxis bewusst. Deshalb möchte ich gerne von Ihnen erfahren, welchen Stellenwert sie diesem Phänomen zuordnen und welchen Standpunkt Sie dazu grundsätzlich beziehen.

Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen
Jürgen Klinger

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Antwort von
SPD

Lieber Herr Klinger,

die SPD-Bundestagsfraktion ist in der Frage der Leiharbeit das genaue Gegenteil von handlungsabstinent. Ich will Sie in diesem Zusammenhang gern auf den Artikel in meinem aktuellen Wirtschaftsbrief hinweisen, in dem ich den Stand der Erkenntnis über die - ausdrücklich nicht beabsichtigten - Folgen der Deregulierung des Arbeitsmarkts, unsere Forderungen zur Behebung der gemachten Fehler und die in der Tat beklagenswerte Untätigkeit der Bundesregierung kurz zusammenfasse. Seien Sie übrigens unbesorgt: Praxisferne entsteht bei uns schon deshalb nicht, weil wir mit Betriebsräten, Gewerkschaften und insbesondere auch vielen Leiharbeitern regelmäßigen Kontakt und einen intensiven Meinungsaustausch pflegen.

Herzliche Grüße
Ingo Egloff