Frage an Ingo Egloff von Christian H. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Egloff,
ich habe mit Interesse die Dokumentationsreihe "Marken-Check" der ARD (montags 20:15) im Fernsehen gesehen. Es wurden dort unter anderen Lidl, Mc Donalds, H&M geprüft. Beim WDR gab es ebenfalls Folgen zu sehen bei dem u.a. Aldi, Tschibo und Ikea geprüft worden sind.
Bei allen geprüften Firmen sind im Punkto Fairness nur mangelhafte Ergebnisse erzielt worden. Es ist also kein Einzelfall das Mitarbeiter zu schlechten Arbeitsbedingungen, mit Leiharbeit, Mobbing etc. leben müssen. Vielmehr werden Mitarbeiter welchen einen Betriebsrat gründen wollen benachteiligt oder gar fistlos gekündigt. Und das alles in Deutschland bei Namenhaften Unternehmen mit eigentlich gutem Ruf. Asklepios ist also kein Einzelfall!
Zumal zahlreiche Produkte in Bangladesch, China etc. produziert werden zu Niedriglöhnen von 30€ im Monat bei 16 Stunden Arbeit am Tag. Bilder von kranken und verhungerten Kindern und ARbeiterinnen wurden gezeigt. Bei einer anschließenden Diskussionsrunde (ich glaube mit Frank Plasberg) kam heraus, dass selbst Produkte mit Kinderarbeit als "Made in Germany" verkauft werden und das gesetzlich in Ordnung ist, weil die Etiketten ja in Deutschland eingenäht worden sind. Man hat als Kunde also keine Möglichkeit so etwas zu erkennen und dann das entsprechende Produkt zu ignorieren. Wäre es nicht logisch, wenn es eine gesetzliche Vorschrift gäbe, welche besagt das "Made in Germany" nur verwendet werden darf wenn mehr als 50% in Deutschland produziert worden sind?
Was wollen Sie tun um die Arbeitsbedingungen und das Betriebsklima in den deutschen Betrieben zu verbessern? Was werden Sie veranlassen, damit Betriebsräte gegründet werden können ohne dass den Mitarbeitern aus anderen Gründen gekündigt wird (es gab einen entsprechenden Beitrag bei Panorama bei einem "Servicepartner der Post" oder z.B. bei Asklepios Subfirmen)?
Wie ordnen Sie die Berwertung ein, dass alle gezeigten Betriebe in Punkto Fairness durchgefallen sind?
Christian Hildebrandt
Lieber Herr Hildebrandt,
"Made in Germany" unterliegt Kriterien, die es nicht erlauben, etwas so zu bezeichnen, dem nur noch in Deutschland ein Etikett eingenäht wird. Die Rechtsprechung in Deutschland hat regelmäßig darauf hingewiesen, dass nur bei "maßgeblicher" Herstellung oder Veredelung im Inland dieses Label verwendet werden darf - das sind in der Praxis schon mehr als die von Ihnen geforderten 50 Prozent. Niemand käme auf die Idee, einen Computer als "Made in Germany" zu bezeichnen, wenn auch nur die Festplatte aus Thailand stammt. Ein Unternehmen, das dieses Qualitätssiegel trotzdem verwendet, muss mit einer Anzeige wegen unlauteren Wettbewerbs rechnen.
Die dringendere Frage ist aber sicherlich, wie dem Treiben der ausländischen Zulieferer deutscher Firmen Einhalt geboten werden kann, die mit Kinderarbeit, unmenschlichen Produktionsbedingungen, 16-Stunden-Arbeitstagen ohne Urlaub gegen alle Regeln verstoßen. Wie sollen Forderungen nach sozialen Mindeststandards, nach dem Verbot der Kinder- und Gefangenenarbeit oder der Einhaltung des Umweltschutzes durchgesetzt werden - und wie kann ihre Einhaltung kontrolliert werden?
Die Antwort liegt bei Ihnen. Neben gesetzlichen Regelungen, Selbstverpflichtungserklärungen der Unternehmen und internationalen Abkommen ist es vor allem die Macht des Verbrauchers, die hier etwas bewegen kann. Preis und Qualität von Produkten allein dürfen nicht Maßstab Ihrer Kaufentscheidung sein. Wenn Sie Unternehmen zu Fairness, sozialem Verhalten, Umweltschutz zwingen wollen, dann müssen Sie Ihren Einkauf danach ausrichten. Aldi, Tchibo, Ikea, McDonald´s, Lidl und H&M, um nur die zu nennen, die Sie aufgeführt haben, sind alle empfänglich für Stimmungsschwankungen ihrer Kunden. Probieren Sie es einfach aus, kaufen Sie in Zukunft Babynahrung, bei der ein Teil des Erlöses in Schulen in der Dritten Welt investiert wird. Üben Sie Zurückhaltung bei der Schnäppchenjagd: T-Shirts für 1,99€ können nicht aus fairer Produktion stammen. Meiden Sie Firmen, die keine Betriebsräte zulassen, und erzählen Sie im Freundeskreis davon. Nur wenn sich ein geschärftes Konsumentenbewusstsein durchsetzt, werden Sie feststellen können, wie rasch diese Unternehmen soziales Engagement, den Sinn nachhaltiger Produktion und faire Arbeitsverhältnisse als Vorteile im Wettbewerb entdecken.
Herzliche Grüße
Ingo Egloff