Frage an Ingo Egloff von Bernd W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Egloff,
seit einiger Zeit lese ich vermehrt über die Verschärfung der Christenverfolgung im Iran. Der iranische Pastor Youcef Nadarkhani scheint dabei eine Schlüsselrolle zu spielen. Am 16.09.2011 wurde vor dem iranischen Konsulat in Hamburg für seine Freilassung demonstriert.
Da er aufgrund seines Übertritts zum Christentum hingerichtet werden soll, haben bereits mehrere Staaten protestiert, die Bundesregierung hat Ende September gar den iranischen Botschafter einbestellt.
Dankenswerterweise hat sich die CDU/CSU mit ihrer Broschüre "Religionsfreiheit verteidigen, Christen schützen" klar positioniert.
Meine Sorge ist, dass von dem Mann aufgrund des internationalen Drucks auf den Iran Geständnisse unter Folter erpresst werden könnten. Mit entsprechenden Folgen für seine Gemeinde.
Bitte lassen Sie mich wissen, welche Möglichkeiten Sie als Politiker haben, hier Einfluss zunehmen und was Sie konkret in die Wege leiten werden.
Vielen Dank für ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Wessel
Lieber Herr Wessel,
Iran ist als Unterzeichnerstaat des UN-Zivilpakts und sogar im Rahmen seiner eigenen Verfassung verpflichtet, seinen Bürgern Religionsfreiheit zu gewähren. Er gibt sich den Anschein eines Rechtsstaates, der Gerichte und Anwälte durch mehrere Instanzen mit dem Fall des evangelikalen Pastors beschäftigt hat, aber dahinter steckt in Wahrheit eine Unrechtsjustiz, die über Herrn Nadarkhani die Todesstrafe für Apostasie verhängt hat - ein Delikt aus der Rumpelkammer mittelalterlicher Rechtsprechung, das es heute auf der ganzen Welt überhaupt nur noch in einer Handvoll Staaten gibt.
Die Verfolgung Andersdenkender beschränkt sich im Iran nicht auf Christen oder andere religiöse Gemeinschaften. Das iranische Regime handelt in derselben Weise gegen politische Oppositionelle, Homosexuelle, kritische Intellektuelle und häufig genug auch gegen Abtrünnige aus den eigenen Reihen. Dass der Iran damit gegen die eigene Verfassung und völkerrechtliche Abkommen verstößt, ist in jedem einzelnen dieser Fälle empörend.
Es gehört zu den Aufgaben des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, gegen staatliche Willkür im Iran zu protestieren - Herr Löning tut dies, wie ich weiß, auch im konkreten Fall Youcef Nadarkhani hat er sich mit angemessener Schärfe zu Wort gemeldet und seine umgehende Freilassung verlangt. Der Stand des Verfahrens ist derzeit ganz unklar: Nadarkhani werden nun wohl weitere Verbrechen vorgeworfen, die Todesstrafe scheint allerdings für den Moment ausgesetzt zu sein.
Gerechtigkeit ist vom iranischen Regime sicher nicht zu erwarten. Hoffen wir deshalb, dass der Iran sich dem massiven internationalen Druck beugt, die Todesstrafe gegen Herrn Nadarkhani aufhebt und ihn freilässt.
Herzliche Grüße
Ingo Egloff